Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Rentnerin sorgt sich um Sicherheit in Montfortstraße
75-Jährige stürzt im April und sieht Handlungsbedarf – Stadt: Grundlegende Behebung nur durch Gesamtsanierung
TETTNANG - Jetzt sitzen neun Schrauben in den Knochen: Am letzten Aprilsonntag wollte Filomena Di Palma mittags eigentlich nur die Montfortstraße überqueren. Beim Ortstermin zeigt sie die Stelle, an der sie ins Stolpern kam. Eine Bodenplatte ist defekt, an dem entstehenden Absatz bleibt die Rentnerin mit dem Fuß hängen. Sie stürzt, hat einen Oberarmkopfbruch.
Dass die Montfortstraße nicht in bestem Zustand ist, ist bekannt. Die Stolperfallen und der Flickenteppich waren beispielsweise im Juni 2018 Thema, als Handel, Politik und Verwaltung an einem runden Tisch zusammenkamen. Grund für das Treffen war damals ein Antrag von Grünen und SPD gewesen, das Torschloss am Wochenende von Mai bis September zu sperren. Die Einfahrt sollte weiter über die Schlossstraße möglich sein.
Die Händler waren dagegen. Sie verwiesen darauf, dass die Kunden oft mit dem Auto kämen und sorgten sich um Nachteile. Gleichwohl kam die Frage auf, wie die Aufenthaltsqualität erhöht werden könne. Hier gab es eine Einigung auf mehrere kleinere Maßnahmen, von Sitzbänken über Blumenkübel bis hin zu einheitlichen Ladenöffnungszeiten. Im Zuge der Diskussion kam dann auch die Frage nach der Sanierung der Montfortstraße auf.
Hier war die Aussage von Bürgermeister Bruno Walter seinerzeit, dass sich die Straße nur aufwendig sanieren lasse. Unter dem Straßenpflaster liege eine Betondecke. Der Untergrund sei stark zerstört. Welche Maßnahmen möglich seien, müssten Fachleute klären. Auf der internen Projektliste der Verwaltung stand die Montfortstraße der Aussage
Walters nach im Lauf der nächsten fünf Jahre – vorbehaltlich einer Entscheidung des Gemeinderats.
Filomena Di Palma und ihr Schwiegersohn Michael Vollbrecht sehen jetzt Handlungsbedarf. „Es kann doch nicht sein, dass man Angst haben muss, wenn man über diese Straße läuft“, sagt die 75-Jährige. Sie hat erheblichen Aufwand: Den betroffenen linken Arm kann sie noch nicht wirklich heben. Übungen stehen jetzt auf der Tagesordnung, außerdem braucht sie Hilfe im Haushalt. Manches schafft sie noch allein.
„Zum Glück bin ich Rechtshänderin“, sagt die Rentnerin.
„Wenn jemand stürzt, dann sollte diese Person das bei uns melden“, sagt Judith Maier von der Stadt Tettnang auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Dann könne der Bauhof sich die Stelle anschauen und gegebenenfalls ausbessern. Maier antwortet weiter: „Zum anderen wird der Vorgang zur Schadensabwicklung unserer Versicherung gemeldet.“Kontakt aufgenommen haben die 75-Jährige und ihre Familie nicht. Sie haben Sorge, dass es ein Kampf
David gegen Goliath sei und dass es am Ende so hingedeichselt werde, als sei die Rentnerin selbst schuld.
Die Stadt Tettnang kennt den vorliegenden Fall deswegen nicht, verweist aber allgemein auf zwei Aspekte. Zum einen müsse die Stadt die Verkehrssicherheit gewährleisten. Dabei gehe die Rechtsprechung „von mehreren Zentimetern aus, die eine Vertiefung im Straßenbereich haben darf, um überhaupt haftungsrechtlich relevant zu sein“, so Maier. Bei Schlaglöchern könnten das bis zu 20 Zentimeter sein. Zugleich müssten sich auch Verkehrsteilnehmer auf unterschiedliche Beläge einstellen.
Die Frage, welche Maßnahmen die Stadt in der Montfortstraße ergreift, antwortet Maier: „Die Pflasterflächen werden regelmäßig vom Bauhof kontrolliert sowie schadhafte Stellen möglichst rasch ausgebessert.“Allerdings habe sich die Form der Reparatur mittlerweile verändert. Eine Wiederbefestigung in Pflasterbauweise habe zur Folge gehabt, „dass die Pflasterbereiche innerhalb kurzer Zeit wieder schadhaft waren“. Deswegen sei man dazu übergegangen, die schadhaften Stellen mit Kaltasphalt aufzufüllen.
Der Grund für die Anfälligkeit ist laut Stadt die sogenannte „gebundene Bauweise“. Der Untergrund besteht aus Beton oder Zementmörtel und ist dabei mit dem Pflaster fest verbunden. Durch die „hohen Scherkräfte“komme es häufig zu Pflasterschäden, „wobei sich ganze Pflastersteine und -platten lösen“. Auch sei das Pflaster nicht frostsicher, was zu Abplatzungen führe.
Unabhängig vom Fall Filomena Di Palma steht die Montfortstraße beispielsweise auch beim Stadtseniorenrat bei dessen nächster Sitzung am Mittwoch, 24. Juni, um 16 Uhr im Hotel Ritter auf der Tagesordnung, wie dessen Vorsitzender Siegfried Brugger sagt. Das Thema kommt aus dem Gremium selbst, wie er äußert. Inhaltlich wollte er sich nicht äußern, um der Diskussion im Stadtseniorenrat nicht vorzugreifen.
Eine schnelle Lösung sieht die Stadt Tettnang erst einmal nicht. Die Straße sei „unzweifelhaft in vielen Bereichen in einem schlechten Zustand“, so Maier auf die Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Das aber könne nur durch eine Gesamtsanierung behoben werden. Darüber müsste der Gemeinderat befinden.