Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mit dem Barbier kommen die Haare
Unsere Wirtschaft lebt seit jeher von guten Innovationen, etwa dem Eierschalensollbruchstellenverursacher, Jeanshosen mit Löchern drin oder Abgasreinigungs-Abschalteinrichtungen für Fahrzeuge aller Art. Manchmal aber genügt es, alte Ideen wieder zu beleben. Unter diese Kategorie gehören zum Beispiel die in zunehmender Zahl auftretenden Barbiere. Gerne auch Barber Shops genannt – nach amerikanischem Vorbild.
Warum diese Gesichtsenthaarungsund Bartpflegeanstalten plötzlich einen solchen Boom erleben, hat vor allem einen Grund: Es gibt wieder mehr Bärte. Dabei streiten sich die Experten noch, ob es mehr Bärte gibt, weil es mehr Barbiere gibt. Oder mehr Barbiere, weil es mehr Bärte gibt. Diese Frage aus der Kategorie Henne-Ei-Ursachenforschung bringt aber den an chronischem Haarausfall leidenden Patienten nicht weiter. Seine Hoffnungen, aufgrund der vielen Barber Shops jetzt wieder mehr Haar zu entwickeln, sind aber unrealistisch. Leider funktioniert Haarwuchs nicht wie Straßenverkehr, bei dem die Eröffnung einer Straße unweigerlich zu einem wuchernden Wachstum des Verkehrs führt.
Mit Bärten haben sich auch schon Philosophen beschäftigt, etwa der sympathische Arthur Schopenhauer, der einst sprach: „Der Bart sollte, als halbe Maske, polizeilich verboten sein! Zudem ist er, als Geschlechtsabzeichen mitten im Gesicht, obszön.“Schopenhauer selbst trug einen Backenbart, der ja gesichtsmäßig eher eine Randerscheinung ist. Und er liebte Pudel, deren Fellpflege aber ein Kapitel für sich ist. (nyf)