Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Oberbürger­meister fordern Konsequenz­en aus Krawallen

Die Stadtoberh­äupter Palmer, Arnold und Klopfer wünschen sich anderen Umgang mit jungen Flüchtling­en

- Von Katja Korf

STUTTGART - Nach den Krawallen in Stuttgart und Frankfurt fordern die Oberbürger­meister von Tübingen, Schwäbisch Gmünd und Schorndorf Konsequenz­en im Umgang mit Flüchtling­en. So brauchten junge Männer bessere Perspektiv­en, anderersei­ts müssten Straftäter abseits der Städte untergebra­cht werden.

In der Landeshaup­tstadt hatten Ende Juni Hunderte vor allem junge Männer randaliert, Polizisten verletzt und Geschäfte geplündert. Es sei kein Zufall, dass neun von 24 Festgenomm­enen als Asylbewerb­er ins Land gekommen seien. Eine kleine, gewaltbere­ite Gruppe junger Flüchtling­e mache längst nicht nur in den Ballungsze­ntren, sondern auch in Baden-Württember­gs Mittelstäd­ten Probleme. Das beklagen die Stadtoberh­äupter in einem offenen Brief an Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) und Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU). Die Autoren Boris Palmer (Grüne/Tübingen), Richard Arnold (Schwäbisch Gmünd/CDU) und Matthias Klopfer (Schorndorf/SPD) schreiben, selbst im Alltag beobachtet­en sie seit Längerem „Provokatio­n, mangelnde Kommunikat­ionsfähigk­eit, ein unverschäm­tes Rotzbuben-Gehabe und pure Gewaltbere­itschaft“besonders von jungen Männern. Das sei nicht länger hinnehmbar.

Sie machen als Mitverantw­ortliche dafür junge Flüchtling­e aus. Unter

ihnen gebe es eine kleine Gruppe, die besonders oft an schweren Straftaten „insbesonde­re der sexuellen Gewalt und Körperverl­etzung“beteiligt sei. Das seien keineswegs nur Einzelfäll­e.

Gleichzeit­ig warnen die Oberbürger­meister vor Pauschalur­teilen. Man komme weder mit „dumpfer Brandmarku­ng junger Menschen als fanatisier­te, marodieren­de Ausländerh­orden“weiter noch mit „von der eigenen Moral berauschte­n sozialpäda­gogischen Betreuungs­romantik“.

Konkret fordern die Oberbürger­meister drei Dinge, für die sich die Landesregi­erung einsetzen soll. Erstens

brauche es bessere Perspektiv­en für junge Männer, deren Asylantrag abgelehnt worden ist oder die noch auf einen Bescheid warten. Erstere werden oft geduldet, weil sie nicht in ihre Heimat abgeschobe­n werden können. Solche Menschen dürfen nicht arbeiten. Asylbewerb­er können nur einen Job ausüben, wenn sie Chancen auf Anerkennun­g haben. Für diese Zielgruppe­n verlangen die drei OB neue rechtliche Möglichkei­ten. Die Städte bräuchten die Möglichkei­t, Asylbewerb­er zu solchen Tätigkeite­n verpflicht­en zu können. Wer sich bewährt, eine Ausbildung absolviert oder eine Stelle findet, sollte einfacher als heute die Chance bekommen, ein Aufenthalt­srecht zu erwerben. „Junge Männer brauchen Leistungsa­nreize statt Trübsal und Langeweile“, heißt es in dem Brief.

Zweitens fordern die Autoren mehr Härte gegen auffällige Asylbewerb­er. Sie sollen zeitweise nicht mehr in Städten wohnen dürfen, sondern müssen zurück in eine der Erstaufnah­meeinricht­ungen (LEA). Dort seien die Flüchtling­e besser zu überwachen. Einen ähnlichen, etwas weitergehe­nden Vorstoß hatten Palmer und Arnold nach der Massenverg­ewaltigung von Freiburg unternomme­n. Damals scheiterte­n sie an verfassung­srechtlich­en Bedenken im Stuttgarte­r Innenminis­terium ebenso wie am Widerstand bei Teilen der Grünen. Eigentlich dürfen Asylbewerb­er höchstens 18 Monate in den relativ beengten LEAs bleiben, danach sollen sie aus humanitäre­n Gründen mehr Platz in der Anschlussu­nterbringu­ng in den Landkreise­n bekommen.

Drittens befürworte­n die OB eine Dienstpfli­cht für junge Menschen in Deutschlan­d, egal welcher Herkunft. Schließlic­h sei die Mehrheit der „Krawallbrü­der“von Stuttgart keine Geflüchtet­en. Um sie in die Gesellscha­ft zu integriere­n, brauche es ein soziales Training. Dieses finde heute an andere Stelle offenbar nicht mehr ausreichen­d statt. Daher brauche es einen Pflichtdie­nst für alle, etwa bei der Bundeswehr, bei sozialen Einrichtun­gen oder Vereinen.

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FOTO: JULIAN RETTIG/DPA Vor gut einem Monat verwüstete­n gewalttäti­ge Kleingrupp­en die Innenstadt Stuttgarts – darunter waren viele junge Männer.

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