Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die „Stimme der Athleten“will künftig gehört sein – aber auch Verständnis für die späte Verschiebung
Noch immer schlagen die Olympia-Entscheidung des IOC, ihr Entstehen und die Kommunikation mit (beziehungsweise: eben nicht mit) den Sportlern unter diesen hohe Wellen.
Der deutsche Athletensprecher Max Hartung, bereits für die Tokio-Spiele qualifizierter Säbelfechter, sagte im aktuellen Sportstudio, „dass das IOC sich verändern sollte und dass man auch die Struktur verändern sollte“. Er, so der Vorsitzende des Vereins Athleten Deutschland weiter, „würde das auch nicht an einzelnen Personen festmachen“. Max Hartungs Wunsch: „Dass die Stimme der Athleten eine noch größere Rolle spielt. Und vor allem, dass aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wird.“
Ruderer Oliver Zeidler indes hat die Verschiebung der Spiele als „Schlag ins Gesicht“erlebt. Der Welt- und Europameister sagte in einem Interview des „Spiegel“, er sei „immer noch der Meinung, dass man Alleingänge hätte vermeiden sollen. „Ich hätte die Spiele niemals boykottiert. Am Ende war es wohl der Todesstoß, dass sich Nationen wie Australien und Kanada dazu entschieden haben, in diesem Jahr keine Athleten nach Tokio zu schicken.“Für den 23-jährigen Zeidler hat die Neu-Terminierung „einen Berg“persönlicher Konsequenzen: „Ich habe mein Studium für die Spiele ein Jahr lang nicht fortgesetzt, wollte in England anschließend meinen Master machen. Die Bewerbung muss ich jetzt zurückziehen.“Zeidlers Kritik: „Zwischen der
Aussage, dass die Spiele stattfinden, und der Verschiebung lag eine Woche – das ist mir zu impulsiv. Das hätte man definitiv eleganter und schonender lösen können.“
Bahnrad-Doppelolympiasiegerin Kristina Vogel indes kann Kritik über zu zögerliches Agieren des Internationalen Olympischen Komitees nicht nachvollziehen. „Ich finde es gut, dass sich die Leute Zeit genommen haben. In manchen Sachfragen kann man nicht gleich ja oder nein sagen“, sagte die 29-Jährige dem Sender Sky Sport News HD. Die Erfurterin, die nach einem Trainingssturz querschnittsgelähmt ist, betonte, dass allen klar war, dass die Spiele „so nicht gehalten werden konnten. Wir wollen Spiele, die magisch sind. Das hätte man dieses Jahr nicht haben können.“Dass die Entscheidung erst vorige Woche erfolgte, sieht die frühere Weltklasse-Athletin in den Problemen begründet, die eine Verschiebung nach sich ziehe.
Biathlon-Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner ist da ganz anderer Ansicht. Sie hat sich über die Hängepartie mächtig geärgert und sagte der „Augsburger Allgemeinen“über IOC-Chef Thomas Bach Folgendes: „Das Verhalten von Herrn Bach fand ich unmöglich. Die ganze Welt kämpft gegen dieses Virus, und der will Olympische Spiele machen.“Immerhin, so die 33-Jährige aus Wallgau, habe Bach „dann ordentlich Gegenwind bekommen, und jetzt ist Gewissheit da“. (dpa/SID/sz)