Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Anmeldung fällt in die Ferien
Was Familien von künftigen Berufsschülern bei der Urlaubsplanung beachten sollten
STUTTGART - Für viele Schüler und Eltern kam der Schock Ende vergangener Woche: Der Anmeldetag für berufliche Gymnasien und Berufskollegs fällt in die Sommerferien. Dieser findet wegen der CoronaPandemie in diesem Jahr verspätet statt. Was tun, wenn da bereits Urlaub gebucht ist? Das Kultusministerium beschwichtigt: Niemand müsse eine Reise stornieren.
Wer nach den Sommerferien neu an einer beruflichen Schule lernen möchte, hat sich dafür bereits bis März gemeldet. Das sogenannte Bewerberverfahren Online – kurz: Bewo – macht dies seit diesem Jahr in ganz Baden-Württemberg einfach. Das System wurde nach und nach in den Regierungspräsidien eingeführt, als letztes kam in diesem Jahr der Regierungsbezirk Freiburg dazu. Wie viele Bewerber in diesem Jahr über das Portal einen Schulplatz zugewiesen bekommen, könne noch nicht beziffert werden, sagt ein Sprecher des Kultusministeriums. Zum aktuellen Schuljahr seien knapp 42 000 Schüler in die entsprechenden Bildungsgänge gestartet: 22 500 an Berufskollegs und rund 19 100 an beruflichen Gymnasien.
Schon im März haben die Bewerber vorläufig einen Platz zugewiesen bekommen. Wenn sie diesen haben möchten, müssen sie der Schule spätestens Ende Juli ihr Zeugnis oder eine beglaubigte Kopie vorlegen. Die Zeit ist knapp bemessen, wie ein Sprecher des Kultusministeriums erklärt. Denn die mündlichen Prüfungen an Real- und Werkrealschulen sind wegen der Corona-Krise auf die Zeit zwischen dem 20. und 29. Juli verschoben. Der 29. Juli ist der letzte Schultag vor den Sommerferien.
„Erst wenn alle Zeugnisse vorliegen, kann der Verteilungsschritt aktiviert werden im Bewo“, sagt Thomas Speck, Landeschef des Berufsschullehrerverbands (BLV). „Weil die Zeugnisse dieses Jahr erst viel später kommen können, hat sich der Termin nach hinten verschoben.“
Der tatsächliche Anmeldetag an den beruflichen Schulen fällt auf den 7. August – den Freitag in der ersten vollen Ferienwoche. So steht es in einer automatisierten E-Mail, die vergangenen Donnerstag an die Bewerber verschickt wurde. In den sozialen Medien äußern betroffene Familien
seitdem ihren Unmut dazu. „Warum konnte man für die Anmeldung (...) keine zwei Termine machen? Viele sind am 7.8. schon im Urlaub, jetzt müssen die Kinder an diesem Tag aber persönlich in der Schule erscheinen“, wendet sich eine Facebook-Nutzerin an Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ganz direkt und mahnt: „Keiner wird einem die Stornierungsgebühren in diesem Fall übernehmen.“
Ein Sprecher Eisenmanns beschwichtigt: „Die Schüler müssen nicht vor Ort sein“, sagt er. „In diesem Jahr geht das grundsätzlich digital.“Heißt: Die Schüler müssen sich nicht persönlich bei der Schule anmelden. Die Anmeldung könne online passieren – selbst dann, wenn die Schule sich wünscht, dass der Schüler persönlich vorbeikommt.
Der oberste Elternvertreter im Land Carsten Rees begrüßt das Prozedere. Schließlich müssten auch Nachrücker schnell Bescheid wissen, falls ein Schüler seinen zugewiesenen Platz nicht annehmen möchte. Das betont auch BLV-Landeschef Speck. „Auch die Lehrer bekommen erst ganz spät die Info, welche Klassen gebildet werden können.“Das erfordere nicht nur in den Sekretariaten, sondern auch in der Lehrerschaft viel Arbeit während der Ferien. Speck fordert deshalb, in diesem Jahr die sogenannte Regionale Schulentwicklung auszusetzen. Diese dient den Regierungspräsidien unter anderem dazu, Kleinstklassen zu vermeiden und Schüler notfalls auf andere Schulen zu verteilen. „Ich hoffe, dass das Kultusministerium die Regierungspräsidien anweist, im Zweifel zuzulassen, dass auch mal eine kleinere Klasse an einer Schule bestehen kann“, so Speck.
Noch ungeklärt bleibt derweil, wie der Unterricht nach den Sommerferien starten soll. Die SPD im Stuttgarter Landtag forderte am Dienstag von Eisenmann dazu ein
Konzept und hat eigene Vorschläge vorgelegt. Wöchentliche Tests der Lehrer auf das Coronavirus gehören etwa dazu, ebenso mehr Schulsozialarbeit, eine bessere Anbindung der Schulen ans schnelle Internet und digitale Endgeräte für Lehrer und Schüler. Zudem müssten die Lehrer für den digitalen Unterricht geschult werden. Im Zweifel müssten auch die Bildungspläne entschlackt werden.
Die Vorschläge enthielten wenig Neues, entgegnete Kultusministerin Eisenmann. Vieles davon sei bereits in Planung. Doch auch nach den Sommerferien sei es wohl nicht möglich, alle Schüler zurück in die Klassenräume zu holen und zugleich die Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. „Bereits seit Längerem arbeiten wir deshalb in Abstimmung mit anderen Bundesländern an Konzepten, mit denen wir eine optimale Verzahnung von Präsenz- und Fernunterricht erreichen wollen“, so Eisenmann.