Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kuttin kommt, Ackermann weicht
Revolution bei den Nordisch Kombinierern: Der umstrittene Österreicher Kuttin wird Skisprungtrainer
OBERSTDORF (SID/dpa/sz) - Der „abtrünnige“Heinz Kuttin wird neue rechte Hand von Bundestrainer-Ikone Hermann Weinbuch, dessen Kronprinz Ronny Ackermann ist dafür raus: Die deutschen Kombinierer haben neun Monate vor der HeimWM in Oberstdorf für einen Paukenschlag gesorgt und nach einer enttäuschenden Saison ihr Trainerteam umgekrempelt. Österreichs einstiger Nationalcoach Kuttin, der zuletzt mit seiner Absage an Frankreich für böses Blut gesorgt hatte, soll den zuletzt sprungschwachen „Dominierern“wieder Flügel machen.
„Ich freue mich sehr auf diese neue Aufgabe. Die Disziplin Nordische Kombination zählt seit vielen Jahren zu den Erfolgsgaranten im Deutschen Skiverband, und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass diese Erfolgsstory auch in Zukunft weitergeschrieben wird“, sagte Kuttin, dessen Rückkehr in den DSV nach zwölf Jahren durchaus überraschend kommt.
Der 49 Jahre alte Skisprung-Doppelweltmeister von 1991, der zuletzt die chinesischen Frauen trainiert hatte, war unlängst vom französischen Verband als neuer Chefcoach präsentiert worden. Kurz darauf zog Kuttin aber seine mündliche Zusage zurück, da ihm das Angebot einer großen Skisprungnation vorliege. „Es war ein Schock, wir sind alle menschlich verletzt und fühlen uns ein bisschen betrogen“, sagte Frankreichs Sportdirektor Jerome Laheurte.
Als Österreichs Nationaltrainer war Kuttin 2018 nach vier glücklosen Jahren zurückgetreten – auch in Austria hatte der Kärntner teils beißende Kritik hinnehmen müssen.
Horst Hüttel, Teammanager der deutschen Nationalmannschaft, war erfreut über die Verpflichtung: „Mit Kuttin konnten wir einen ausgewiesenen Fachmann und erfahrenen Skisprungtrainer für die WeltcupMannschaft verpflichten. Das Trainerteam um Hermann Weinbuch, Kai Bracht und Heinz Kuttin besitzt hohe Fachkompetenz und große Erfahrung. Davon sollten alle Athleten profitieren können.“
Kuttin hatte bereits von 2006 bis 2008 den B-Kader der deutschen Spezialspringer trainiert und auf die Beförderung zum Coach des ATeams gehofft. Dieser Job ging aber an Kuttins Landsmann Werner Schuster, der die DSV-Adler zurück in die Weltspitze führte – Kuttin verließ den Verband.
Sein neuer Chef Weinbuch (60) ist seit 1996 Bundestrainer und feierte riesige Erfolge. Eigentlich galt als ausgemacht, dass der viermalige Weltmeister Ackermann den großen Weinbuch einmal beerben sollte. „Ackermann wird Bundestrainer“, hatte der DSV schon im September 2011 auf seiner Homepage verkündet, er „soll nach den Olympischen Spielen 2014 im russischen Sotschi Hermann Weinbuch ablösen“. Sechs Jahre nach Sotschi geht Ackermann, der die Schwächen von Eric Frenzel, Johannes Rydzek und Co. auf der Schanze nicht in den Griff bekam, nun sogar vor Weinbuch.
„Das Potenzial der Mannschaft ist sehr groß. Ich glaube, dass dieses Potenzial mit einer neuen Ansprache durch neue handelnde Personen wieder stärker zur Geltung gebracht werden kann. Daher habe ich mich entschieden, den Weg für eine Veränderung im Trainerteam freizumachen“, sagte Ackermann, der in anderer Funktion in den DSV eingebunden werden soll. Aktuell sind Sepp Buchner, Sportlicher Leiter Nordische Kombination und Skisprung im DSV, und Ackermann in intensiven
Gesprächen. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Ronny sein über neun Jahre im Weltcup gesammeltes Know-how auch künftig im Verband einbringen würde“, sagte Buchner.
Rydzek, der unter Ackermann sechsmal Weltmeister wurde, fand warme Worte: „Inspiration, Vorbild, Trainer und Wegbegleiter – lieber Ronny, vielen Dank für alles, was Du für mich in den letzten 15 Jahren gewesen bist. Ohne Dich wären meine Erfolge so nicht möglich gewesen“, schrieb er bei Facebook.
Der Ex-Weltcupspringer Maximilian Mechler aus Isny übernimmt derweil als Honorartrainer Verantwortung für die Lehrgangsgruppe 1b (LG1b) der Frauen. Der 36-Jährige wird am Bundesstützpunkt in Oberstdorf sowie bei Lehrgangs- und Wettkampfmaßnahmen vorwiegend im Continentalcup tätig sein.
„Wir freuen uns sehr, dass wir Maximilian für diese wichtige Schnittstellenfunktion im Gesamtsystem zwischen der LG1a und der LG2a gewinnen konnten“, sagte Buchner. „Maximilian verfügt als ehemaliger Aktiver auf WeltcupEbene über ein großes SkisprungKnow-how. Darüber hinaus hat er die DSV-Trainerschule erfolgreich absolviert und bereits in den letzten Jahren als Trainer am Regionalstützpunkt in Isny viele Athleten entwickeln können. Wir sehen es daher als eine große Bereicherung für unser Gesamtsystem, Maximilian verpflichtet zu haben."