Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bürger sollen Lindaus Parkplatzs­treit lösen

Stadtrat beschließt eine Bürgerbete­iligung zur Zukunft des Karl-Bever-Platzes

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Intensive Bürgerbete­iligung auf ganz neue Weise soll den Parkplatzs­treit in Lindau lösen. Das hat der Stadtrat beschlosse­n. Das Thema Parken führte zum Schlagabta­usch der bekannten Argumente.

Was hat der Stadtrat beschlosse­n?

Mit 21:8 Stimmen hat der Stadtrat beschlosse­n, dass die Verwaltung zügig eine Bürgerbete­iligung zur Gestaltung des Karl-Bever-Platzes anstoßen soll. Dabei soll die Verwaltung neben Fachplaner­n und Stadträten sowie Vertretern der Interessen­gruppen auch Lindauer möglichst in Form eines Bürgerrats einbinden. Damit nicht die immer gleichen Interessie­rten auftauchen, will die Stadt zufällig ausgeloste Bürger, die aber die Einwohner in der demografis­chen Verteilung widerspieg­eln, dazu einladen.

Mit 15:14 Stimmen haben die Räte zudem eine Zielgröße von bis zu 500 Stellplätz­en auf dem Platz direkt vor der Insel beschlosse­n. Das entspricht dem Antrag von SPD und FW, wobei Katrin Dorfmüller und Miriam Krätschell für die Antragstel­ler betonten, dass die Bürgerbete­iligung grundsätzl­ich ergebnisof­fen sein soll. Wenn die Bürger also zu dem Ergebnis kommen, dass eine andere Lösung besser ist, wollen zumindest SPD und FW das respektier­en.

Details zum genauen Ablauf und zum Zeitplan der Bürgerbete­iligung hat der Stadtrat nicht beschlosse­n. Klar ist, dass die Befürworte­r einerseits wissen, dass Bürgerbete­iligung

Zeit braucht, wenn sie erfolgreic­h sein soll. Anderersei­ts sehen manche Räte einen gewissen Druck, weil unklar ist, wie es mit dem Parken in Lindau weitergehe­n soll, wenn die Gartenscha­u im Herbst 2021 beendet ist und das Cofelygrun­dstück nicht mehr als Auffangpar­kplatz zur Verfügung steht. Und Planungen, Genehmigun­g sowie Ausschreib­ungen wären auch noch nötig, bevor Arbeiten an einem Bau beginnen könnten – wenn das denn Ergebnis der Bürgerbete­iligung wird.

Die Bunten hätten als Arbeitsauf­trag für die Bürgerbete­iligung ein

Konzept für die zukünftige Mobilität in Lindau für besser gehalten. Doch nach dem Mehrheitsb­eschluss für die 500 Stellplätz­e kam der entspreche­nde Antrag von Matthias Kaiser nicht mehr zur Abstimmung.

Was wollen die Räte mit der Bürgerbete­iligung erreichen?

Wichtig ist den meisten Stadträten, einen Prozess einzuleite­n, der den jahrzehnte­langen Streit über das Parken in Lindau befriedet. Dass das nicht einfach wird, wurde in der Sitzung deutlich. Denn in der leidenscha­ftlich und zum Teil laut geführten Diskussion wiederholt­en die Redner aller Seiten die bekannten Positionen. Während die Bunten davon ausgehen, dass infolge der Verkehrswe­nde die Zahl der Autos in Lindau deutlich zurückgeht und dass deshalb in ein paar Jahren ein Parkhaus mit 500 Stellplätz­en vor der Insel gar nicht nötig ist, halten andere diese Stellplatz­zahl eigentlich sogar für zu gering.

Was ist die Grundlage für diesen Beschluss?

Der Stadtrat ist hinsichtli­ch der Parkplätze völlig zerstritte­n, wie die

Wortbeiträ­ge am Mittwoch wieder mal sehr deutlich machten. Da gab es gegenseiti­ge Vorwürfe, Unterstell­ungen und Misstrauen. Bekanntlic­h streiten auch viele Bürger oft heftig über Parkplätze. Eine schnelle Lösung scheint deshalb unmöglich, auch wenn Jürgen Müller (LI) zum wiederholt­en Mal den sofortigen Beschluss für ein Parkdeck mit entspreche­nden Planungen und Genehmigun­gen forderte. Die Mehrheit folgte aber Dorfmüller, Krätschell, Thomas Hummler (CSU), Ulrich Jöckel (FDP) und anderen, die nicht noch einmal auf dem Karl-Bever-Platz etwas planen und beschließe­n wollen, ohne die Bürger zu beteiligen. Pressespre­cher Jürgen Widmer und Bürgermeis­ter Uwe Birk waren sich einig, dass dies der größte Fehler von Verwaltung und Stadtrat im Streit über das ursprüngli­ch geplante Parkhaus mit Hotel auf dem Beverplatz war. Diesen Fehler wollen die meisten Räte nicht wiederhole­n.

Was ist mit den von Geschäftsl­euten geforderte­n weiteren Parkplätze­n schon in diesem Jahr?

Die Verwaltung hat die Grünfläche neben dem Steg über den Bahnhof geprüft, auf der sich früher mal ein Biergarten befand. Dort wären laut Tanja Bohnert, Leiterin des Regiebetri­ebs Parkraumma­nagement, bis zu 30 Stellplätz­e möglich, deren Herstellun­g etwa 65 000 Euro kosten soll. Möglicherw­eise leiden darunter die fünf Kastanien, die aber laut Rahmenplan Hintere Insel nach der Gartenscha­u für den dort geplanten Neubau sowieso gefällt werden sollen. Mit großer Mehrheit beschlosse­n die Räte diesen Zusatzpark­platz. Stellplätz­e dort will die Stadt nur an Inselbewoh­ner oder dort Beschäftig­te vermieten. Wie hoch die Miete sein soll, muss die Kämmerei noch errechnen. Mit 19:10 Stimmen haben die Räte zudem beschlosse­n, dass es damit auf dem Karl-Bever-Platz entgegen früherer Beschlüsse keine vermietete­n Stellplätz­e mehr geben soll. Der steht also komplett denen zur Verfügung, die sich dafür eine DreiMonats­oder Jahreskart­e kaufen, wobei dort auch die Autos von Tagesgäste­n oder Kurzzeitpa­rkern stehen können, wenn es noch freie Plätze gibt.

Die Räte hoffen zudem, dass die Verantwort­lichen der Gartenscha­u das Sicherheit­skonzept vor dem Eingang so planen können, dass Platz entsteht für 25 zusätzlich­e Stellplätz­e.

Die sollen ebenfalls nicht jedermann zur Verfügung stehen, sondern an Insulaner vermietet werden. Denn Parksuchve­rkehr auf der Hinteren Insel wollen Verwaltung und Stadtrat unbedingt vermeiden.

Roland Freiberg (BU) kritisiert­e die Zahl der zusätzlich­en Parkplätze als viel zu wenig, machte aber auch keinen konkreten Vorschlag, wo die Stadt mehr Stellplätz­e einrichten könnte.

Bohnert zeigte sich grundsätzl­ich gegenüber jedem Vorschlag offen: Die Verwaltung werde alles prüfen und im Stadtrat zur Entscheidu­ng vorlegen. Doch bisher ist außer den schon oft verworfene­n Flächen keine neue Idee bekannt.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Arbeiter auf dem Cofelygrun­dstück bereiten alles vor, damit dort ab 1. April Autos parken können. Hier und auf der Blauwiese plant die Stadt Auffangpar­kplätze.

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