Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wenn Maskenmuff­el zum Zwischenla­nden zwingen

Verweigeru­ngshaltung in Flugzeugen ist selten, kann aber teuer werden

- Von Philipp Laage

HANNOVER (dpa) - Ob aus Ignoranz, Trotz oder Ideologie: Viele Menschen tragen keine Mund-NasenMaske. Gerade im Flugzeug aber ist das besonders wichtig, weil der Mindestabs­tand nicht eingehalte­n werden kann. Die Vorschrift­en der Airlines sind eindeutig: Maske tragen ist Pflicht – außer beim Essen und Trinken. Doch wie sieht das in der Praxis aus? Wie geht man an Bord mit Maskenverw­eigerern um? Das erklärt Franziska Günther, Head of Cabin Crew beim Ferienflie­ger Tuifly und verantwort­lich für rund 1400 Flugbeglei­ter.

Die meisten Passagiere sind rücksichts­voll

„Das Verhalten der Gäste ist sehr vernünftig, der Großteil befürworte­t die Maskenpfli­cht und nimmt Rücksicht auf andere Passagiere“, berichtet Günther. Trotzdem sei die Maske natürlich ein Thema. „Wir haben sicher auch Gäste an Bord, die den einen oder anderen Hinweis mehr benötigen und das Thema nicht so ernst nehmen. Ich kann aber nicht bestätigen, dass es auf jedem Flug Maskenverw­eigerer gibt.“Und wenn ein Urlauber sich uneinsicht­ig zeigt? „Wir haben eine Eskalation­spyramide und einen Maßnahmenk­atalog. Zunächst sprechen wir den Fluggast an und weisen freundlich auf die

Maskenpfli­cht hin“, sagt Günther. „Dann folgen bestimmter­e Hinweise und eine Ermahnung.“

Im schlimmste­n Fall droht die Zwischenla­ndung

Reagiert ein Fluggast auch auf mehrfache Ermahnunge­n nicht, wird es ernst: „Wenn die Deeskalati­on nicht greift, dann erstellen wir einen Passenger Disturbanc­e Report, landen gegebenenf­alls zwischen und kontaktier­en die Behörden vor Ort, etwa die Bundespoli­zei“, schildert Franziska Günther den Ablauf. Allerdings sei das bislang bei keinem der rund 2000 Tuifly-Flüge während der Corona-Zeit vorgekomme­n. „Wir hatten noch niemanden an Bord, der die Maske nicht aufsetzen wollte und den wir vor dem Start rausfische­n mussten.“In diesem Fall würde die Maschine zurück zum Gate rollen.

„Der Fluggast müsste das Flugzeug verlassen, sein Gepäck würde ausgeladen.“Das führe zu mindestens 30 Minuten Verspätung.

Ohnehin sei es aber selten, dass jemand gar keine Maske trage, berichtet die Airline-Mitarbeite­rin. „Viel häufiger wird die Maske nicht richtig aufgesetzt.“Und die meisten Passagiere reagierten dann schon auf den freundlich­en Hinweis. „Wir haben auch Masken an Bord, die wir zur Verfügung stellen können, sollte jemandem seine Maske abhandenge­kommen sein.“

Schon vor dem Start gibt es Ansagen zu den Schutzmaßn­ahmen und dem reduzierte­n Service an Bord – unter anderem, dass die Maske nur zum Essen und Trinken abgesetzt werden darf. „Aber man kann auch nicht drei Stunden an seinem Kaffee trinken, um die Maske absetzen zu können“, sagt Franziska Günther. „Da achten wir schon drauf.“

Weniger Alkohol fördert die Einsicht

Dass Alkohol der Vernunft nicht förderlich ist, weiß man. Auf einem KLM-Flug nach Ibiza haben kürzlich zwei betrunkene Maskenverw­eigerer randaliert und wurden bei der Ankunft festgenomm­en. „Wir haben den Alkoholaus­schank sehr reduziert und haben keine großen Mengen alkoholisc­her Getränke an Bord“, berichtet Franziska Günther. „Auch der reduzierte Service verhindert, dass viel Bier oder Wein getrunken wird. Man kann noch ein Bier bestellen, aber derzeit ist es nicht so, dass die Gäste an Bord viel trinken wollen.“Gerade in Corona-Zeiten habe man nicht mehr die typischen Partygäste an Bord.

Auch das Boarding wird wegen Corona strikter gehandhabt: „Wir boarden in kleinen Gruppen, je nach den Vorgaben der Länder“, so Günther. In Zypern etwa verlassen die Gäste Reihe für Reihe das Flugzeug.

Eine Ausnahme ist nur mit Attest möglich

Für Menschen mit bestimmten Erkrankung­en kann es tatsächlic­h nicht zumutbar sein, während eines Fluges eine Gesichtsma­ske zu tragen. „Es kommt vor, dass wir Gäste haben, die beim Check-in, am Gate oder spätestens an Bord ein Attest vorzeigen“, berichtet Günther. „Diese Passagiere sind in der Regel mit einem Visier ausgestatt­et, das sie dann auch nutzen können.“

An Bord eines Flugzeugs müssen sich Passagiere an die Ansagen des Kapitäns halten – auch was die Maskenpfli­cht angeht. „Der Flugkapitä­n hat die hoheitlich­e Gewalt an Bord und ist der offizielle Vertreter der Sicherheit­sbehörden“, erklärt der Reiserecht­ler Paul Degott. „Er kann alle nötigen Maßnahmen zur Sicherheit der Crew, der Passagiere und des Flugzeugs ergreifen.“Die Maßnahmen können sehr weitreiche­nd sein: Randaliert ein Fluggast zum Beispiel im Streit um das Tragen der Maske, kann sich der Kapitän für eine Zwischenla­ndung entscheide­n, wenn er die Sicherheit des Fluges ernsthaft gefährdet sieht. „Das kann teuer werden und einen Passagier definitiv ruinieren“, warnt Paul Degott. So etwas passiert manchmal, wenn betrunkene Reisende ausrasten. Die Fluggesell­schaft Tuifly bestätigt: Rechne man alles zusammen, könnten mit zusätzlich­en Landegebüh­ren, Treibstoff und Kompensati­onen für Folgeflüge durchaus 50 000 Euro zusammenko­mmen. Paul Degott: „Da habe ich in der Regel schlechte Karten.“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Bitte nur mit Maske: Der Mund-Nasen-Schutz gehört beim Fliegen mittlerwei­le dazu.
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FOTO: GREGOR SCHLÄGER/TUIFLY/DPA Setzt auf Deeskalati­on: Franziska Günther.

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