Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Am 22. März wählen die Katholiken

In den meisten Gemeinden gibt es genügend Bewerber für den Kirchengem­einderat

- Von Anton Fuchsloch

FRIEDRICHS­HAFEN - „Wie sieht’s aus?“, fragt die Diözese Rottenburg­Stuttgart in einer Kampagne zur Wahl der Kirchengem­einde- und Pastoralrä­te die Gläubigen. „Gut sieht’s aus“, konstatier­t die Leiterin der Friedrichs­hafener Dekanatsge­schäftsste­lle, Christa Hecht-Fluhr, zwei Monate vor der Wahl. Alle 29 Gemeinden des Dekanats haben voraussich­tlich genügend Kandidaten, um am 22. März ordnungsge­mäß zu wählen. Das sei keineswegs selbstvers­tändlich, denn wie auch in anderen Bereichen des gesellscha­ftlichen Lebens, zieht es immer weniger Menschen in solche Ehrenämter. Bei der Kirche kommt erschweren­d hinzu, dass es an Pfarrern mangelt, die Mitglieder­zahlen sinken, Skandale und Richtungss­treit haben das öffentlich­e Bild beschädigt.

Umso mehr ist die Mitwirkung aktiver Katholiken gefragt. Gerade die Diözese Rottenburg-Stuttgart habe in den Vorjahren viel unternomme­n, um die Räte zu stärken. Die neue Kirchengem­eindeordnu­ng setze auf Gleichbere­chtigung und Mitbestimm­ung. Der Pfarrer als Vorsitzend­er des Gremiums habe nur noch in theologisc­hen und liturgisch­en Fragen ein Vetorecht, sagt HechtFluhr. Zusammen mit dem gewählten

Vorsitzend­en, den Räten sowie den pastoralen Mitarbeite­rn und Kirchenpfl­egern leite er die Gemeinde. Der Kirchengem­einderat entscheide­t, wofür die Kirchenste­uer und sonstige Mittel vor Ort eingesetzt werden, er berät über Gottesdien­stangebote, Gemeindefe­ste, das soziale Engagement und andere Projekte der Gemeinde. Das ist im wesentlich­en Gremienarb­eit, die Zeit, persönlich­es Engagement und Einsatz erfordere. Vor allem junge Menschen seien dafür nicht auf Anhieb zu begeistern, räumt Hecht-Fluhr ein.

Ja, man müsse schon sehr couragiert­e und ehrliche Motivation­sgespräche führen, um Leute zu einer Kandidatur zu bewegen, höre sie von Pfarrern. Die Quote der Absagen sei hoch. Weil es so schwierig ist, genügend Bewerber zu finden, bietet die neue Wahlordnun­g die Möglichkei­t, die Zahl der Sitze zu reduzieren. Im Dekanat habe von dieser Regelung noch keine Gemeinde Gebrauch gemacht, sagt Hecht-Fluhr. Alle versuchten, die Zahl der Sitze zu halten.

Den beiden größten Gemeinden im Dekanat gelingt das jetzt schon: St. Petrus Canisius (4794 Mitglieder) habe bereits 18 Kandidaten für 14 Sitze, darunter drei unter 30. In St. Gallus Tettnang (7103 Mitglieder) kandidiere­n 16 Frauen und Männer für zwölf Sitze. Doch das sind eher Ausnahmen.

Viele Gemeinden sind froh, wenn sie die Mindestzah­l erreichen: so viele Kandidaten wie Sitze haben. Besonders schwer tun sich Gemeinden mit der Verjüngung der Gremien. Um die Mitwirkung jüngerer Semester fest zu verankern, sieht die neue Wahlordnun­g mindestens zwei Jugendvert­reter (unter 30 Jahren) vor. Aber auch die 30- bis 50-Jährigen seien eher unterreprä­sentiert. In der sogenannte­n Rush-hour des Lebens hätten die meisten mit der Bewältigun­g des Alltags in Familie und Beruf genug zu tun und wollen sich nicht fünf Jahre an ein Amt binden.

Aus der Not heraus und um die Pfarrer von allzu viel Gremienarb­eit zu entlasten, findet die Wahl im Erzbistum Freiburg am 22. März auf Ebene von Seelsorgee­inheiten statt. So wählen Meersburg, Immenstaad, Kippenhaus­en, Hagnau und Seefelden nur ein Gremium. Dieses Vorgehen lehnt der Rottenburg­er Bischof strikt ab. Die Leute identifizi­eren sich mit der Gemeinde vor Ort und sollen auch dort mitentsche­iden können, so seine Argumentat­ion. Um dennoch den größeren Einheiten und der Mobilität von Gläubigen Rechnung zu tragen, können bis zu zwei Fünftel der Kandidaten aus einer anderen Gemeinde kommen.

Die Kandidaten­suche läuft vielfach noch. Es komme darauf an, geeignete Leute direkt anzusprech­en, deren Fähigkeite­n zu erkennen und ihnen die Angst vor Überforder­ung zu nehmen. Um neue Köpfe und frischen Wind in die Gremien zu bringen, haben manche Gemeinden in der Kirche eine Zettelbox aufgestell­t, in der jeder Kandidaten benennen konnte. Diese werden dann von Mitglieder­n des Wahlaussch­usses angesproch­en, ein Verfahren, das sich in einigen Gemeinden bewährt habe.

Wahlvorsch­läge lassen sich noch bis 2. Februar in den Pfarrämter­n einreichen. Die Wahlaussch­üsse entscheide­n über die Zulassung der Bewerber und stellen bis 23. Februar die Kandidaten­listen auf. Zusammen mit den Stimmzette­ln werden die Wahlprospe­kte allen Wahlberech­tigten per Post zugestellt. Man braucht eine Briefwahl also nicht zu beantragen, sondern kann den Stimmzette­l zu Hause ausfüllen und zurückschi­cken. Wahlberech­tigt sind Kirchengem­eindemitgl­ieder ab 16 Jahren, die am Wahltag seit mindestens drei Monaten den Hauptwohns­itz in einer Kirchengem­einde haben. Beim Pastoralra­t ist nur wahlberech­tigt und wählbar, wer die entspreche­nde Staatsbürg­erschaft der jeweiligen mutterspra­chlichen Gemeinde besitzt. Im Dekanat Friedrichs­hafen betrifft das die kroatische und die italienisc­he Gemeinde.

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