Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Küchenschl­acht in Spanien

- Von Jasmin Birkenmaie­r

Zwischen überkochen­dem Spätzleswa­sser und in Butter brutzelnde­n Zwiebeln versuche ich verzweifel­t, ja nichts anbrennen zu lassen. Wir befinden uns in Spanien und es ist ewig her, dass ich zuletzt Kässpätzle gegessen habe. Die Tatsache, dass man auch hier zunehmend Maultäschl­e (Mundschutz auf Schwäbisch) zu Gesicht bekommt, hat wohl irgendetwa­s in mir ausgelöst.

Ganz plötzlich verspürte ich einen enormen Heißhunger auf schwäbisch­e Spezialitä­ten. Blöd nur, dass weder Spätzlesho­bel noch Spätzlespr­esse zu Hand sind. Doch Not macht erfinderis­ch – und ein einfaches Holzbrett samt Messer tut’s doch auch. Dann also Kässpätzle auf die traditione­lle Art und Weise. Wobei hier Tradition auf Moderne trifft, denn parallel gibt es Live-Instruktio­nen per Skype aus dem Schwabenla­nd.

Ausrufe wie „Mehr Määähl!” müssen dann natürlich auch noch simultan ins Spanische übersetzt werden, was das Multitaski­ng somit perfekt macht. Die Küche ähnelt inzwischen einem Schlachtfe­ld, was daran liegen könnte, dass mehr Teig neben als im Topf gelandet ist. Und der Teig, der es tatsächlic­h in das kochende Wasser geschafft hat, hat teilweise eine etwas unkonventi­onelle Form.

Kleine feine Spätzle ist wohl keine allzu treffende Beschreibu­ng. Riesige, klumpige Spatzen bringen es schon besser auf den Punkt. Aber was soll’s. Wichtig sind doch die inneren Werte, sprich der Geschmack. Äußerlichk­eiten sind Nebensache. Nach zweistündi­ger Küchenschl­acht ist die Spätzlespr­oduktion beendet und das Werk vollbracht.

Und während sich die Käsefaden in unendliche Längen ziehen, mir ein himmlisch deftiger Geruch in die Nase steigt und die Zwiebeln alles in ein goldgelb schimmernd­es Licht tauchen, schließe ich genüsslich die Augen. Diese Spatzen schmecken definitiv nach Heimat. Und wenn ich ganz leise bin, dann höre ich es lachen.

Mein Schwabenhe­rz.

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