Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hilfe für Arbeitnehmer, Firmen und bedürftige Schüler
Große Koalition beschließt neues Hilfspaket in Milliardenhöhe – vielen geht es nicht weit genug
BERLIN - Fast acht Stunden lang verhandelten die Spitzen der Regierungskoalition über weitere Hilfen für Bürger und Wirtschaft in der Corona-Krise. Am Ende kamen mehr konkrete Ergebnisse heraus, als viele erwartet hatten. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans spricht von Kosten des ganzen Pakets „oberhalb“von 10 Milliarden Euro.
Kurzarbeitergeld: Wer wegen der Corona-Krise nur 50 Prozent oder weniger arbeitet, bekommt ab dem vierten Monat mehr Kurzarbeitergeld als bisher: Ab dem vierten Monat gibt es 70 (mit Kindern 77) Prozent, ab dem siebten Monat 80 (87) Prozent. Dies ist begrenzt bis zum 31. Dezember 2020. Jeder, der in Kurzarbeit
Gist, darf zudem ab dem 1. Mai bis Ende des Jahres Geld dazuverdienen – die Grenze liegt bei der vollen Höhe des Monatseinkommens ohne Kurzarbeit. Opposition und Sozialverbände begrüßten den Koalitionsbeschluss zwar, kritisierten aber, dass er nicht weit genug gehe. Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, kritisierte die neuen Regelungen als zu kompliziert. „Die politische Entscheidung will ich nicht bewerten, ich hätte mir aber eine einfachere Regelung gewünscht.“
Arbeitslosengeld: Wer arbeitslos wird, hat derzeit meist nur geringe Chancen, rasch einen neuen Job zu finden. Zudem sind die Arbeitsagenturen mit der Abwicklung der Kurzarbeit beschäftigt. Normalerweise bekommen Arbeitslose bis 50 Jahre
Gmaximal zwölf Monate Arbeitslosengeld. Dies steigt bis 58 bis auf 24 Monate. Jetzt gibt es diese Hilfe drei Monate länger, wenn der Anspruch zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember enden würde.
Gastronomie: CSU-Chef Markus Söder konnte eine Vergünstigung für Restaurants durchsetzen: Für sie wird die Mehrwertsteuer vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Dies gilt allerdings nur für Speisen und nicht für Getränke. Der Branchenverband Dehoga feierte das als „wichtigen Teilerfolg“. Allerdings profitierten Lokale, die ausschließlich Getränke anbieten, nicht davon.
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) geht das nicht weit genug. Vor allem Gastronomie und
GHotels sollten eine Perspektive für die Zeit nach dem 4. Mai bekommen, heißt es aus dem Ministerium. Ein entsprechendes Konzept soll bis zur nächsten Runde der Regierungschefs in der kommenden Woche stehen.
Kleine und mittelständische Unternehmen: Wer coronabedingt in diesem Jahr mit einem Verlust rechnet, bekommt eine Liquiditätshilfe: Kleine und mittelständische Unternehmen sollen ihre Verluste mit den bereits 2019 geleisteten Vorauszahlungen der Einkommen- und Körperschaftsteuer verrechnen dürfen.
GComputer für bedürftige Schüler: Eine schnelle Rückkehr zum normalen Schulbetrieb ist ausgeschlossen. Große Teile des Unterrichts müssen weiter zu Hause stattfinden. Damit
Galle Schüler daran teilhaben können, will der Bund 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um die digitale Ausstattung der Schulen auszubauen und bedürftige Schüler bei der Anschaffung der Geräte zu unterstützen. Bis zu 150 Euro solle es dafür geben „Wir werden für die Bildung unserer Kinder alles möglich machen, was möglich zu machen ist“, versprach Bildungsministerin Karliczek (CDU). Das Geld gibt’s extra, es kommt nicht aus dem Digitalpakt.
Doch es bleiben Fragen: Wie das Geld zu den Schülern kommt und wie schnell, ließ sich zunächst ebenso wenig klären wie, wofür genau es verwendet werden darf. Sicher ist, dass die Bundesmittel nicht verstetigt werden sollen: „Die Verantwortung soll grundsätzlich bei den Ländern bleiben“, sagte die Ministerin.