Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Küchenschlacht in Spanien
Zwischen überkochendem Spätzleswasser und in Butter brutzelnden Zwiebeln versuche ich verzweifelt, ja nichts anbrennen zu lassen. Wir befinden uns in Spanien und es ist ewig her, dass ich zuletzt Kässpätzle gegessen habe. Die Tatsache, dass man auch hier zunehmend Maultäschle (Mundschutz auf Schwäbisch) zu Gesicht bekommt, hat wohl irgendetwas in mir ausgelöst.
Ganz plötzlich verspürte ich einen enormen Heißhunger auf schwäbische Spezialitäten. Blöd nur, dass weder Spätzleshobel noch Spätzlespresse zu Hand sind. Doch Not macht erfinderisch – und ein einfaches Holzbrett samt Messer tut’s doch auch. Dann also Kässpätzle auf die traditionelle Art und Weise. Wobei hier Tradition auf Moderne trifft, denn parallel gibt es Live-Instruktionen per Skype aus dem Schwabenland.
Ausrufe wie „Mehr Määähl!” müssen dann natürlich auch noch simultan ins Spanische übersetzt werden, was das Multitasking somit perfekt macht. Die Küche ähnelt inzwischen einem Schlachtfeld, was daran liegen könnte, dass mehr Teig neben als im Topf gelandet ist. Und der Teig, der es tatsächlich in das kochende Wasser geschafft hat, hat teilweise eine etwas unkonventionelle Form.
Kleine feine Spätzle ist wohl keine allzu treffende Beschreibung. Riesige, klumpige Spatzen bringen es schon besser auf den Punkt. Aber was soll’s. Wichtig sind doch die inneren Werte, sprich der Geschmack. Äußerlichkeiten sind Nebensache. Nach zweistündiger Küchenschlacht ist die Spätzlesproduktion beendet und das Werk vollbracht.
Und während sich die Käsefaden in unendliche Längen ziehen, mir ein himmlisch deftiger Geruch in die Nase steigt und die Zwiebeln alles in ein goldgelb schimmerndes Licht tauchen, schließe ich genüsslich die Augen. Diese Spatzen schmecken definitiv nach Heimat. Und wenn ich ganz leise bin, dann höre ich es lachen.
Mein Schwabenherz.