Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die „Schwäbische“fragt – die Kandidaten antworten
Noch etwa zwei Wochen bis zur Bürgermeisterwahl am Sonntag, 8. November, in Langenargen. Damit sich die Wähler vorab ein Bild machen können, haben wir den Kandidaten sechs zukunftsweisende Fragen gestellt und veröffentlichen auf dieser Seite ihre Antworte
Langenargen ist bekanntlich ein sehr teures Pflaster. Gerade junge Familien sind oft gezwungen, ins Hinterland zu ziehen. Darunter leidet früher oder später das Vereinsleben und damit die Gemeinschaft. Wie schaffen Sie Wohnraum, der tatsächlich bezahlbar ist?
Die Gemeinde hat zwar Geld auf der Seite, jedoch stehen große Projekte wie zum Beispiel der Neubau des Feuerwehrhauses an. Dazu kommt, dass sich die Corona-Krise auch auf die Finanzen der Kommunen auswirken wird, Stichworte: sinkende Gewerbeund Einkommensteuereinnahmen. Wie sorgen Sie trotzdem für einen ausgeglichenen Haushalt?
Im Winter ist Langenargen leer, in der Hochsaison im Sommer platzt das Städtle aus vielen Nähten. Was tun Sie, um den Tourismus, der zweifelsohne ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, weiterzuentwickeln? Und zwar so, dass sich die Zahl der Gäste mit dem Leben der Einheimischen, der Infrastruktur und nicht zuletzt der Natur verträgt.
Immer mehr Radler kommen im Sommer durch/nach Langenargen, immer mehr Autofahrer kurven auf der Suche nach einem Parkplatz durch die Gemeinde. Wie bringen Sie die verschiedenen Verkehrsteilnehmer unter einen Hut und schaffen Ordnung im teilweisen Chaos zum Beispiel auf der Unteren Seestraße oder im Ortskern?
Immer deutlicher wird: Bei all diesen wichtigen Entscheidungen wollen Bürger mitgenommen werden. Wie sorgen Sie für Transparenz, und wie beteiligen Sie die Langenargener?
Ein Projekt, bei dem die Bürger aktuell aufgerufen sind, die Zukunft der Gemeinde mitzugestalten, trägt den Titel „Langenargen 2040“. Herauskommen soll ein Gemeindeentwicklungsplan, der unter anderem zeigt, in welche Richtung es baulich, touristisch oder kulturell gehen soll. Wo sehen Sie Langenargen in 20 Jahren?
Mit renommierten Partnern, die im regionalen Markt bereits erfolgreich tätig sind. In Bierkeller-Waldeck werden mit dem Neubauvorhaben „Naturella“durch die Firma Fränkel beispielsweise rund 110 Wohneinheiten entstehen, alle ausschließlich als Mietwohnungen. Das Wohnumfeld wird sehr ansprechend gestaltet und eine Entsiegelung von 90 auf nur noch 40 Prozent erreicht. 100 neue Bäume werden dort gepflanzt. Außerdem bearbeiten wir vier neue Bebauungspläne für die einheimische Bevölkerung. Im Bestand werden verträgliche Nachverdichtungen ermöglicht. Für Mitbürger mit geringerem Einkommen denke ich an mindestens 50 Gemeindewohnungen.
Was uns enorm hilft ist die Tatsache, dass wir in meiner ersten Amtszeit unsere Kredite um etwa ein Drittel reduziert haben. Der niedrigste Stand seit 35 Jahren ist erreicht. Investitionen über rund 27 Millionen Euro wurden seit sieben Jahren ohne Kredite finanziert. Die Rücklagen sind auf einem erfreulichen Niveau. Der wirtschaftliche Verlauf des Haushaltsjahres 2020 ist ebenfalls positiv, trotz Corona. In meinen 22 Dienstjahren als Bürgermeister gab es genug Krisen, die ich meistern konnte. In einer kleineren Verwaltung besteht ein sehr enger Bezug zu den Projekten und allen Bewirtschaftenden. Mit dieser Erfahrung gelingt es auch in 2021.
In den vergangenen Jahren haben wir enorm in unsere touristische Infrastruktur investiert und regelmäßig aus der Tourismusförderung des Landes profitiert. Neben dem Strandbad ist hier unsere herrliche Promenade mit dem neuen Arboner und dem Noli-Platz zu nennen. Im engen Austausch mit den Leistungserbringern werden wir eine neue Homepage und Vermarktungsstrategie entwickeln. Ein ökologisch vorbildlicher Touristenverkehr wurde mit der mutigen Einführung der Echt-Bodensee-Card (EBC) ermöglicht. Das gemeinsame Ziel der Saisonverlängerung wurde beispielsweise mit neuen Konzertreihen im Frühjahr oder Winter verfolgt.
Mit breiter Zustimmung aller politischen Kräfte gelingt es uns, den Anteil der motorisierten Fortbewegung zu reduzieren. Fuß- und Radverkehr genießen eine besondere Aufmerksamkeit. An allen öffentlichen Gebäuden wurden sichere Fahrradabstellanlagen realisiert. Neue Übergänge für Fußgänger werden über das Projekt „1000 Zebrastreifen“entwickelt. Unser Ordnungsdienst und die Security sind erheblich verstärkt im Einsatz. Fahrbahnmarkierungen und temporäre Parkverbote werden angeordnet. Weitere Veränderungen im ruhenden und fließenden Verkehr sind wünschenswert und mit der Bevölkerung zu entwickeln.
Die Akzeptanz der Bürger entscheidet bei jeder Maßnahme über den späteren Erfolg. Wir haben sehr viele Angebote unterbreitet, von Spielplätzen bis zu Verkehrsthemen. Hier konnte sich die Bevölkerung aktiv einbringen und gestalten. Seit fünf Jahren legen wir einen umfassenden Jahresbericht auf, der alle Themen und Zahlen beleuchtet und jedem Haushalt zugestellt wird. Diese offene Politik setzen wir fort. Unser neues Ratsinformationssystem und die neue Homepage schaffen noch mehr Transparenz. Mit Jasmin Janisch haben wir ab sofort eine Beauftragte für Bürgerbeteiligung. Aktuell kann jeder am Gemeindeentwicklungsplan mitwirken.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir wesentliche Inhalte des Gemeindeentwicklungsplans erreicht haben. Langenargen hat seinen Charme behalten, eine moderne Infrastruktur, geringe Verschuldung, und alle Generationen sind gut vernetzt und wunschgemäß betreut. Der Lebens(t)raum Campus Langenargen ist im Vollbetrieb. Ökologisch wird die 2013 begonnene Politik dazu führen, dass wir mehr Energie regenerativ produzieren als wir verbrauchen. Die Mobilitätswende funktioniert, und der Wandel von Verkehrs- zu Lebensräumen gelingt. Dankbar sitzen viele im Schatten der „1000 neuen Bäume für Langenargen“.
Bezahlbaren Wohnraum insbesondere für junge Familien zu schaffen, ist eine besondere Herausforderung, nicht nur in Langenargen. Ohne direktes kommunales Handeln wird es meines Erachtens nicht funktionieren. Wir brauchen daher eine Flächenpolitik, die sicherstellt, dass die Gemeinde Grundstücke in Eigenregie entwickeln kann. Dafür werde ich mich einsetzen. An dieser Stelle braucht es eine Strategie für die bauliche Entwicklung, die im Dialog mit der Bürgerschaft entworfen wird. Diesen Prozess hat die Verwaltung mit dem Gemeindeentwicklungskonzept „Langenargen 2040“angestoßen, was ich sehr begrüße.
Langenargen verfügt noch über Rücklagen. Diese werden nach meiner Einschätzung jedoch nicht ausreichen, um nach dem Feuerwehrhaus auch noch die ganze Schlossmauer oder die Tiefgarage zu sanieren oder den lang geplanten Kleinkinderbereich im Strandbad zu finanzieren. Gleichzeitig ist die künftige Einnahmeentwicklung unsicher. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden wir auch in den kommenden Jahren spüren. Für eine solide Finanzplanung würde ich mich mit dem Gemeinderat zusammensetzen und einen Masterplan erarbeiten, der entlang der finanziellen Möglichkeiten die Prioritäten für die nächsten Jahre setzt.
Sind 250 000 Gäste pro Jahr mehr als genug? Wie gestalten wir nachhaltigen Tourismus? Ein touristisches Leitbild für Langenargen sehe ich als idealen Ansatz, um dieser wichtigen Branche im Ort klare Zukunftsperspektiven zu eröffnen und die Bürgerschaft in diese Diskussion einzubeziehen. Aber über 500 Ferienwohnungen in einer Gemeinde mit 8000 Einwohnern schaffen auch Probleme. Aus der Warte als Bürgermeister würde ich also sagen: Lasst uns darüber reden! Denn nur wenn wir gegenseitig unsere Ziele und Probleme kennen, können wir gemeinsam einen erfolgreichen Weg gehen.
Offenbar schafft kein Bürgermeisterkandidat den Wohnraum alleine: Diese Herausforderung kann nur gemeinsam gelingen. Die bekannten Ansätze sind Wohnraumverdichtung, Überbauung, neue Räume in der Fläche, Höhe (eventuell Tiefe). Ein cooles Beispiel sind die BestPractice-Bauten in Paris und Köln, wo Gleisflächen innovativ überbaut wurden. Mit Förderprogrammen und einer Bürger-Wohnbaugenossenschaft können diese und andere kreative Ansätze gelingen: weitere Ideen nach der Wahl. Als Unternehmer und aus einer schwäbisch-griechischen Bauunternehmerfamilie stammend bringe ich die besten Voraussetzungen für Bausachen mit.
Die Gemeinde Langenargen hat nach jüngster Gemeindestatistik immer noch Schulden. Neben den staatlichen Corona-Hilfen für Kommunen gilt es, alle (!) passenden Förderprogramme zu holen und Impulse für neue zu platzieren: Seit 20 Jahren recherchiere, beantrage ich Förderprogramme für mittelständische Kunden und bin – als Mathematiker und Betriebswirt (MBA) – bestens qualifiziert. Zudem gilt es – leider wenig bekannt– Erstattungsansprüche für ihre Gemeinde und Bürger von einigen Millionen Euro zu heben. Dazu bringe ich meine Erfahrungen bei einer niederländischen Bank und als profunder „Zahlenversteher“für Sie ein.
Die Gemeinde Langenargen – „einstmals mit Stadtrecht versehen“– soll gem. GemO wieder ihr früheres Stadtrecht erhalten. Wie bei jedem Beratungsprojekt üblich, möchte ich die Interessen, Wünsche und Vorstellungen aller (!) Beteiligten hören. Mit dieser Basis und anderen (unter anderem gesetzlichen) Rahmenbedingungen folgen die kennzahlenbasierte Analyse (Einnahmen, Verkehr, Feinstaub etc.) und mögliche Szenarios. Diese sind zu bewerten und transparent vorzustellen. In meinem Beratungsunternehmen hatte ich mehrere Studenten der Verwaltungswissenschaften: So kann die Aufgabe unter meiner Leitung auch kostengünstig erfolgen.
Meine kreative Lösung: Bau eines energieautarken Genossenschaftsparkhauses am Ortsrand als kostengünstige Stahlkonstruktion mit Fahrrad-/Motorradstellplätzen, Bushaltestelle/Taxistation, Schließfächern inclusive Handyladeanschluss, Paketstation, Imbiss, WC/Duschen und – zukunftsweisend – dem Startpunkt von solar-/elektrisch oder wasserstoffbetriebenen Shuttles in und durch die Gemeinde. Selbstverständlich werde ich hierfür auch Förderprogramme für die Stadt hereinholen. Auf das Dach des Parkhauses soll eine Aussichtsplattform mit Gastronomie. Zur künstlerischen Gestaltung plane ich einen bundesweiten Wettbewerb.
Als Dienstleister und Unternehmens-/Innovationsberater praktiziere ich Transparenz und optimiere Entscheidungs- und Innovationsprozesse bei und für Kunden. Regelmäßige Bürgersprechstunden und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat sind für mich selbstverständlich. Durch meine 20-jährige Pressearbeit für das selbst gegründete und ehrenamtlich geleitete Erfinderforum Bottwartal bin ich zeitnahe Kommunikation gewohnt. Es wird regelmäßig Anfragen an die Langenargener und Wettbewerbe geben. Neben den erwähnten Genossenschaften plane ich weitere Beteiligungsformen für alle Einwohner.
Die beiden nächsten Bürgermeister-Perioden sind 1.1.2021/2029 bis 31.12.2028/2036: daher freue ich mich auf meinen Beitrag beim Projekt „Langenargen 2036/2040“. Folgende Ziele möchte ich erreichen: Umsetzung des Gemeindeentwicklungsplans, Schuldenabbau (nicht nur des Kernhaushaltes), Gründung von Bürgerund Bauerngenossenschaften, Bau eines Mehrgenerationenhauses, Schaffung von Wohnraum für Familien, innovativste Gemeinde am Bodensee, Breitbandanschlüsse für alle, Digitalisierung soweit wie möglich und so viel wie nötig. Last but not least: reichste Gemeinde im Bodenseekreis mit ihrem analytisch-kreativen Bürgermeister.