Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wie ein Tettnanger seinen Kinofilm vermarktet
Hans Günter Grenouillet setzt bei „Schatten im Paradies“auf Amazon, DVDs und das Schweizer Fernsehen
TETTNANG - Mit „Schatten über dem Bodensee“hat Hans Günter Grenouillet von Tettnang aus einen Kinofilm in etliche Säle in der Region gebracht. Die Premiere der Fortsetzung fiel im Mai wegen Corona aus, soll aber im Herbst oder Winter folgen. Wenn er von den Dreharbeiten erzählt, klingt es ein bisschen nach Abenteuer: Da ist dann für einen Ferrari-Konvoi auch schon mal kurzerhand eine Brücke gesperrt worden. Nun geht der erste Film, in dem auch Matthias Reim mitspielt, mit dem veränderten Titel „Schatten im Paradies“in die Vermarktung. Und auch die entwickelt sich zum Abenteuer. Denn ganz so einfach stellt sich das nicht dar, so Grenouillet.
Er ist der Kopf hinter der Creativ Mediengruppe in Tettnang, die den Film produziert hat. Er schätzt die Gesamtkosten der beiden Filme auf rund 850 000 Euro. Zuerst hatte der Produzent noch versucht, an Mittel der Filmförderung zu kommen. Ein Fehlschlag. Bei der Ablehnung werden keine Gründe genannt. Grenouillet vermutet: „Das Risiko ist bei einer Produktion wie unserer natürlich erheblicher als bei einem TilSchweiger-Film.“
Dabei war Grenouillet von der Idee seines Films überzeugt. In vielen Produktionen, sagt er, spielt die Handlung in Innenräumen, auch wenn eine regionale Bezeichnung damit verknüpft ist. Er wollte neben der Geschichte des Films dagegen den Drehort zum Hauptdarsteller machen, den Bodensee. „Oft sieht man sehr wenig von der Gegend, in der die Geschichte spielt.“Nun hätte er die Idee einfach beerdigen können. Aber das wollte er nicht. Seine Erfahrung sei gewesen, dass immer irgendwo eine Tür aufgehe. Mit 30 bis 40 Prozent des Gesamtbudgets stieg er selbst ein und suchte für den Rest der Summe Co-Produzenten. Die Kosten wollte er zudem trotz Schauspielern und professionellen Kameraleuten niedrig halten.
Für große Erleichterung bei der Finanzierung sorgte Arthur „Turi“Breitenmoser. Der Schweizer Rennfahrer und Immobilienunternehmer ist Multimillionär und hat auch eine Nebenrolle. Grenouillet berichtet, wie er Breitenmoser überzeugen konnte. Dabei habe er mit offenen Karten gespielt, dass eben nicht klar sei, ob Investoren ihr Geld wiedersehen würden. Turi Breitenmoser selbst äußert sich in einem Interview im Format Top Talk, er sei quasi „aus der Not heraus“Co-Produzent geworden. Das Konzept hätte ihn im Vorfeld überzeugt, er habe auch gesehen, dass es eine professionelle Produktion sei, spricht „von sensationellen Aufnahmen“.
Die Vorführungen im Kino haben die Kosten nicht ausgeglichen. Doch sie waren wichtig, weil „Schatten im
Paradies“damit wirklich zum Kinofilm geworden ist – was die Vermarktung erleichtert. Für Grenouillet war es auch ein Testlauf, wie gut so ein Film wirklich ankommt. Doch fürs Fernsehen half das noch nicht: Der SWR etwa habe das Werk nicht haben wollen. Derzeit laufen Gespräche mit dem Schweizer Fernsehen. Hier gebe es Interesse, da viele Drehorte in der Schweiz seien – und neben Turi Breitenmoser treten auch weitere bekannte Eidgenossen auf. Und was Grenouillet auf Nachfrage nicht leugnet: Natürlich könnte der SWR auf diesem Umweg später Interesse an dem Film bekommen. Grenouillet ist überzeugt: „Das wäre doch ideal für das Schweizer Fernsehen, aber auch für ORF, SWR und den Bayerischen Rundfunk.“
In der Vermarktung beschreitet er auch weitere Wege. Denn auch Matthias Reim mit seiner Rolle im Film könnte sich als wichtiger Faktor herausstellen. Der ist mittlerweile massiv im Aufwind und will über Social
Media auf die Film-DVD hinweisen. Hier könnte sich Grenouillet vorstellen, dass so mancher Fan den Film gern daheim hätte. Es gibt sogar eine spezielle Edition mit einer Hülle, auf der Reim zu sehen ist. Zudem ist der Film bald im Mediamarkt erhältlich.
Das Interesse an dem Werk sei da, sagt Grenouillet. Die ersten tausend DVDs seien bereits verkauft. Generell sei die Größenordnung entscheidend. Ab 10 000 bis 20 000 DVDs wäre das Projekt refinanziert. Und dort enden die Ideen noch nicht. Derzeit sei er mit Amazon im Gespräch, sagt Grenouillet - dort könnten die Filme dann in der Form einer mehrteiligen Serie laufen. Grenouillet versucht, die Vermarktung auf breite Füße zu stellen. Denn er will auch beweisen, dass diese Art von Film sich trägt.
Die Grundidee: Prominenz wie den Lindauer Schönheitschirurgen Werner Mang oder den von Bares für Rares bekannten Händler Wolfgang Pauritsch einzubinden und einfach sich selbst spielen zu lassen. Hinzu kommen Menschen aus der Region wie der Tettnanger Rechtsanwalt Dieter Nowack – der eben einen Anwalt spielt. Die Handlung tragen Berufsschauspieler wie Hannes Schmid oder Sandra von Bonin.
Wo es ging, versuchte Grenouillet Kosten zu sparen: Statt bei einer Spezialfirma für Tausende Euro einen Streifenwagen als Requisit zu buchen, drehte das Team einfach vor einem echten Fahrzeug am Straßenrand. Anträge bei der Polizei, ein Fahrzeug gezielt in Filmaufnahmen integrieren zu dürfen, wurden zuvor abgelehnt. Damit fünf Ferraris eine Brücke ohne Verkehr passieren konnten, „sperrte“das Team diese kurzerhand, so Grenouillet. Sie hätten mit den Wartenden gesprochen. Die seien bereit gewesen, die Fahrzeuge für die Aufnahmen ohne Verkehr im Konvoi passieren zu lassen.
Die Schwierigkeit sei normalerweise, dass Genehmigungen viel Zeit in Anspruch nehmen würden. Sie hätten darauf vertraut, dass es gut gehe und die Behörden natürlich informiert. Aber bei der nächsten Produktion will Grenouillet anders vorgehen. Das klappe nur bei „Newcomern“, wie er sagt. Ein solcher ist er eigentlich nicht: Er war Senderchef bei Regio TV, hat in Würzburg einen Sender aufgebaut. Und einen Kinofilm hat er Anfang der 1980er auch schon mal gedreht, damals ebenfalls improvisiert: Die Fahrzeuge für die Verfolgungsjagd lieh er sich bei einem Fahrzeugtreffen. Die Liebesgeschichte „Rallye d’Amour“hatte es am Ende dann aber doch nicht in die Kinos geschafft – anders als „Schatten im Paradies“.
Mehr Informationen zum Filmprojekt gibt es im Internet unter www.filmab.info