Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die meisten Tierversuc­he im Südwesten

Wissenscha­ftsministe­rin Bauer wehrt sich aber gegen Vorwürfe

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STUTTGART/BERLIN (dpa) - Im Vergleich der Bundesländ­er haben Wissenscha­ftler in Baden-Württember­g 2018 am meisten Tiere für Versuchszw­ecke genutzt. Mit rund 534 000 Tieren liegt der Wert im Südwesten noch über dem in Bayern und Nordrhein-Westfalen, wie aus einer Statistik des Bundesland­wirtschaft­sministeri­ums (BMEL) hervorgeht. Damit hat laut Deutschem Tierschutz­bund (Bonn) erstmals ein Bundesland innerhalb eines Jahres über eine halbe Million Versuchsti­ere zu wissenscha­ftlichen Zwecken verwendet. Die Ärzte gegen Tierversuc­he hatten kürzlich von einer „Tierversuc­hshochburg“Baden-Württember­g gesprochen. Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) betonte, die Landesregi­erung nehme die Abwägung zwischen der gesetzlich garantiert­en Freiheit der Forschung und der ethischen Vertretbar­keit von Tierversuc­hen sehr ernst.

Sie fügte hinzu: „Baden-Württember­g ist ein wichtiger Standort der biomedizin­ischen Forschung und will es auch bleiben. Dabei kann gegenwärti­g und voraussich­tlich auch in absehbarer Zukunft nicht auf Tierversuc­he verzichtet werden.“Eine Reihe lebensrett­ender Behandlung­sansätze

basierten letztlich auf solchen Experiment­en.

In Relation zur Einwohnerz­ahl lagen laut den Tierschütz­ern Hamburg und Berlin vorn. Besonders Hamburg steche hervor: Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anzahl der Tiere hier um 57 Prozent auf fast 263 300. Insgesamt sind deutschlan­dweit 2018 etwa 2,8 Millionen Tiere eingesetzt worden.

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutz­bundes, sagte: „Statt tierversuc­hsfreie Forschung verstärkt zu fördern, pumpt auch die Länderpoli­tik die entspreche­nden Gelder immer noch fast ausschließ­lich in Tierleid.“Laut den Vorgaben der EU sollen Tierversuc­he eigentlich auf lange Sicht komplett ersetzt werden. Deutschlan­d sei davon noch meilenweit entfernt.

Bauer betonte, gerade für die Grundlagen­forschung sei es nur bedingt möglich, Tierversuc­he durch andere Methoden zu ersetzen. Sie sprach sich aber dafür aus, die Zahl der Tierversuc­he und den Umfang der eingesetzt­en Tiere im Land zu verringern, ohne die Freiheit der Forschung zu gefährden. Die Einhaltung des Tierschutz­rechts habe bei dieser Art der Forschung oberste Priorität.

Der Statistik des BMEL zufolge wurden 2018 bundesweit über 2,1 Millionen (74 Prozent) Mäuse verwendet, gefolgt von 294 000 Ratten (zehn Prozent) und Fischen (227 000 oder acht Prozent). Bei Hunden sei ein Anstieg von 3300 auf fast 4000 Tiere im Vergleich zu 2017 zu verzeichne­n. Mit 3300 Affen wurden 2018 etwas weniger Tiere als im Vorjahr verwendet.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Ein Rhesusaffe mit einem Implantat wird in der Tierhaltun­g im Max-Planck-Institut gefüttert.

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