Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gewalt und Platzmangel bremsen aus
Landratsamt fährt den Betrieb nur schrittweise hoch – Bürger brauchen weiter Termine
FRIEDRICHSHAFEN - Trotz der rückläufigen Zahl an Corona-Infektionen wird der Betrieb im Landratsamt nur schrittweise wieder hochgefahren. Die Bürger müssen sich weiter Termine geben lassen, um ihre Anliegen zu erledigen. Das sagte Landrat Lothar Wölfle in der Kreistagssitzung vom Donnerstag in Ettenkirch. Als Gründe nannte er, dass Abstandsregeln aufgrund der engen Bürosituation in den Landratsamtsgebäuden nicht eingehalten werden können und noch zu klärende Sicherheitsfragen.
Man biete jetzt wieder mehr Termine an, sagte Wölfle zwar. Aber im
Landratsamt werde aufgrund des Platzmangels auf engem Raum zusammengearbeitet. Er nannte etwa das Beispiel von sogenannten „Cubes“, die zusätzlich aufgestellt wurden. Der Mindestabstand könne oft nicht eingehalten werden und so müssten viele Mitarbeiter der Verwaltung noch im Homeoffice arbeiten.
Als zweiten Grund für die nur schrittweise Rückkehr zum Normalbetrieb nannte Wölfe auch die Sicherheitsfrage. Man habe unlängst ungebetenen Besuch gehabt von einem gewalttätigen Menschen. Der habe fünf kopfgroße Steine durch das Verbundglas eines Fensters im Landratsamt geschleudert. Eine Kollegin
habe Glück gehabt, dass sie nicht getroffen worden sei. Ein Stein sei im Regal neben dem Kopierer eingeschlagen, wo die Kollegin gestanden sei. Wölfle verwies auf Vorkommnisse in den Jobcentern Rottweil oder Duisburg, wo es ebenfalls Gewalt gegen die Mitarbeiter gegeben hatte. „Das macht etwas mit den Menschen“, sagte Wölfle. Deshalb arbeite man weiterhin mit einem Sicherheitsdienst. „Wir tasten uns langsam ran und bitten um Verständnis bei der Bevölkerung“, sagte der Landrat.
Im Zuge der abnehmenden Corona-Infektionen wird aber der Betrieb im Gesundheitsamt etwas zurückgefahren. Ein viertel Jahr sei man hier im Sieben-Tage-Dienst gewesen. Am Wochenende sei jetzt wieder der ärztliche Notdienst zuständig. Wölfle kündigte an, dass gerade 50 Mitarbeiter für die Arbeit rund um das Thema Corona geschult werden. Die, die bisher etwa für die Hotline zuständig waren, könnten dann an ihre normalen Stellen zurückkehren.
Wölfle stellte im Kreistag die aktuelle Situation bei den Infektionen dar. Zwei Tage sei man im Bodenseekreis zuletzt ganz ohne Coronafall gewesen, am Donnerstag habe es aber wieder eine nachgewiesene Infektion gegeben. Gemäß den Zahlen des Robert-Koch-Instituts komme man im Kreis gut weg, was die Infektionsrate betreffe. Nur der Stadtkreis Karlsruhe habe im Land noch bessere Zahlen, im Regierungspräsidium steht der Bodenseekreis am besten da. Wölfle verwies noch einmal darauf, dass nach den Lockerungen der Beschränkungen das Infektionsgeschehen vor Ort stärker in den Fokus gerät. Von 50 Neuinfektionen pro Woche pro 100 000 Einwohnern sei man aber weit entfernt. Ab dieser Grenze müssten gegebenenfalls bei einem diffusen Infektionsgeschehen lokale Maßnahmen ergriffen werden. Eine Maskenpflicht für den Landkreis sei denkbar. Der höchste Wert im Bodenseereis in dieser Statistik
sei 2,8 gewesen. Aber: „Wir sind darauf eingestellt, dass morgen wieder etwas passieren kann“, sagte Wölfle.