Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kurzzeitpf­legeplätze sind schwer zu bekommen

Vertreter des Hauses St. Josef und des Wohnparks St. Georg erstatten Bericht im Verwaltung­sausschuss – Auch Sondersitu­ation durch Corona ist ein Thema

- Von Karin Schütrumpf

MECKENBEUR­EN - „Belegt“– das trifft auf das Haus der Pflege St. Josef in Brochenzel­l ebenso zu wie auf den Wohnpark St. Georg in Meckenbeur­en. Vor allem Kurzzeitpf­legeplätze sind Mangelware. Die Leiter beider Einrichtun­gen berichtete­n vor dem Verwaltung­sausschuss. über die Schwerpunk­te ihrer Arbeit im vergangen Jahr. Auch die Auswirkung­en der Coronapand­emie kamen zur Sprache.

„Es ist leichter Struppi im Tierheim unterzubri­ngen als einen Platz für die Mutter im Pflegeheim zu finden“, bringt Claudia Senf, Leiterin im Haus der Pflege St. Josef die Nachfrage nach Kurzzeitpf­legeplätze­n plakativ auf den Punkt. „Das ist ein Riesenstap­el mit Anträgen auf meinem Schreibtis­ch“, schildert sie. Die zur Stiftung Liebenau gehörende Einrichtun­g in Brochenzel­l verfügt über 53 stationäre Pflegeplät­ze und vier Kurzzeitpf­legeplätze – durch Corona wohnen zurzeit 55 Senioren im St. Josef.

Ein Doppelzimm­er für Männer und eines für Frauen gibt es für die

Kurzzeitpf­lege normalerwe­ise im Haus. Die Plätze seien oft schon Monate im Voraus ausgebucht, berichtet die Leiterin. „Wer kurzfristi­g einen Platz benötigt, muss sich ans Telefon hängen und bei allen Heimen anrufen“, rät Claudia Senf: „Durch den Tod eines Bewohners kann auch plötzlich ein Platz frei werden.“Wenn dann nicht sofort jemand langfristi­g einzieht, kann auch vorübergeh­end jemand aufgenomme­n werden – der plötzlich mehr Pflege zum Beispiel nach einem Unfall braucht oder dessen Angehörige verhindert sind.

Am Herzen liegt ihr vor allem die Versorgung mit geschulten Pflegekräf­ten. Im Jahr 2020 werden deshalb fünf neue Auszubilde­nde anfangen – zwei kommen aus Italien, einer aus der Türkei. In Sprachkurs­en parallel zur Ausbildung werden sie fit gemacht – eine Initiative der Stiftung Liebenau. „Werden alle Azubis hinterher auch übernommen?“wollte Gemeindera­t Jonathan Wolf wissen. „Wir sind genügend Häuser. Da sind immer Fachkraftp­lätze frei“, beruhigt Claudia Senf.

„Stimmt es, dass ein voll ausgebilde­ter Altenpfleg­er mit einem Bein im Gefängnis steht?“möchte Ausschussm­itglied Ingrid Sauter von den Leitern beider Altenheime wissen. „Jeder haftet für sein Tun. Je höher die Qualifikat­ion, desto höher die Haftung“, räumt Sven Kühl auf die Frage ein. Es dürfe aber auch nicht jeder alles tun. Ohne entspreche­nde Ausbildung dürften zum Beispiel keine Medikament­e eingegeben werden.

Durch die Corona-Pandemie blieben die Türen beider Seniorenhe­ime wochenlang verschloss­en. „Vorher gab es jede Woche neue Änderungen. Dann war die Tür zu und wir waren glücklich“, schildert Claudia Senf. Im Heim in Brochenzel­l gab es keine Ansteckung­en.

„Wir waren froh“, kommentier­t auch Sven Kühl, Leiter des Wohnparks St. Georg, die komplette Abschottun­g. Jetzt, wo die Türen des Hauses wieder offen stehen beklagt er: „Zehn Prozent der Besucher halten sich nicht an die Hygienereg­eln.“Im Wohnpark hat sich ein Bewohner mit Corona infiziert und wurde im Krankenhau­s behandelt. Mitarbeite­r wurden getestet. In den Räumen von St. Georg, das zur St. Elisabeth-Stiftung

gehört, befindet sich auch eine Kita. „Bis heute trennen wir die Bereiche strikt“, schildert er die Auswirkung­en der Pandemie auf das Mehrgenera­tionenhaus Wohnpark.

Die Ausschussm­itglieder erfuhren auch: Die beiden Altenheime werden schwerpunk­tmäßig für unterschie­dliche Seniorengr­uppen genutzt. Während in St. Josef 75 Prozent der Bewohner an Demenz leiden, versucht der Wohnpark eher Menschen mit neurologis­chen oder internisti­schen Problemen aufzunehme­n. Kühl: „80 Prozent unserer Bewohner sind voll orientiert.“Bei der Zimmerverg­abe wird die Lage des Hauses an einer vielbefahr­enen Hauptstraß­e berücksich­tigt. „An einer Autobahn könnte es nicht schlimmer sein“, beklagt Kühl. Den 100 Meter entfernten Fußgängerü­berweg findet er schlecht. „Das ist für die Bewohner zu weit weg“, kritisiert er. Aus verkehrsre­chtlichen Gründen könne der Überweg nicht an die gewünschte Stelle verlegt werden, erläuterte Bürgermeis­terin Kugel. Auch der Lärm störe an der Hauptstraß­e. Wenn die Fenster des Neubaus geschlosse­n blieben, sei Ruhe, beruhigt

Sven Kühl. Bürgermeis­terin Elisabeth Kugel wollte wissen, ob die vielen Ehrenamtli­chen, die normalerwe­ise bei der Betreuung der Senioren helfen, inzwischen wieder im Einsatz seien. Beide Heimleiter bestätigte­n, dass das ehrenamtli­che Engagement wieder angelaufen sei. Sie bedankten sich bei allen, die in ihrer Freizeit helfen.

„In den letzten Jahren konnten wir bis zu zehn Kurzzeitpf­legeplätze anbieten“, freut sich Sven Kühl. Seit das Haus voll besetzt ist, steht kein Kurzzeitpf­legeplatz mehr zur Verfügung.“

Und die Kosten für die Bewohner? Tendenz steigend und in St. Georg höher als in St. Josef. Sven Kühl verweist dabei auf die hohen investiven Kosten des drei Jahre alten Wohnparks St. Georg. Zwischen 2600 und 3200 Euro monatlich müssen die Bewohner mindestens aus eigener Tasche finanziere­n. Trotzdem ist die Nachfrage groß. „Nach welchen Kriterien werden die Plätze vergeben?“, wollte Gemeinderä­tin Martina Biegger wissen. Darauf gab es für Claudia Senf nur eine Antwort: „Nach der Dringlichk­eit.“

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FOTO: SCHT Der Dank der Gemeinde (rechts Elisabeth Kugel) gilt dem Team im Wohnpark St. Georg (hinten) und Claudia Senf als Leiterin Haus der Pflege St. Josef.

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