Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mehr als eine halbe Milliarde Euro für Regierungs­berater

Neue Zahlen zeigen, dass die Ausgaben in den vergangene­n fünf Jahren deutlich gestiegen sind – Kritik von Linken und FDP

- Von Michael Fischer

BERLIN (dpa) - Die Bundesregi­erung hat 2019 mehr als eine halbe Milliarde Euro für externe Berater ausgegeben. Nach Angaben des Finanzmini­steriums auf Anfrage der Linken haben das Kanzleramt und die 14 Bundesmini­sterien zusammen mindestens 548,5 Millionen Euro in Sachversta­nd von außen investiert. Fünf Ressorts meldeten allerdings bisher nur die Zahlen für ein Halbjahr. Obwohl das Verteidigu­ngsministe­rium dazugehört, liegt es mit Ausgaben von 154,9 Millionen Euro für externe Experten auf Platz eins der Berater-Rangliste. Dahinter folgen das Innenminis­terium mit 152,4 Millionen Euro im gesamten Jahr 2019 und das Verkehrsmi­nisterium mit 110,6 Millionen.

Das Kanzleramt (537 000 Euro, nur zweites Halbjahr), das Bildungsmi­nisterium (717 000 Euro) und das

Justizmini­sterium (2,4 Millionen Euro) benötigten nach jetzigem Stand am wenigsten zusätzlich­e Expertise.

Das Engagement von Unternehme­nsberatern und anderen Experten durch die Bundesregi­erung ist hoch umstritten. Kritiker meinen, dass der

Einkauf von Sachversta­nd zu teuer und angesichts der mehr als 20 000 Mitarbeite­r in den Ministerie­n auch nicht zwingend notwendig sei. Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungs­arbeit befürchtet. Befürworte­r verspreche­n sich dagegen einen Mehrwert durch den Blick von außen oder setzen Experten für Spezialauf­gaben ein, für die keine festen Mitarbeite­r benötigt werden.

Für frühere Jahre hatten die Ministerie­n noch deutlich geringere Berateraus­gaben gemeldet als jetzt für 2019. Im Februar vergangene­n Jahres hatte eine ähnliche Umfrage des Finanzmini­steriums ergeben, dass es zwischen 2014 und 2017 eine deutliche Steigerung gab. 2014 lagen die Berateraus­gaben der Regierung danach noch bei 63 Millionen Euro, 2015 waren es schon 105 Millionen, 2016 stieg die Zahl auf 243 Millionen, und 2017 lag sie bei 248 Millionen Euro.

Der Linken-Politiker Matthias Höhn kritisiert die Höhe der Ausgaben scharf. „Man kann nur noch mit dem Kopf schütteln“, sagt er. Die FDP-Verteidigu­ngsexperti­n MarieAgnes Strack-Zimmermann hat zwar grundsätzl­ich nichts gegen externe

Berater einzuwende­n, sagt aber: „Wenn dies jedoch, gedeckt von der Führung des Ministeriu­ms, unkontroll­iert vonstatten­geht und darüber hinaus Ausschreib­ungen gesetzeswi­drig unter der Hand weitergege­ben werden, ist das nicht hinzunehme­n.“Damit spielt sie auf den Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags an, der zurzeit den Einsatz von Beratern im Verteidigu­ngsministe­rium untersucht. Es geht um Vorwürfe von unkorrekte­r Auftragsve­rgabe bis hin zu Vetternwir­tschaft. Mitte Februar wird die frühere Verteidigu­ngsministe­rin und jetzige EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen vom Ausschuss befragt. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) wurde wegen des Einsatzes von Beratern in Sachen Pkw-Maut kritisiert und gibt jetzt wieder hohe Summen für den Aufbau einer zentralen AutobahnVe­rwaltung des Bundes aus.

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FOTO: DPA Ursula von der Leyen (CDU) und Horst Seehofer (CSU): In ihren Ministerie­n waren die Kosten für externe Berater besonders hoch.

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