Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Am 22. März wählen die Katholiken
In den meisten Gemeinden gibt es genügend Bewerber für den Kirchengemeinderat
FRIEDRICHSHAFEN - „Wie sieht’s aus?“, fragt die Diözese RottenburgStuttgart in einer Kampagne zur Wahl der Kirchengemeinde- und Pastoralräte die Gläubigen. „Gut sieht’s aus“, konstatiert die Leiterin der Friedrichshafener Dekanatsgeschäftsstelle, Christa Hecht-Fluhr, zwei Monate vor der Wahl. Alle 29 Gemeinden des Dekanats haben voraussichtlich genügend Kandidaten, um am 22. März ordnungsgemäß zu wählen. Das sei keineswegs selbstverständlich, denn wie auch in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, zieht es immer weniger Menschen in solche Ehrenämter. Bei der Kirche kommt erschwerend hinzu, dass es an Pfarrern mangelt, die Mitgliederzahlen sinken, Skandale und Richtungsstreit haben das öffentliche Bild beschädigt.
Umso mehr ist die Mitwirkung aktiver Katholiken gefragt. Gerade die Diözese Rottenburg-Stuttgart habe in den Vorjahren viel unternommen, um die Räte zu stärken. Die neue Kirchengemeindeordnung setze auf Gleichberechtigung und Mitbestimmung. Der Pfarrer als Vorsitzender des Gremiums habe nur noch in theologischen und liturgischen Fragen ein Vetorecht, sagt HechtFluhr. Zusammen mit dem gewählten
Vorsitzenden, den Räten sowie den pastoralen Mitarbeitern und Kirchenpflegern leite er die Gemeinde. Der Kirchengemeinderat entscheidet, wofür die Kirchensteuer und sonstige Mittel vor Ort eingesetzt werden, er berät über Gottesdienstangebote, Gemeindefeste, das soziale Engagement und andere Projekte der Gemeinde. Das ist im wesentlichen Gremienarbeit, die Zeit, persönliches Engagement und Einsatz erfordere. Vor allem junge Menschen seien dafür nicht auf Anhieb zu begeistern, räumt Hecht-Fluhr ein.
Ja, man müsse schon sehr couragierte und ehrliche Motivationsgespräche führen, um Leute zu einer Kandidatur zu bewegen, höre sie von Pfarrern. Die Quote der Absagen sei hoch. Weil es so schwierig ist, genügend Bewerber zu finden, bietet die neue Wahlordnung die Möglichkeit, die Zahl der Sitze zu reduzieren. Im Dekanat habe von dieser Regelung noch keine Gemeinde Gebrauch gemacht, sagt Hecht-Fluhr. Alle versuchten, die Zahl der Sitze zu halten.
Den beiden größten Gemeinden im Dekanat gelingt das jetzt schon: St. Petrus Canisius (4794 Mitglieder) habe bereits 18 Kandidaten für 14 Sitze, darunter drei unter 30. In St. Gallus Tettnang (7103 Mitglieder) kandidieren 16 Frauen und Männer für zwölf Sitze. Doch das sind eher Ausnahmen.
Viele Gemeinden sind froh, wenn sie die Mindestzahl erreichen: so viele Kandidaten wie Sitze haben. Besonders schwer tun sich Gemeinden mit der Verjüngung der Gremien. Um die Mitwirkung jüngerer Semester fest zu verankern, sieht die neue Wahlordnung mindestens zwei Jugendvertreter (unter 30 Jahren) vor. Aber auch die 30- bis 50-Jährigen seien eher unterrepräsentiert. In der sogenannten Rush-hour des Lebens hätten die meisten mit der Bewältigung des Alltags in Familie und Beruf genug zu tun und wollen sich nicht fünf Jahre an ein Amt binden.
Aus der Not heraus und um die Pfarrer von allzu viel Gremienarbeit zu entlasten, findet die Wahl im Erzbistum Freiburg am 22. März auf Ebene von Seelsorgeeinheiten statt. So wählen Meersburg, Immenstaad, Kippenhausen, Hagnau und Seefelden nur ein Gremium. Dieses Vorgehen lehnt der Rottenburger Bischof strikt ab. Die Leute identifizieren sich mit der Gemeinde vor Ort und sollen auch dort mitentscheiden können, so seine Argumentation. Um dennoch den größeren Einheiten und der Mobilität von Gläubigen Rechnung zu tragen, können bis zu zwei Fünftel der Kandidaten aus einer anderen Gemeinde kommen.
Die Kandidatensuche läuft vielfach noch. Es komme darauf an, geeignete Leute direkt anzusprechen, deren Fähigkeiten zu erkennen und ihnen die Angst vor Überforderung zu nehmen. Um neue Köpfe und frischen Wind in die Gremien zu bringen, haben manche Gemeinden in der Kirche eine Zettelbox aufgestellt, in der jeder Kandidaten benennen konnte. Diese werden dann von Mitgliedern des Wahlausschusses angesprochen, ein Verfahren, das sich in einigen Gemeinden bewährt habe.
Wahlvorschläge lassen sich noch bis 2. Februar in den Pfarrämtern einreichen. Die Wahlausschüsse entscheiden über die Zulassung der Bewerber und stellen bis 23. Februar die Kandidatenlisten auf. Zusammen mit den Stimmzetteln werden die Wahlprospekte allen Wahlberechtigten per Post zugestellt. Man braucht eine Briefwahl also nicht zu beantragen, sondern kann den Stimmzettel zu Hause ausfüllen und zurückschicken. Wahlberechtigt sind Kirchengemeindemitglieder ab 16 Jahren, die am Wahltag seit mindestens drei Monaten den Hauptwohnsitz in einer Kirchengemeinde haben. Beim Pastoralrat ist nur wahlberechtigt und wählbar, wer die entsprechende Staatsbürgerschaft der jeweiligen muttersprachlichen Gemeinde besitzt. Im Dekanat Friedrichshafen betrifft das die kroatische und die italienische Gemeinde.