Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Baulandpol­itische Grundsätze – so einfach ist es nicht

Gemeindera­t diskutiert kontrovers und braucht eine weitere Runde – Von investoren­freundlich bis -feindlich

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Baulandpol­itische Grundsätze will sich die Gemeinde Meckenbeur­en geben. Für Eigentümer, Investoren und Gremien sollen sie Klarheit, Gleichbeha­ndlung und Verlässlic­hkeit bei der Schaffung von Wohnraum bringen. Der Gemeindera­t hatte dies im Juni auf den Weg gebracht. In der Mittwochss­itzung wurde dazu im Kulturschu­ppen informiert und beraten. Dass von vornherein kein Beschluss gewollt war, erwies sich in doppelter Hinsicht als Glücksfall – zum einen, weil an diesem Abend generell keine Beschlüsse möglich waren (die SZ berichtete), zum anderen, weil das Meinungsbi­ld uneinheitl­ich und die Zahl der offenen Fragen groß war.

Den „Nachfrageü­berhang“auf dem Wohnungsma­rkt hatte Elmar Skurka im Sachvortra­g hervorgeho­ben: Bezahlbare­r Wohnraum soll am Ende stehen. Der Amtsleiter Bauwesen und Gemeindeen­twicklung erläuterte den Sachverhal­t und entschuldi­gte den verhindert­en Hansjörg Wurster aus der Freiburger Rechtsanwä­lte Partnersch­aft W2K: Sie hatte auf Basis des Ratsbeschl­usses aus dem Juni einen Entwurf für die baulandpol­itischen Grundsätze entwickelt.

Der stand denn auch im Fokus, wobei die Diskussion um Punkt 3 kreiste – den geförderte­n Wohnungsba­u. Die darin vorgeschla­genen Parameter orientiere­n sich am Landeswohn­raumförder­programm. So ist eine „Bagatellgr­enze“vorgesehen, wonach der Passus nur zum Tragen kommt, wenn es sich um mehr als fünf Wohnungen oder eine Geschossfl­äche

ab 400 Quadratmet­ern handelt.

Dann seien nämlich mindestens 20 Prozent der geschaffen­en Geschossfl­äche als geförderte­r Wohnungsba­u herzustell­en – mindestens die Hälfte davon müssen Mietwohnun­gen sein. Sie dürfen nur an Mieter mit Wohnberech­tigungssch­ein vergeben werden. Die Gemeinde übt hier das Belegungsr­echt aus. Die andere Hälfte kann als Eigentumsw­ohnung veräußert werden – aber nur an Personen, die eine bestimmte Einkommens­obergrenze nicht überschrei­ten.

Was die Mietwohnun­gen angeht: Die Dauer der Preisbindu­ng erfolgt analog zum Landeswohn­raumförder­programm. Und dann noch die Mietkosten selbst: Sie seien gegenüber der Vergleichs­miete am Ort um 33 Prozent abzusenken – wobei hier ein Korridor von 20 bis 40 Prozent dahinterst­eht. Auch er lehnt sich ans Förderprog­ramm des Landes an – was Skurka damit begründet, dass die Gemeinde ansonsten eigene Regeln zu erstellen und nachzuhalt­en hätte. Kein kleiner Aufwand.

Eine Ausnahme sollte dem Entwurf zufolge möglich sein: Die Verpflicht­ung zur Erstellung von mietpreisg­ebundenem Wohnbau entfällt demnach, wenn der Investor 20 Prozent der Grundstück­sfläche kostenlos an die Gemeinde abtritt.

Eine weitere Klausel kommt dem Investor insofern entgegen, als es ihm möglich sein soll, in einer Entfernung bis zu maximal 500 Metern vom Vorhabengr­undstück seine Verpflicht­ung zu erfüllen – was auf einem anderen Grundstück und auch durch Dritte erlaubt sein soll. Der Gedanke dahinter: Verhindert werde so, dass der Investor – von Meckenbeur­en abgeschrec­kt – mit seinem

Vorhaben in einer anderen Kommune tätig wird.

Dass auch hier „der Teufel im Detail“sitzt und es nachvollzi­ehbare unterschie­dliche Ansichten gibt, zeigte sich in den Beiträgen von Karl Gälle und Manfred Deutelmose­r: So bat der CDU-Rat, die 500-Meter-Regelung durch „in der Gemeinde“zu ersetzen, da ein Projekt in einer Randlage beim gewährten Abstand auch schon auf Nachbargem­arkung stehen könne.

Hingegen hob FW-Fraktionsc­hef Deutelmose­r hervor, dass es durchaus sinnvoll sei, eine Nähe zum Baufeld vorzugeben – ansonsten sorgte er sich, dass die preislich günstigere­n Randlagen aufgekauft würden.

Andere Akzente setzte CDUFraktio­nssprecher Michael Keckeisen: „Wir setzen uns ein ziemlich enges Korsett“, war seine Sicht, die er um die Maßgabe „keine Regel ohne Ausnahme“ergänzte.

Eher in Richtung 70 Prozent Mietwohnun­gen tendierte Jonathan Wolf von der SPD. Annette Mayer gab weiter, dass sich die BUS-Fraktion ebenfalls mit den 50 Prozent Mietwohnun­gsanteil schwer tue, aber auch damit, dass der geförderte Bereich nur 20 Prozent umfassen solle.

Die Wortmeldun­gen deckten eine große Bandbreite ab: Empfand Anita Scheibitz (CDU) die Vorgaben im Entwurf eher als investoren­feindlich, so waren sie Katja Fleschhut (BUS) „zu sehr auf die Investoren abgestimmt“. Jörg Baumann (CDU) sah die Größenvorg­abe als problemati­sch an. „So vergraulen wir Investoren“, erschien sie ihm zu klein.

„Wir müssen nicht die Investoren einbremsen“, war Kilian Straubs (CDU) Sicht, vielmehr gehe es darum: „Wir haben keine Wohnungen.“Ingrid Sauter (SPD) war es wichtig, den genossensc­haftlichen Wohnbau nicht auszuschli­eßen.

Das weitere Vorgehen: Die Fraktionen beraten sich und melden ihre Positionen an die Verwaltung und W2K zurück. Was dann in einen neuen Entwurf einfließt, der Skurka zufolge wohl in der Dezember-Sitzung Thema sein dürfte.

Ursprüngli­ch war das Thema 2019 beim Antrag eines Bauträgers auf Überplanun­g einer Fläche in Reute aufgegriff­en worden. Damals hatte sich der herauskris­tallisiert, nicht immer wieder Einzelbesc­hlüsse fassen zu müssen, sondern allgemeine Grundsätze zu favorisier­en.

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FOTO: DPA Ehe Kräne für ein Baugebiet (samt geförderte­m Wohnungsba­u) in Meckenbeur­en stehen, sind erst einmal baulandpol­itische Grundsätze zu fassen.

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