Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Streit um die Alltagsmaske
Ärztepräsident zweifelt an der Wirkung und erntet Kritik – Lockerung an den Schulen
BERLIN/STUTTGART (dpa/sz) - Mit 11 287 Fällen binnen 24 Stunden ist bundesweit ein neuer Höchstwert bei den Corona-Neuinfektionen erreicht. Der kritische Warnwert von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen ist in Baden-Württemberg mit 61,2 überschritten. Doch während Lothar Wieler, der Chef des Robert-KochInstituts (RKI), am Donnerstag zum Tragen von Alltagsmasken insbesondere in Innenräumen aufgerufen hat, gibt es eine Debatte über den MundNasen-Schutz – ausgelöst von Klaus Reinhardt, dem Chef der Bundesärztekammer.
Er hatte den Nutzen der Masken bezweifelt. Für seine Äußerungen erntete er massive Kritik. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte seinen Rücktritt.
Reinhardt hatte in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“gesagt, er sei von den Alltagsmasken nicht überzeugt, „weil es auch keine tatsächliche wissenschaftliche Evidenz darüber gibt, dass die tatsächlich hilfreich sind“. Dennoch befürwortete er das Tragen in manchen Situationen, dort, wo man den Abstand nicht wahren könne, etwa im öffentlichen Nahverkehr oder in Räumlichkeiten, wo man notwendigerweise eng beieinander sei. Zum Tragen an der frischen Luft sagte er: „Ich glaube, dass das wenig bringen wird.“Reinhardt sprach an einer Stelle auch von einem „Vermummungsgebot“.
Die Kritik folgte am Donnerstag: Die Ärztegewerkschaft betonte, Reinhardts Aussagen stünden im Widerspruch zur Studienlage. Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, nannte die Aussagen Reinhardts „eine persönliche Auffassung“. Die Aussage sei geeignet, „das seit Monaten wirksame und evidenzgestützte
Konzept zur Minimierung von Infektionen zu diskreditieren“.
An den Schulen im Südwesten wurde die Maskenpflicht derweil wieder gelockert. Während der Pause auf dem Schulhof, also außerhalb des Schulgebäudes im Freien, darf die Maske abgenommen werden, sofern der Abstand mindestens 1,5 Meter beträgt, verkündete Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Donnerstag. Der Zeitpunkt dieser Änderung sorgte jedoch bei Schulleitern für Verärgerung: Der heutige Freitag ist der letzte Schultag vor den Herbstferien.