Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kreistag setzt Zeichen für Ausbau der Gürtelbahn
Planungskosten steigen kräftig – 50 Millionen Euro könnten bei Kommunen hängen bleiben
ETTENKIRCH - Trotz stark gestiegener Kosten, trotz coronabedingt drohender knapper Kassen: Der Kreistag des Bodenseekreises hat am Donnerstag ein starkes Zeichen gesetzt für Ausbau und Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn zwischen Friedrichshafen und Radolfzell. Einhellig wurden die Ausbaupläne des Interessenverbandes Bodenseegürtelbahn begrüßt. Unklar ist weiter, wie stark sich das Land an den Planungskosten beteiligt. Am Ende könnten bei dem Projekt bis zu 50 Millionen Euro auf kommunaler Ebene hängen bleiben.
„Ich halte nichts von Salamitaktik“, sagte Wilfried Franke, der Geschäftsführer des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn am Donnerstag im Kreistag. Stückchenweises auftischen der teuren Realität sei nicht seine Sache. Man müsse von vornherein wissen, „um was es geht, welche Infrastruktur man brauche und was das kostet“. Deshalb: 280 Millionen Euro Baukosten plus 70 Millionen Planungskosten, macht 350 Millionen Euro. Dafür gibt es die sogenannte Vorzugsvariante beim Ausbau, das heißt stündlich ein schneller Zug plus halbstündlich ein langsamer Zug auf der elektrifizierten Strecke zwischen Friedrichshafen und Radolfzell. Vier zweite Gleisabschnitte müssen dafür gebaut werden. Die Referenzvariante mit nur einem langsamen und einem schnellen Zug käme rund 100 Millionen Euro günstiger.
Weiterhin zuversichtlich ist Franke, was die Finanzierung der 280 Millionen Euro Baukosten betrifft. Laut den neuen Förderrichtlinien im Zuge des Klimapakets der Bundesregierung (GVFG-Bundesprogramm) soll der Bund 75 Prozent davon übernehmen. Weiterhin gehe man von einer Landesförderung von 20 Prozent aus. So dass „nur“fünf Prozent auf kommunaler Ebene hängen bleiben, also 14 Millionen Euro. Franke stellte außerdem die Möglichkeit in Aussicht, dass der Bund den Anteil der Elektrifizierung (91,8 Millionen Euro) sogar zu 90 Prozent übernehmen könnte.
Das größere Problem sind die Planungskosten von 70 Millionen Euro. Angesetzt hat Franke hier 25 Prozent der Baukosten. „Das klingt hoch, ist aber realistisch“, sagte der Geschäftsführer. Die Zahlen orientieren sich an der aktuellen „Hochpreisphase“und seien mit den Projekten Südbahn und Hochrheinbahn abgeglichen. Allein für die Planungsphasen eins und zwei sind die Kosten laut Franke von ursprünglich geplanten (und vom Kreistag abgesegneten) 3,8 Millionen um 6,7 Millionen auf jetzt 10,5 Millionen Euro gestiegen. Das Land hat bisher nur einen 25-prozentigen Zuschuss zugesagt. Wie hoch die Planungskosten insgesamt genau sind, wird man erst am Ende des Projekts sehen: Abgerechnet werde erst in rund 15 Jahren. So lange wird es laut Wilfried Franke dauern, bis die ersten Züge mit Strom über die Bodenseegürtelbahn fahren. Zehn Jahre Planung und mindestens vier Jahre Bauzeit werden veranschlagt.
Laut Landrat Lothar Wölfle laufen derzeit noch die Verhandlungen zwischen Verkehrs- und Finanzministerium in Stuttgart, was die Übernahme der Planungskosten betrifft. Das Verkehrsministerium will dem Interessenverband dabei stärker entgegenkommen, das Finanzministerium nicht. 40 bis 50 Millionen Euro könnten laut Wölfle auf kommunaler Ebene hängen bleiben, „für eine Aufgabe, für die wir nicht zuständig sind“. Aufgeteilt nach einem Schlüssel zwischen dem Landkreis Konstanz und dem dem Bodenseekreis und den betroffenen Kommunen. Letztlich handelt es sich um das Schienennetz der Bahn, die eine Tochter des Bundes ist.
Eigentlich hätte der Bericht Frankes vom Gremium nur zur Kenntnis genommen werden sollen. Auf gemeinsamen Antrag von Freien Wählern, CDU, SPD und FDP wurde dann doch noch über vier Punkte abgestimmt. Der Kreistag erklärte dabei „Ausbau und Elektrifizierung zur bedeutenden infrastrukturellen Maßnahme des öffentlichen Verkehrs“und die Bereitschaft, dass der Bodenseekreis sich grundsätzlich an weiteren Planungskosten beteiligen wird. Er beauftragte die Verwaltung, die Verhandlungen mit dem Land über die Planungskosten fortzuführen und dass deren Abschluss ein Kostenund Finanzierungsvorschlag vorgelegt wird. Der Beschluss fiel einstimmig, alle Fraktionen begrüßten die Ausbaupläne (siehe Kasten links).