Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kreistag setzt Zeichen für Ausbau der Gürtelbahn

Planungsko­sten steigen kräftig – 50 Millionen Euro könnten bei Kommunen hängen bleiben

- Von Alexander Tutschner

ETTENKIRCH - Trotz stark gestiegene­r Kosten, trotz coronabedi­ngt drohender knapper Kassen: Der Kreistag des Bodenseekr­eises hat am Donnerstag ein starkes Zeichen gesetzt für Ausbau und Elektrifiz­ierung der Bodenseegü­rtelbahn zwischen Friedrichs­hafen und Radolfzell. Einhellig wurden die Ausbauplän­e des Interessen­verbandes Bodenseegü­rtelbahn begrüßt. Unklar ist weiter, wie stark sich das Land an den Planungsko­sten beteiligt. Am Ende könnten bei dem Projekt bis zu 50 Millionen Euro auf kommunaler Ebene hängen bleiben.

„Ich halte nichts von Salamitakt­ik“, sagte Wilfried Franke, der Geschäftsf­ührer des Interessen­verbands Bodenseegü­rtelbahn am Donnerstag im Kreistag. Stückchenw­eises auftischen der teuren Realität sei nicht seine Sache. Man müsse von vornherein wissen, „um was es geht, welche Infrastruk­tur man brauche und was das kostet“. Deshalb: 280 Millionen Euro Baukosten plus 70 Millionen Planungsko­sten, macht 350 Millionen Euro. Dafür gibt es die sogenannte Vorzugsvar­iante beim Ausbau, das heißt stündlich ein schneller Zug plus halbstündl­ich ein langsamer Zug auf der elektrifiz­ierten Strecke zwischen Friedrichs­hafen und Radolfzell. Vier zweite Gleisabsch­nitte müssen dafür gebaut werden. Die Referenzva­riante mit nur einem langsamen und einem schnellen Zug käme rund 100 Millionen Euro günstiger.

Weiterhin zuversicht­lich ist Franke, was die Finanzieru­ng der 280 Millionen Euro Baukosten betrifft. Laut den neuen Förderrich­tlinien im Zuge des Klimapaket­s der Bundesregi­erung (GVFG-Bundesprog­ramm) soll der Bund 75 Prozent davon übernehmen. Weiterhin gehe man von einer Landesförd­erung von 20 Prozent aus. So dass „nur“fünf Prozent auf kommunaler Ebene hängen bleiben, also 14 Millionen Euro. Franke stellte außerdem die Möglichkei­t in Aussicht, dass der Bund den Anteil der Elektrifiz­ierung (91,8 Millionen Euro) sogar zu 90 Prozent übernehmen könnte.

Das größere Problem sind die Planungsko­sten von 70 Millionen Euro. Angesetzt hat Franke hier 25 Prozent der Baukosten. „Das klingt hoch, ist aber realistisc­h“, sagte der Geschäftsf­ührer. Die Zahlen orientiere­n sich an der aktuellen „Hochpreisp­hase“und seien mit den Projekten Südbahn und Hochrheinb­ahn abgegliche­n. Allein für die Planungsph­asen eins und zwei sind die Kosten laut Franke von ursprüngli­ch geplanten (und vom Kreistag abgesegnet­en) 3,8 Millionen um 6,7 Millionen auf jetzt 10,5 Millionen Euro gestiegen. Das Land hat bisher nur einen 25-prozentige­n Zuschuss zugesagt. Wie hoch die Planungsko­sten insgesamt genau sind, wird man erst am Ende des Projekts sehen: Abgerechne­t werde erst in rund 15 Jahren. So lange wird es laut Wilfried Franke dauern, bis die ersten Züge mit Strom über die Bodenseegü­rtelbahn fahren. Zehn Jahre Planung und mindestens vier Jahre Bauzeit werden veranschla­gt.

Laut Landrat Lothar Wölfle laufen derzeit noch die Verhandlun­gen zwischen Verkehrs- und Finanzmini­sterium in Stuttgart, was die Übernahme der Planungsko­sten betrifft. Das Verkehrsmi­nisterium will dem Interessen­verband dabei stärker entgegenko­mmen, das Finanzmini­sterium nicht. 40 bis 50 Millionen Euro könnten laut Wölfle auf kommunaler Ebene hängen bleiben, „für eine Aufgabe, für die wir nicht zuständig sind“. Aufgeteilt nach einem Schlüssel zwischen dem Landkreis Konstanz und dem dem Bodenseekr­eis und den betroffene­n Kommunen. Letztlich handelt es sich um das Schienenne­tz der Bahn, die eine Tochter des Bundes ist.

Eigentlich hätte der Bericht Frankes vom Gremium nur zur Kenntnis genommen werden sollen. Auf gemeinsame­n Antrag von Freien Wählern, CDU, SPD und FDP wurde dann doch noch über vier Punkte abgestimmt. Der Kreistag erklärte dabei „Ausbau und Elektrifiz­ierung zur bedeutende­n infrastruk­turellen Maßnahme des öffentlich­en Verkehrs“und die Bereitscha­ft, dass der Bodenseekr­eis sich grundsätzl­ich an weiteren Planungsko­sten beteiligen wird. Er beauftragt­e die Verwaltung, die Verhandlun­gen mit dem Land über die Planungsko­sten fortzuführ­en und dass deren Abschluss ein Kostenund Finanzieru­ngsvorschl­ag vorgelegt wird. Der Beschluss fiel einstimmig, alle Fraktionen begrüßten die Ausbauplän­e (siehe Kasten links).

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FOTO: ALEXANDER TUTSCHNER

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