Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Alle werden sich strecken müssen
Der weit gereiste Trainer Sebastian Fandert bereitet die Ravensburg Razorbacks auf ihre erste GFL-Saison vor
RAVENSBURG - Die Ravensburg Razorbacks stehen vor einem Quantensprung. So jedenfalls bezeichnet der neue Chefcoach Sebastian Fandert die Herausforderung German Football League Süd, die auf den Aufsteiger erstmals in seiner Geschichte wartet. Es sei „die beste Liga Europas“, ist sich Fandert sicher. Was der 32-Jährige dazu beitragen kann, wird schnell klar.
Sebastian Fandert ist ein Weitgereister. Acht Umzüge in zwölf Jahren seien es gewesen, sagt er, der in Dresden groß geworden ist. Dort, mit elf Jahren, fasste er auch erstmals einen Football an. „Die Dresden Monarchs, damals eines der besten Teams Europas, haben eine Schultour gemacht.“Das war für Fandert beeindruckend – losgelassen hat ihn Football seither nicht mehr. Was schon nach wenigen Jahren immer klarer wurde: Fandert, der als Free Safety spielte – die Position im Football, die mit dem eines Liberos im Fußball zu vergleichen ist –, zog es eher auf die Position an der Seitenlinie. Schon mit 16 Jahren trainierte er eine Jugendmannschaft, mit 19 beschloss er endgültig, auf das Trainerdasein zu setzen.
Zwei Profis in Ravensburg
Von Dresden ging es für ihn nach Hohenems, wo er die zweite Mannschaft coachte. Es folgte eine Anstellung in Braunschweig, bevor sich überraschend die Möglichkeit ergab, in die USA zu wechseln. Vier Jahre an High School und College vertieften Kenntnisse und brachten neue Erfahrungen. „Wir haben einmal den haushohen Favoriten LSU geschlagen, da hat die ganze Stadt gefeiert“, erinnert sich Fandert. „Das sind Momente, die man nicht mehr vergisst.“Dann ging es zurück nach Europa. Zuletzt war Fandert in der Schweiz beim Erstligisten Luzern, dazu trainiert er die tschechische Nationalmannschaft. Eine Menge Verantwortung, der er sich gerne stellte.
Mit diesem Selbstbewusstsein geht Fandert nun die Herausforderung in Ravensburg an. Warum die
Razorbacks? Der Standort sei attraktiv, sagt Fandert: „Hier kann ich viel bewegen, was verändern.“Damit meint er nicht zuletzt die Trainingsbedingungen, aber auch das Marketing. Hier wolle er American Football auf ein neues Niveau bringen. Natürlich auch die Mannschaft. Denn der Leistungssprung werde nötig sein, um in der GFL Süd zu bestehen. Ihm zur Seite stehen wird auch ein neuer Offensetrainer, der in den nächsten Tagen vorgestellt werden soll. Dann haben die Razorbacks zum ersten Mal in ihrer Geschichte zwei Profis als Trainer. „Das ist schon ein riesiger Unterschied im
Vergleich zu früher“, sagt Fandert. „Es wird eine Herausforderung.“Damit meint er seine Aufgabe – und die der Spieler. „Partys am Freitag und Samstag müssen ausfallen, auch der Geburtstag der Schwiegermutter.“
Stattdessen volle Konzentration auf die Footballsaison, die von Mai bis September dauert. „Wir haben viele Spieler mit Familie, die müssen die Sommerferien zu Hause verbringen“, meint Fandert. „Die Jungs müssen auf vieles verzichten.“Sonst, da ist sich der Sachse sicher, wird es schwer mit dem Klassenerhalt.
Dass seine neue Mannschaft das Zeug dazu hat, mindestens eine
Mannschaft in der GFL Süd hinter sich zu lassen, ist für Fandert klar. Der Kader gefällt ihm schon ganz gut. Schön findet er auch, dass in Garrett Dellechiaie und Andrecus Lindley zwei Importspieler aus der vergangenen Saison geblieben sind. „Mir war ganz wichtig, dass wir Importspieler bekommen, die schon mal in Europa waren.“Das trifft auch auf Linebacker Jeremy Conley zu, der aus Wiesbaden nach Ravensburg wechselt. Explizit nennt Fandert auch die Wide Receiver Christian Steffani und Michael Mayer, „die mit ihrer Erfahrung enorm wichtig sind“. Die Konkurrenz in der GFL Süd sei schwer einzuschätzen. Als Hauptgegner hat Fandert die Munich Cowboys ausgemacht. „Da müssen Punkte her“, sagt er. Auch gegen die Allgäu Comets aus Kempten – gegen die die Saison Anfang Mai beginnt – sei es wichtig zu punkten. Drei Siege, rechnet der Razorbacks-Trainer vor, würden reichen, um nicht Letzter zu werden und in die Relegation zu müssen. „Es wird sich zeigen, wie die Spieler reagieren, wenn wir etwa in Schwäbisch Hall verlieren“, sagt Fandert. Denn für die erfolgsverwöhnten Razorbacks wird es mehr Niederlagen als Siege geben. Es ist schließlich die „beste Liga Europas“.