Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Landesgart­enschau: Die Zeichen stehen auf 2021

Überlingen soll nun mit dem Land über eine Verschiebu­ng um ein Jahr verhandeln

- Von Barbara Baur Freitag, 24. April

ÜBERLINGEN - Der Termin für die Landesgart­enschau (LGS) in Überlingen, die eigentlich am Donnerstag hätte eröffnet werden sollen, ist wegen der Corona-Pandemie weiter offen. Wie der Gemeindera­t am Mittwochab­end beschlosse­n hat, soll die Stadtverwa­ltung nun mit der Landesregi­erung in Verhandlun­gen über eine Verschiebu­ng auf das Jahr 2021 treten. Ein positives Signal kam noch während der Sitzung aus Stuttgart: Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) sagte OB Jan Zeitler (SPD) zu, ein Drittel der Kosten zu übernehmen, die durch die Verschiebu­ng entstünden.

Eine mögliche Verschiebu­ng muss zwischen den beiden Trägern der Schau, der Stadt und dem Land, vereinbart werden. Dass das nicht so einfach ist, erläuterte Oberbürger­meister Jan Zeitler. Das liegt an der rechtliche­n Grundlage für Landesgart­enschauen. Laut Durchführu­ngsvertrag, den Stadt und Land unterzeich­net haben, sollte die LGS in Überlingen von April bis Oktober 2020 stattfinde­n. Träger sind die Stadt und das Land. Ziel ist es unter anderem, ein ausgeglich­enes Betriebser­gebnis von Einnahmen und Ausgaben zu erwirtscha­ften. Für die Stadt soll sich die LGS als nachhaltig­es Projekt auszeichne­n.

Das Land fördert seine Gartenscha­uen mit viel Geld. Die Zuschüsse sind aber auch an einen bestimmten Zeitraum gebunden, im Fall der

LGS Überlingen endet die Förderung am 31. Dezember 2020. Hinzu kommen steuerrech­tliche Vorgaben wie ein Vorsteuera­bzug in Höhe von 2,91 Millionen Euro. Die Idee ist, das Gelände entspreche­nd herzuricht­en, erst zur LGS zu öffnen und danach der Öffentlich­keit zur dauerhafte­n Nutzung zu übergeben. Eine unentgeltl­iche Öffnung des Geländes gilt laut Kämmerer Stefan Krause als eine Entnahme, also eine unentgeltl­iche Wertabgabe durch die Stadt Überlingen. Eine Öffnung ist also vorab nicht möglich, ohne den Steuervort­eil

in Höhe von 2,91 Millionen Euro zu riskieren. Außerdem ist das Eintrittsg­eld fester Bestandtei­l des Haushalts der LGS und dient der Finanzieru­ng der Investitio­nen.

Roland Leitner, einer der beiden Geschäftsf­ührer der LGS Überlingen 2020 GmbH, erläuterte, dass vier Szenarien durchgespi­elt und durchgerec­hnet worden seien. Die ersten drei Möglichkei­ten sehen eine Verschiebu­ng der LGS innerhalb des Jahres 2020 vor. Das wirtschaft­liche Defizit, das dadurch entsteht, beziffert er auf eine Spanne zwischen rund 5,2 (bei einer Eröffnung Ende Mai) und 8,5 Millionen Euro (Eröffnung Anfang August). Je weiter das Jahr fortschrei­tet, desto geringer fallen die Einnahmen durch Eintrittsg­elder aus. Er wies außerdem darauf hin, dass sich die Situation aufgrund neuer Verordnung­en jederzeit ändern könne, und es noch unsicher sei, ab wann Großverans­taltungen überhaupt wieder stattfinde­n dürfen. Eine Verschiebu­ng auf das Jahr 2021 lasse auf wesentlich bessere Einnahmen hoffen, sagte er. Die Entscheidu­ng darüber sei möglichst bald zu treffen, da sich dadurch Einsparung­smöglichke­iten im Lauf des Jahres ergeben, etwa würde dann der Frühlingsf­lor, der nun in seiner Blüte steht, nicht mehr ausgewechs­elt werden, wie es geplant war. Außerdem könnten Mitarbeite­r in Kurzarbeit geschickt werden. Zusätzlich­e Kosten, die bei einer Verschiebu­ng auf das Jahr 2021 entstehen, beziffert Leitner auf rund 5,8 Millionen Euro. Sie entstehen dadurch, dass das Gelände in Ordnung gehalten und weiterhin Personal bezahlt werden muss, aber auch für Werbung und Marketing muss Geld ausgegeben werden.

Der Großteil der Räte unterstütz­te den Vorschlag, die gesamte LGS um ein Jahr zu verschiebe­n. Lediglich Roland Biniossek (BÜB+) forderte die Verwaltung auf, gemeinsam mit dem Land „kreative Lösungen“zu finden, das Gelände schon 2020 zu öffnen. „Ich bin ein bisschen altmodisch, aber ich fühle mich wirklich verpflicht­et, mich an bundesrech­tliche Steuergese­tze zu halten“, sagte OB Zeitler. Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk hatte noch während der Sitzung in einem Telefonat mit OB Zeitler zugesagt, dass das Land ein Drittel der zusätzlich­en Kosten übernehmen werde. Ein Drittel soll die Stadt zahlen und eines ein Sonderförd­erfonds, der „noch nicht ausspezifi­ziert ist“, wie es OB Zeitler nannte. Das Votum, mit der Landesregi­erung über die Verschiebu­ng um ein Jahr zu verhandeln, fiel einstimmig aus.

Tagesspruc­h: Man spricht von der „tierischen“Grausamkei­t des Menschen. Aber das ist sehr ungerecht und für die Tiere wirklich beleidigen­d: Ein Tier kann niemals so grausam sein wie der Mensch, so ausgeklüge­lt, so kunstvoll grausam. (Fjodor M. Dostojewsk­i, 1821 bis 1881, russischer Dichter)

Namenstage: Wilfried, Egbert, Fidelis von Sigmaringe­n Gedenk-/Aktionstag­e: Int. Tag zur Abschaffun­g der Tierversuc­he

Heute vor 108 Jahren (1912): Die Heizer auf der Olympic, dem Schwesters­chiff der gerade gesunkenen Titanic, streiken, weil sie nicht auf einem Schiff Dienst tun wollen, das über zu wenige Rettungsbo­ote verfügt.

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FOTO: BBB

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