Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Stevie Wonder feiert 70. Geburtstag
NEW YORK (dpa) - Stevie Wonder hat sich nie versteckt, wenn er sich für seine Mitmenschen einsetzen konnte. Und so will er auch in der Corona-Krise helfen, wie zuletzt Ende April beim Mutmach-Konzert der Hilfsbewegung Global Citizen. „In Schwierigkeiten wie diesen müssen wir uns aufeinander stützen“, sagte der von Geburt an blinde Superstar, der wie immer eine dunkle Sonnenbrille trägt. Dann spielt er „Lean on me“des gerade gestorbenen Musikers Bill Withers, wie nur er es kann. Weit über ein halbes Jahrhundert hält Wonders Karriere schon an. Heute wird die Soul- und R&B-Legende 70 Jahre alt.
Sieben Jahrzehnte ist auch einer der größten Kämpfe im Leben des Stevland Hardaway Judkins Morris her: Als er 1950 in Saginaw, Michigan, als Frühgeburt zur Welt, kann er nur im Inkubator überleben. Bald war klar, dass der junge Stevie sein Leben lang blind sein würde. Seine Sehkraft kompensierte er mit der Musik. Als Kind sang er im Kirchenchor und spielte Mundharmonika, Schlagzeug und vor allem Klavier. Und das so gut, dass ihn das legendäre MotownLabel unter Vertrag nahm, als er noch nicht einmal Teenager war. Gerade volljährig gründete er sein eigenes Label: Black Bull Music.
Manche seiner neuen Lieder nahmen gesellschaftliche Entwicklungen vorweg, die Amerika später in Aufruhr versetzen. Er landete Hits wie „Superstition“, „You are the sunshine of my life“oder „Sir Duke“.
1984 dann kam der Erfolg, der Wonder unsterblich machen sollte: Für die Komödie „Die Frau in Rot“macht er eine Liebeserklärung per Telefon: „Ich habe Dich nur mal angerufen, um Dir zu sagen, dass ich Dich liebe… Und das meine ich aus der Tiefe meines Herzens.“Klingt ein bisschen schnulzig, hört sich auf englisch aber so viel besser an: „I Just Called To Say I Love You“.
Angesichts der Epidemie war es naheliegend, das Festival abzusagen, aber Festivalpräsident Pierre Lescure und ich wollten nicht erst 2021 weitermachen und diejenigen im Stich lassen, die auf uns zählten. Deswegen haben wir beschlossen nun weiterzumachen, damit das Festival zu dem beitragen kann, was als nächstes kommt. Die Gesundheitskrise ist etwas Dramatisches, aber wir dürfen die Rückkehr ins Leben nicht verpassen. Und Cannes will ein wesentlicher Teil dieser Genesung sein. Wir werden daher Ende Mai eine offizielle Auswahl bekannt geben, um zu sagen, welche Filme wir gesehen und gemocht haben, um so deren Veröffentlichung in Kinos und bei Festivals zu erleichtern. Dann veranstalten wir eine Online-Version des Filmmarktes. Und Mitte Juni wollen wir den Plan „Cannes Outside the Walls“vorstellen mit den Filmen, die wir unterstützen, in Frankreich und im Ausland.
Es gibt Gerüchte über eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Festival in Venedig. Können Sie das bitte kommentieren?
Dies sind keine Gerüchte, sondern ist ein sehr starker gemeinsamer Wunsch. Es kam die Frage auf, ob man Cannes auf September verschieben könnte, aber wir würden nicht einfach in die Mostra-Termine passen. Nun sprechen wir darüber, uns alle am Lido zu treffen, im Namen des Weltkinos, um die gleichen Filme zu unterstützen. Eine außergewöhnliche Situation erfordert eine außergewöhnliche Reaktion.
Sie haben einen Online-Markt für Ende Juni angekündigt. Was ist die Idee dahinter?
Profis, die Filme verkaufen und kaufen, müssen sich zusammentun, um sich auf die Zukunft vorzubereiten, also 2021. Normalerweise ist der Marché du Film Profis vorbehalten. So ein Markt ist ein Ort, an dem Filme, Ausschnitte, Trailer und ganze Filme ausgetauscht werden. Dies aber wird kein normales Festival mit Presse, Gästen und Publikum sein. Trotzdem werden die Verleiher die Filme natürlich der Presse zeigen, wenn sie dann veröffentlicht werden. Denn dann brauchen sie Unterfür stützung. Eine der größten Herausforderungen für die Filmwelt ist die Rückkehr von Filmen und Publikum in die Kinos auf der ganzen Welt.
Ist eine Online-Version des Filmfestivals auch eine Option?
Nein. Kann mir jemand erklären, wie ein digitales Festival aussehen würde? Wer wäre das Publikum? Wie würden wir es zeitlich und räumlich organisieren? Würden die Filme, die Autoren, die Produzenten zustimmen? Wie würden wir Piraterie bekämpfen? Wie wären die finanziellen Bedingungen? Würden die gezeigten Filme in die Kinos kommen? Journalisten sprechen gerne von einem „digitalen Festival“, aber man muss darauf hinweisen, dass das nur
Filme funktioniert, die nur eine Karriere über das Internet hätten, gerade weil sie keine Chance im Kino gehabt hätten. Das jedoch ist weit weg vom Geist von Cannes.
Was ist das persönlich für ein Gefühl, mit einer solchen Situation umzugehen?
Wir sind Profis. Ich habe gleich Ende Februar verstanden, dass die Lage sehr ernst ist und dass Cannes bedroht sein würde. Ich habe mich immer auf das Schlimmste vorbereitet – und das Schlimmste ist eingetreten. Aber ein Festival abzusagen ist nicht dasselbe, wie wenn man den ganzen Tag in einem Krankenhaus kämpft, um Kranke zu behandeln. Ich bin nicht frustriert, ich bin ein Kämpfer.
Was werden Sie am meisten vom Festival vermissen?
Cannes ist ein außergewöhnlicher Ort, zwei Wochen lang wie eine andere Welt. Das Festival ist das erste Event des Sommers, das Wiedersehen mit Freunden. Es war ein großes