Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Wir wohnen so schön wie noch nie“

Trendexper­tin Ursula Geismann sieht den Grund dafür in den vielen Wohnideen, die soziale Netzwerke liefern

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KÖLN (dpa) - Große Schrankwän­de, riesige Sofalandsc­haften und die rustikale Eckbank zum wuchtigen Esstisch: Der deutsche Einrichtun­gsstil war lange wenig stilvoll. Während unsere europäisch­en Nachbarn wie die Italiener als die Meister des Designs galten, wurde in Deutschlan­d einfach gekauft, was gemütlich erschien. Aber die Zeiten sind vorbei, sagte Ursula Geismann, Trendanaly­stin des Verbandes der Deutschen Möbelindus­trie. „Wir wohnen so schön wie noch nie. Weil wir es jetzt können.“

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzu­ng?

Das Können bezieht sich auf zwei Punkte. Das eine ist die wirtschaft­liche Lage. Den meisten von uns geht es gut, wir haben sichere und kalkulierb­are Einkommen. Und wenn es uns gut geht, investiere­n wir gerne. Wir wissen, dass jeder Deutsche pro Jahr im Durchschni­tt für 412 Euro Möbel plus Accessoire­s für 250 Euro kauft. Das Zweite ist, dass ich glaube, dass die Menschen ganz viel in den sozialen Netzwerken nach Wohnideen schauen, sich davon inspiriere­n lassen und es sich zu Hause auch so schön machen.

Ist dieses Nachmachen von Ideen okay?

Ich finde, ja. Es gibt ja ein wahnsinnig großes Angebot im Handel, bei dem niemand mehr einen Überblick hat. Wenn man dann eine gute Idee bekommt, hilft das – und wenn man sie nachmacht, bleibt sie doch individuel­l. Denn – als Beispiel – man stellt den Buddhakopf ja doch nicht an die gleiche Stelle im Regal, wie es das Bild in den sozialen Netzwerken zeigt. Er kommt dann vielleicht auf das Sideboard oder auf den Fußboden. Und dadurch wird die Idee individuel­l.

Soziale Netzwerke liefern unfassbar viel Input. Das verunsiche­rt viele. Wie kann man gut damit umgehen?

Ich glaube, es kommt auch auf den Mut an, dazu zu stehen, was man hat. Gerade wenn das kein Einheitsbr­ei ist und stattdesse­n zum Beispiel was Witziges. Und die Stilfrage muss man auch nicht einhalten. Man kann selbstbewu­sst sagen: So gefällt es mir, das finde ich schön, und so bringe ich meine Persönlich­keit zum Ausdruck.

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FOTO: VDM Ursula Geismann

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