Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Werner Franke: 80 Jahre – und kein bisschen leise
FRANKFURT (dpa) - Für Doper und ihre Hintermänner muss es wie eine Drohung klingen. „Wir werden noch einmal etwas schreiben“, kündigte der unermüdliche und kompromisslose Dopingaufklärer Werner Franke ein neues Buch mithilfe seiner Frau Brigitte Berendonk an. Der weltweit bekannte Heidelberger Zellbiologe kämpft mehr als sein halbes Leben lang mit großem Sachverstand und aufrüttelnder Provokation gegen den Sportbetrug. An diesem Freitag wird Franke 80 Jahre alt. Seine fundierte Haudrauf-Mentalität hat er auch im Alter nicht verloren.
„Ich verachte nach wie vor den deutschen Sport“, sagt der gebürtige Paderborner, der das systematische Staatsdoping in der DDR aufgedeckt hat. Nach dem Mauerfall fand er mit seiner Frau in der Militärmedizinischen Akademie Bad Saarow geheime Unterlagen zur Dopingforschung in der DDR. Das 1991 veröffentlichte Buch „Doping-Dokumente – Von der Forschung zum Betrug“sorgte weltweit für Aufsehen. Auch als Reaktion auf das Buch, in dem viele in das DDR-Doping verstrickte Athleten,
Trainer und Funktionäre mit Namen, Dosierungen und Anweisungen genannt werden, führte Franke rund 100 Prozesse. „Alle wurden im Wesentlichen gewonnen. Und man konnte damit
Dinge öffentlich machen“, sagte er. Für ihn war aber auch klar: „Es gab auch im Westen ein System.“
So prangerte Franke die Dopingunterstützung von Radsportlern durch die Freiburger Sportmedizin an und wurde von Jan Ullrich verklagt. Er hatte behauptet, dass das einstige Radidol gegen Geld verbotene Dienste beim spanischen Arzt Eufemiano Fuentes in Anspruch nahm. Nach vier Jahren gewann Franke den Prozess. Wortmächtig meldete er sich weiter zu Wort – auch gegen Weggefährten vom Verein Doping-Opfer-Hilfe, dessen Mitbegründer er war. Heute wirft er ihnen vor, Opferzahlen nach oben zu treiben und unwissenschaftlich vorzugehen.
Kontrollen seien „Pillepalle“
Außerdem findet er die Dopingkontrollen „Pillepalle“und die Welt-AntiDoping-Agentur nicht unabhängig genug. Dass bei den Olympischen Spielen in Tokio diesen Sommer weniger gedopt werden wird, glaubt Werner Franke nicht: „Wieso? Nur die Dosierungen sind inzwischen geringer.“Dass dies so ist, schreibt sich der Wissenschaftler selbst auf die Fahne. „Das ist ein Erfolg“, sagt er. „Ich habe den Finger in die Wunden gelegt.“