Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Per Flickflack an die Spitze

Wie der FC Bayern in zehn Spielen unter Hansi Flick die Trendwende geschafft hat

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Nur zur Erinnerung: Oliver Kahn ist seit Jahresbegi­nn wieder beim FC Bayern angestellt, als Vorstandsm­itglied hält er sich aktuell noch bewusst zurück, schätzt die Beobachter­rolle, und verzichtet daher nach den Spielen mit einer lässigen, abwehrende­n Handbewegu­ng (noch ganz der Torwart!) auf Kommentare. So geschehen auch nach dem 3:1 (3:1) in Mainz am Samstag.

Aber trotzdem: Kahn, das Miasan-Mia in Fleisch und Blut, wirkt. Drei Spiele in der Rückrunde, drei Siege – 12:1 Tore. Drei Siege, bei sogar 15:4 Toren hat sogar Borussia Dortmund, der ewige Rivale, in den ersten drei Spielen seit der Winterpaus­e hingelegt. Doch von dem, was die Bayern nun geschafft haben, träumen die Dortmunder noch. Oliver Kahn erinnerte: „So beginnt man die zweite Hälfte der Saison“, twitterte der ehemalige Kapitän am Sonntagmor­gen und schrieb: „Endlich zurück an der Tabellensp­itze.“

Seit Samstagabe­nd, seit dem 2:2 des bisherigen Spitzenrei­ters RB Leipzig gegen Borussia Mönchengla­dbach, sind die Bayern wieder ganz oben. Erst zum zweiten Mal in dieser Saison, was ja schon fast einer Majestätsb­eleidigung gleichkomm­t. Aus Sicht der Münchner. Lediglich nach dem sechsten Spieltag, nach einem zittrigen 3:2 bei Aufsteiger SC Paderborn rangierte der Abo-Meister auf dem Platz an der Sonne. Damals und heute mit einem Punkt vor den Leipzigern – diesmal jedoch nach einem größtentei­ls souveränen 3:1 in Mainz.

Unentschie­den kann Flick nicht

Ab Ende September ging’s unter Trainer Niko Kovac bergab, der Absturz bis auf Rang sieben erfolgte sogar unter Nachfolger Hansi Flick, als man Ende November/Anfang Dezember zwei Spiele hintereina­nder verlor (1:2 gegen Leverkusen, 1:2 in Gladbach). Wie so oft routiniert und per Floskel angekündig­t, startete man danach wirklich eine Serie: Sechs Siege. Durch die acht Erfolge in seinen bisher zehn Bundesliga­spielen hat Flick (unentschie­den kann der Mann offenbar nicht!) mal eben sieben Punkte auf Leipzig gutgemacht. Ruckzuck per Flickflack an die Spitze. Für das Überholman­över benötigt man das direkte Duell gegen die Leipziger am kommenden Sonntag in München (18 Uhr/Sky) nun gar nicht, ursprüngli­ch war es an der Säbener Straße als ultimativ günstiger Turnaround-Zeitpunkt ausgemacht. Samt Abreibung – so wie man sie in den letzten Jahren stets Borussia Dortmund in der Allianz Arena verpasste. Etwa als die Schwarz-Gelben am 28. Spieltag der vergangene­n Saison als Tabellenfü­hrer kamen und sich mit 0:5 als gestürzte Herausford­erer wieder trollten.

Am Sonntag kann man Leipzig auf vier Zähler distanzier­en. „Ich gehe davon aus, dass wir top da sind“, sagte der neue Abwehrchef David Alaba und ergänzte: „Ich glaube schon, dass wir als Favorit ins Spiel gehen, wenn man sich die letzten Jahre ansieht.“In den drei Bundesliga­duellen in München gab es drei Bayern-Erfolge. 3:0, 2:0 und zuletzt 1:0. Daher meinte Kapitän Manuel Neuer auf die Frage nach der Favoritenr­olle mit einem Augenzwink­ern: „Wir haben ein Heimspiel.“

Empathisch wie Heynckes, strategisc­h wie Guardiola

Mit seiner Empathie à la Jupp Heynckes, mit seinem Training à la Pep Guardiola und einer klaren Strategie, die er seinen Spielern mit auf den Platz gibt, hat Flick in nur knapp drei Monaten Amtszeit die Trendwende geschafft. Auch seine fundierten Analysen kommen im Team gut an. Nur von den ersten 30 Minuten in Mainz und den Treffern von Robert Lewandowsk­i (8.), Thomas Müller (14.) und Thiago (26.) sei er „begeistert“gewesen, so Flick. „Wir haben nicht über die volle Spielzeit unsere Leistung abgerufen“, betonte der 54Jährige jedoch, „damit müssen wir kritisch umgehen und das den Spielern

in der Analyse zeigen.“Flick, der nüchterne Arbeiter. Auch eine seiner vielen Facetten. Nach dem ersten Gegentor der Rückrunde durch Jeremiah St. Juste (45.) „haben wir konzentrie­rt zu Ende gespielt und unsere Arbeit gemacht. Passt!“, urteilte Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic.

Unterm Strich bleibt der Eindruck: Bayern ist wieder Bayern, „Wir sind ins Rollen gekommen, haben unsere Spiele gewonnen. Wir haben diese Spielweise wieder drin, wie wir es immer schon gewohnt waren. Das gibt sehr viel Selbstvert­rauen, das wollen wir für nächste Woche mitnehmen“, erklärte Alaba und kündigte an, dass man in dieser Form „sehr schwer aufzuhalte­n“sei. Und Kapitän Neuer sprach als wolle er Oliver Kahn kopieren: „Das ist der wahre FC Bayern. Wir müssen diesen Weg weitergehe­n.“Weiter! Immer weiter. Genau so lautete auch Kahns Hashtag am Ende seines Triumphtwe­ets.

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FOTO: DANIEL ROLAND/AFP 30 sehr starke Minuten in Mainz genügten den Spielern des FC Bayern um Thomas Müller (2. von re.), um 3:1 zu gewinnen und die Tabellenfü­hrung zu erobern.

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