Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Das Weltkriegsende in der Region
In Tettnang, Meckenbeuren, Kressbronn gibt es vor 75 Jahren Opfer zu beklagen
TETTNANG - „Das längst Erwartete tritt ein“, so hat die Schwäbische Zeitung vor 25 Jahren den Schlussakkord ihrer Serie „Das Ende der Hakenkreuz-Diktatur“betitelt, der am 29. April 1995 erschien. Am 29. April 1945 waren Tettnang, Meckenbeuren und Kressbronn von französischen Truppen besetzt worden – 75 Jahre später nimmt die SZ Tettnang das zum Anlass, in einer sechsteiligen Reihe auf diese wegweisenden Tage zum Weltkriegsende zu blicken.
Zu erwarten waren der Einmarsch in der Region und die sogenannte „Stunde null“spätestens, nachdem am 22. April Stuttgart und am 24. April Ulm gefallen waren. In der Folge näherten sich die vereinigten französischen Verbände in einer Zangenbewegung der Bodenseeregion, hinter der Vorarlberg als nächstes Ziel aufschien.
So nahmen die vor allem aus Elsässern und Nordafrikanern zusammengesetzten Truppen am Bodensee entlang am 25. April Überlingen und am 26. April Konstanz ein. Zugleich rückten die Franzosen von Norden her vor: Am 24. April wurde Bad Waldsee, am 28. April Ravensburg besetzt. Von dieser Marschrichtung aus waren am 29. April Friedrichshafen, Meckenbeuren und Tettnang an der Reihe. Am Tag von Hitlers Selbstmord, am 30. April, erreichten die Franzosen Kressbronn und Langenargen.
Belastend und emotional tiefgreifend ist, was sich damals ereignet hat. Umso mehr gilt der Dank heute wie einst jenen, die ihre Erinnerungen an diese schwere Zeit im Gespräch oder schriftlich weitergegeben haben – nicht nur privat, sondern so, dass daraus ein kollektives Vermächtnis werden kann. Für die Verwandten, Bekannten, aber auch für jene, die das Glück hatten, diese Zeit nicht miterlebt zu haben.
Was nicht nur für das Kriegsende im April 1945, sondern auch für die Monate und das Jahr zuvor zutrifft. Schon 1944 verloren Kressbronner, Meckenbeurer und Tettnanger ihr Leben – sie sollen im Blickkasten zu diesem ersten Artikel der sechsteiligen Serie gewürdigt werden.
Im zweiten Teil schwenkt der Blick an die Schussen: In Kehlen und Meckenbeuren haben als damals eigenständige Gemeinden je eigene Blickwinkel und Erinnerungen erhalten, was sich 1945 tat.
Auch für die Seegemeinden Kressbronn und Langenargen ergeben sie in einer gemeinsamen Rückschau zusammengefasst Sinn.
Noch wesentlich mehr als heute richtete sich das Augenmerk damals auf Tettnang, das erst 1938 von Friedrichshafen als Sitz der Kreisverwaltung abgelöst worden war. Wie würden sich die hinter Panzersperren harrenden Bürger der einstigen Oberamtsstadt angesichts des anrückenden Feindes verhalten? Dies vor dem Hintergrund, dass Hitler am 22. April nochmals bekräftigt hatte: Wer Maßnahmen, die die Widerstandskraft schwächen, propagiert oder gar billigt, gelte als Verräter und sei augenblicklich zu erschießen oder zu erhängen.
Dem Einmarsch der französischen Truppen in Tettnang ist ein eigener Teil gewidmet wie auch den Augenzeugenberichten oder schriftlichen Erinnerungen von Zeitzeugen.
Und: Tettnangs Stadtarchivar Dr. Florian Schneider rollt abschließend die Situation all jener auf, denen vor Ort zur damaligen Zeit als „NichtDeutsche“eine missliebige Sonderstellung zukam. Was nicht für das Schweizer Konsulat galt: Am 13. Februar 1945 war es in die Räume der Landwirtschaftsschule Tettnang eingezogen und ist ebenfalls einer Erwähnung wert.