Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Lamm im Kau schließt nach 100 Jahren als Familienbe­trieb

Seit 1919 haben Kiechles die Wirtschaft betrieben, zuletzt in dritter Generation – Gasthaus war weit über die Region hinaus bekannt

- Von Mark Hildebrand­t

KAU - Fast 38 Jahre lang haben Reinhard und Petra Kiechle das Gasthaus Lamm im Kau geführt. Im Juni 1982 übernahm der Koch zusammen mit seiner Frau den elterliche­n Betrieb. In der Folgezeit wurde das Restaurant weit über die Region hinaus bekannt. Seit ein paar Tagen hat das Lamm nun geschlosse­n und öffnet auch nicht mehr. Der Tod von Reinhard Kiechle im Februar führte nun Ende Mai letztendli­ch zum Aus.

Kiechle war als Koch die treibende und entscheide­nde Kraft hinter dem Konzept des Lamm in seiner heutigen Form. Dahinter steckte die Idee einer regionalen Frischküch­e mit oft wechselnde­r Karte. Schon von Anfang an seien beide „mit Herzblut und Vollgas“dabei gewesen, sagt Petra Kiechle. Das Ziel ihres Mannes sei es stets gewesen, „die einfachen Dinge gut zu machen“.

Das machte er mit offensicht­lichem Erfolg: Schon seit Jahren wird das Lamm mit dem Bib Gourmand ausgezeich­net. Obgleich kein Stern, wird dabei eine gute Qualität der Küche vorausgese­tzt. Bei 370 Restaurant­s

in Deutschlan­d weist die Michelin-Redaktion im Jahr 2020 so auf ein besonders gutes Preis-LeistungsV­erhältnis

hin. Zum Vergleich: Insgesamt gibt es rund 71 000 Restaurant­s in Deutschlan­d.

Das Lamm im Kau ist eng mit der Geschichte der Ortschaft verbunden. Zur Wiedereröf­fnung blickte der Redakteur Fritz Maier in der „Schwäbisch­en Zeitung“vom 17. Juli 1982 in einem Artikel auf dessen Vergangenh­eit zurück. Die Tradition des Hauses geht demnach schon auf das 19. Jahrhunder­t zurück. Es wechselte mehrfach den Besitzer, bevor Josef Kiechle 1919 es kaufte und dort eine Bäckerei aufmachte. 1932 kamen eine Gartenlaub­e und eine Kegelbahn hinzu. Im Jahr 1935 war das Lamm das erste Haus in Kau mit einem Telefonans­chluss. 1944 entstanden am Lamm durch Bombenangr­iffe schwere Schäden, es diente später französisc­hen Truppen als Kompaniege­fechtsstan­d. 1958 übernahm Josef Kiechles Sohn Otto den Betrieb, gab die Bäckerei auf und machte das Lamm zu einer reinen Wirtschaft.

Nach hundert Jahren als Familienbe­trieb ist jetzt erst einmal Schluss. Was nun aus dem Gebäude und der Wirtschaft werden wird, kann Petra Kiechle noch nicht sagen.

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FOTO: MARK HILDEBRAND­T

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