Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wenn Maskenmuffel zum Zwischenlanden zwingen
Verweigerungshaltung in Flugzeugen ist selten, kann aber teuer werden
HANNOVER (dpa) - Ob aus Ignoranz, Trotz oder Ideologie: Viele Menschen tragen keine Mund-NasenMaske. Gerade im Flugzeug aber ist das besonders wichtig, weil der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Die Vorschriften der Airlines sind eindeutig: Maske tragen ist Pflicht – außer beim Essen und Trinken. Doch wie sieht das in der Praxis aus? Wie geht man an Bord mit Maskenverweigerern um? Das erklärt Franziska Günther, Head of Cabin Crew beim Ferienflieger Tuifly und verantwortlich für rund 1400 Flugbegleiter.
Die meisten Passagiere sind rücksichtsvoll
„Das Verhalten der Gäste ist sehr vernünftig, der Großteil befürwortet die Maskenpflicht und nimmt Rücksicht auf andere Passagiere“, berichtet Günther. Trotzdem sei die Maske natürlich ein Thema. „Wir haben sicher auch Gäste an Bord, die den einen oder anderen Hinweis mehr benötigen und das Thema nicht so ernst nehmen. Ich kann aber nicht bestätigen, dass es auf jedem Flug Maskenverweigerer gibt.“Und wenn ein Urlauber sich uneinsichtig zeigt? „Wir haben eine Eskalationspyramide und einen Maßnahmenkatalog. Zunächst sprechen wir den Fluggast an und weisen freundlich auf die
Maskenpflicht hin“, sagt Günther. „Dann folgen bestimmtere Hinweise und eine Ermahnung.“
Im schlimmsten Fall droht die Zwischenlandung
Reagiert ein Fluggast auch auf mehrfache Ermahnungen nicht, wird es ernst: „Wenn die Deeskalation nicht greift, dann erstellen wir einen Passenger Disturbance Report, landen gegebenenfalls zwischen und kontaktieren die Behörden vor Ort, etwa die Bundespolizei“, schildert Franziska Günther den Ablauf. Allerdings sei das bislang bei keinem der rund 2000 Tuifly-Flüge während der Corona-Zeit vorgekommen. „Wir hatten noch niemanden an Bord, der die Maske nicht aufsetzen wollte und den wir vor dem Start rausfischen mussten.“In diesem Fall würde die Maschine zurück zum Gate rollen.
„Der Fluggast müsste das Flugzeug verlassen, sein Gepäck würde ausgeladen.“Das führe zu mindestens 30 Minuten Verspätung.
Ohnehin sei es aber selten, dass jemand gar keine Maske trage, berichtet die Airline-Mitarbeiterin. „Viel häufiger wird die Maske nicht richtig aufgesetzt.“Und die meisten Passagiere reagierten dann schon auf den freundlichen Hinweis. „Wir haben auch Masken an Bord, die wir zur Verfügung stellen können, sollte jemandem seine Maske abhandengekommen sein.“
Schon vor dem Start gibt es Ansagen zu den Schutzmaßnahmen und dem reduzierten Service an Bord – unter anderem, dass die Maske nur zum Essen und Trinken abgesetzt werden darf. „Aber man kann auch nicht drei Stunden an seinem Kaffee trinken, um die Maske absetzen zu können“, sagt Franziska Günther. „Da achten wir schon drauf.“
Weniger Alkohol fördert die Einsicht
Dass Alkohol der Vernunft nicht förderlich ist, weiß man. Auf einem KLM-Flug nach Ibiza haben kürzlich zwei betrunkene Maskenverweigerer randaliert und wurden bei der Ankunft festgenommen. „Wir haben den Alkoholausschank sehr reduziert und haben keine großen Mengen alkoholischer Getränke an Bord“, berichtet Franziska Günther. „Auch der reduzierte Service verhindert, dass viel Bier oder Wein getrunken wird. Man kann noch ein Bier bestellen, aber derzeit ist es nicht so, dass die Gäste an Bord viel trinken wollen.“Gerade in Corona-Zeiten habe man nicht mehr die typischen Partygäste an Bord.
Auch das Boarding wird wegen Corona strikter gehandhabt: „Wir boarden in kleinen Gruppen, je nach den Vorgaben der Länder“, so Günther. In Zypern etwa verlassen die Gäste Reihe für Reihe das Flugzeug.
Eine Ausnahme ist nur mit Attest möglich
Für Menschen mit bestimmten Erkrankungen kann es tatsächlich nicht zumutbar sein, während eines Fluges eine Gesichtsmaske zu tragen. „Es kommt vor, dass wir Gäste haben, die beim Check-in, am Gate oder spätestens an Bord ein Attest vorzeigen“, berichtet Günther. „Diese Passagiere sind in der Regel mit einem Visier ausgestattet, das sie dann auch nutzen können.“
An Bord eines Flugzeugs müssen sich Passagiere an die Ansagen des Kapitäns halten – auch was die Maskenpflicht angeht. „Der Flugkapitän hat die hoheitliche Gewalt an Bord und ist der offizielle Vertreter der Sicherheitsbehörden“, erklärt der Reiserechtler Paul Degott. „Er kann alle nötigen Maßnahmen zur Sicherheit der Crew, der Passagiere und des Flugzeugs ergreifen.“Die Maßnahmen können sehr weitreichend sein: Randaliert ein Fluggast zum Beispiel im Streit um das Tragen der Maske, kann sich der Kapitän für eine Zwischenlandung entscheiden, wenn er die Sicherheit des Fluges ernsthaft gefährdet sieht. „Das kann teuer werden und einen Passagier definitiv ruinieren“, warnt Paul Degott. So etwas passiert manchmal, wenn betrunkene Reisende ausrasten. Die Fluggesellschaft Tuifly bestätigt: Rechne man alles zusammen, könnten mit zusätzlichen Landegebühren, Treibstoff und Kompensationen für Folgeflüge durchaus 50 000 Euro zusammenkommen. Paul Degott: „Da habe ich in der Regel schlechte Karten.“