Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Baulandpolitische Grundsätze – so einfach ist es nicht
Gemeinderat diskutiert kontrovers und braucht eine weitere Runde – Von investorenfreundlich bis -feindlich
MECKENBEUREN - Baulandpolitische Grundsätze will sich die Gemeinde Meckenbeuren geben. Für Eigentümer, Investoren und Gremien sollen sie Klarheit, Gleichbehandlung und Verlässlichkeit bei der Schaffung von Wohnraum bringen. Der Gemeinderat hatte dies im Juni auf den Weg gebracht. In der Mittwochssitzung wurde dazu im Kulturschuppen informiert und beraten. Dass von vornherein kein Beschluss gewollt war, erwies sich in doppelter Hinsicht als Glücksfall – zum einen, weil an diesem Abend generell keine Beschlüsse möglich waren (die SZ berichtete), zum anderen, weil das Meinungsbild uneinheitlich und die Zahl der offenen Fragen groß war.
Den „Nachfrageüberhang“auf dem Wohnungsmarkt hatte Elmar Skurka im Sachvortrag hervorgehoben: Bezahlbarer Wohnraum soll am Ende stehen. Der Amtsleiter Bauwesen und Gemeindeentwicklung erläuterte den Sachverhalt und entschuldigte den verhinderten Hansjörg Wurster aus der Freiburger Rechtsanwälte Partnerschaft W2K: Sie hatte auf Basis des Ratsbeschlusses aus dem Juni einen Entwurf für die baulandpolitischen Grundsätze entwickelt.
Der stand denn auch im Fokus, wobei die Diskussion um Punkt 3 kreiste – den geförderten Wohnungsbau. Die darin vorgeschlagenen Parameter orientieren sich am Landeswohnraumförderprogramm. So ist eine „Bagatellgrenze“vorgesehen, wonach der Passus nur zum Tragen kommt, wenn es sich um mehr als fünf Wohnungen oder eine Geschossfläche
ab 400 Quadratmetern handelt.
Dann seien nämlich mindestens 20 Prozent der geschaffenen Geschossfläche als geförderter Wohnungsbau herzustellen – mindestens die Hälfte davon müssen Mietwohnungen sein. Sie dürfen nur an Mieter mit Wohnberechtigungsschein vergeben werden. Die Gemeinde übt hier das Belegungsrecht aus. Die andere Hälfte kann als Eigentumswohnung veräußert werden – aber nur an Personen, die eine bestimmte Einkommensobergrenze nicht überschreiten.
Was die Mietwohnungen angeht: Die Dauer der Preisbindung erfolgt analog zum Landeswohnraumförderprogramm. Und dann noch die Mietkosten selbst: Sie seien gegenüber der Vergleichsmiete am Ort um 33 Prozent abzusenken – wobei hier ein Korridor von 20 bis 40 Prozent dahintersteht. Auch er lehnt sich ans Förderprogramm des Landes an – was Skurka damit begründet, dass die Gemeinde ansonsten eigene Regeln zu erstellen und nachzuhalten hätte. Kein kleiner Aufwand.
Eine Ausnahme sollte dem Entwurf zufolge möglich sein: Die Verpflichtung zur Erstellung von mietpreisgebundenem Wohnbau entfällt demnach, wenn der Investor 20 Prozent der Grundstücksfläche kostenlos an die Gemeinde abtritt.
Eine weitere Klausel kommt dem Investor insofern entgegen, als es ihm möglich sein soll, in einer Entfernung bis zu maximal 500 Metern vom Vorhabengrundstück seine Verpflichtung zu erfüllen – was auf einem anderen Grundstück und auch durch Dritte erlaubt sein soll. Der Gedanke dahinter: Verhindert werde so, dass der Investor – von Meckenbeuren abgeschreckt – mit seinem
Vorhaben in einer anderen Kommune tätig wird.
Dass auch hier „der Teufel im Detail“sitzt und es nachvollziehbare unterschiedliche Ansichten gibt, zeigte sich in den Beiträgen von Karl Gälle und Manfred Deutelmoser: So bat der CDU-Rat, die 500-Meter-Regelung durch „in der Gemeinde“zu ersetzen, da ein Projekt in einer Randlage beim gewährten Abstand auch schon auf Nachbargemarkung stehen könne.
Hingegen hob FW-Fraktionschef Deutelmoser hervor, dass es durchaus sinnvoll sei, eine Nähe zum Baufeld vorzugeben – ansonsten sorgte er sich, dass die preislich günstigeren Randlagen aufgekauft würden.
Andere Akzente setzte CDUFraktionssprecher Michael Keckeisen: „Wir setzen uns ein ziemlich enges Korsett“, war seine Sicht, die er um die Maßgabe „keine Regel ohne Ausnahme“ergänzte.
Eher in Richtung 70 Prozent Mietwohnungen tendierte Jonathan Wolf von der SPD. Annette Mayer gab weiter, dass sich die BUS-Fraktion ebenfalls mit den 50 Prozent Mietwohnungsanteil schwer tue, aber auch damit, dass der geförderte Bereich nur 20 Prozent umfassen solle.
Die Wortmeldungen deckten eine große Bandbreite ab: Empfand Anita Scheibitz (CDU) die Vorgaben im Entwurf eher als investorenfeindlich, so waren sie Katja Fleschhut (BUS) „zu sehr auf die Investoren abgestimmt“. Jörg Baumann (CDU) sah die Größenvorgabe als problematisch an. „So vergraulen wir Investoren“, erschien sie ihm zu klein.
„Wir müssen nicht die Investoren einbremsen“, war Kilian Straubs (CDU) Sicht, vielmehr gehe es darum: „Wir haben keine Wohnungen.“Ingrid Sauter (SPD) war es wichtig, den genossenschaftlichen Wohnbau nicht auszuschließen.
Das weitere Vorgehen: Die Fraktionen beraten sich und melden ihre Positionen an die Verwaltung und W2K zurück. Was dann in einen neuen Entwurf einfließt, der Skurka zufolge wohl in der Dezember-Sitzung Thema sein dürfte.
Ursprünglich war das Thema 2019 beim Antrag eines Bauträgers auf Überplanung einer Fläche in Reute aufgegriffen worden. Damals hatte sich der herauskristallisiert, nicht immer wieder Einzelbeschlüsse fassen zu müssen, sondern allgemeine Grundsätze zu favorisieren.