Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Landesgartenschau: Die Zeichen stehen auf 2021
Überlingen soll nun mit dem Land über eine Verschiebung um ein Jahr verhandeln
ÜBERLINGEN - Der Termin für die Landesgartenschau (LGS) in Überlingen, die eigentlich am Donnerstag hätte eröffnet werden sollen, ist wegen der Corona-Pandemie weiter offen. Wie der Gemeinderat am Mittwochabend beschlossen hat, soll die Stadtverwaltung nun mit der Landesregierung in Verhandlungen über eine Verschiebung auf das Jahr 2021 treten. Ein positives Signal kam noch während der Sitzung aus Stuttgart: Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) sagte OB Jan Zeitler (SPD) zu, ein Drittel der Kosten zu übernehmen, die durch die Verschiebung entstünden.
Eine mögliche Verschiebung muss zwischen den beiden Trägern der Schau, der Stadt und dem Land, vereinbart werden. Dass das nicht so einfach ist, erläuterte Oberbürgermeister Jan Zeitler. Das liegt an der rechtlichen Grundlage für Landesgartenschauen. Laut Durchführungsvertrag, den Stadt und Land unterzeichnet haben, sollte die LGS in Überlingen von April bis Oktober 2020 stattfinden. Träger sind die Stadt und das Land. Ziel ist es unter anderem, ein ausgeglichenes Betriebsergebnis von Einnahmen und Ausgaben zu erwirtschaften. Für die Stadt soll sich die LGS als nachhaltiges Projekt auszeichnen.
Das Land fördert seine Gartenschauen mit viel Geld. Die Zuschüsse sind aber auch an einen bestimmten Zeitraum gebunden, im Fall der
LGS Überlingen endet die Förderung am 31. Dezember 2020. Hinzu kommen steuerrechtliche Vorgaben wie ein Vorsteuerabzug in Höhe von 2,91 Millionen Euro. Die Idee ist, das Gelände entsprechend herzurichten, erst zur LGS zu öffnen und danach der Öffentlichkeit zur dauerhaften Nutzung zu übergeben. Eine unentgeltliche Öffnung des Geländes gilt laut Kämmerer Stefan Krause als eine Entnahme, also eine unentgeltliche Wertabgabe durch die Stadt Überlingen. Eine Öffnung ist also vorab nicht möglich, ohne den Steuervorteil
in Höhe von 2,91 Millionen Euro zu riskieren. Außerdem ist das Eintrittsgeld fester Bestandteil des Haushalts der LGS und dient der Finanzierung der Investitionen.
Roland Leitner, einer der beiden Geschäftsführer der LGS Überlingen 2020 GmbH, erläuterte, dass vier Szenarien durchgespielt und durchgerechnet worden seien. Die ersten drei Möglichkeiten sehen eine Verschiebung der LGS innerhalb des Jahres 2020 vor. Das wirtschaftliche Defizit, das dadurch entsteht, beziffert er auf eine Spanne zwischen rund 5,2 (bei einer Eröffnung Ende Mai) und 8,5 Millionen Euro (Eröffnung Anfang August). Je weiter das Jahr fortschreitet, desto geringer fallen die Einnahmen durch Eintrittsgelder aus. Er wies außerdem darauf hin, dass sich die Situation aufgrund neuer Verordnungen jederzeit ändern könne, und es noch unsicher sei, ab wann Großveranstaltungen überhaupt wieder stattfinden dürfen. Eine Verschiebung auf das Jahr 2021 lasse auf wesentlich bessere Einnahmen hoffen, sagte er. Die Entscheidung darüber sei möglichst bald zu treffen, da sich dadurch Einsparungsmöglichkeiten im Lauf des Jahres ergeben, etwa würde dann der Frühlingsflor, der nun in seiner Blüte steht, nicht mehr ausgewechselt werden, wie es geplant war. Außerdem könnten Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden. Zusätzliche Kosten, die bei einer Verschiebung auf das Jahr 2021 entstehen, beziffert Leitner auf rund 5,8 Millionen Euro. Sie entstehen dadurch, dass das Gelände in Ordnung gehalten und weiterhin Personal bezahlt werden muss, aber auch für Werbung und Marketing muss Geld ausgegeben werden.
Der Großteil der Räte unterstützte den Vorschlag, die gesamte LGS um ein Jahr zu verschieben. Lediglich Roland Biniossek (BÜB+) forderte die Verwaltung auf, gemeinsam mit dem Land „kreative Lösungen“zu finden, das Gelände schon 2020 zu öffnen. „Ich bin ein bisschen altmodisch, aber ich fühle mich wirklich verpflichtet, mich an bundesrechtliche Steuergesetze zu halten“, sagte OB Zeitler. Landwirtschaftsminister Peter Hauk hatte noch während der Sitzung in einem Telefonat mit OB Zeitler zugesagt, dass das Land ein Drittel der zusätzlichen Kosten übernehmen werde. Ein Drittel soll die Stadt zahlen und eines ein Sonderförderfonds, der „noch nicht ausspezifiziert ist“, wie es OB Zeitler nannte. Das Votum, mit der Landesregierung über die Verschiebung um ein Jahr zu verhandeln, fiel einstimmig aus.
Tagesspruch: Man spricht von der „tierischen“Grausamkeit des Menschen. Aber das ist sehr ungerecht und für die Tiere wirklich beleidigend: Ein Tier kann niemals so grausam sein wie der Mensch, so ausgeklügelt, so kunstvoll grausam. (Fjodor M. Dostojewski, 1821 bis 1881, russischer Dichter)
Namenstage: Wilfried, Egbert, Fidelis von Sigmaringen Gedenk-/Aktionstage: Int. Tag zur Abschaffung der Tierversuche
Heute vor 108 Jahren (1912): Die Heizer auf der Olympic, dem Schwesterschiff der gerade gesunkenen Titanic, streiken, weil sie nicht auf einem Schiff Dienst tun wollen, das über zu wenige Rettungsboote verfügt.