Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Regionalverband streicht Flächen für Gewerbe
Siedlungsschwerpunkte werden ins Hinterland verlagert – Neuer Regionalplan geht in die zweite Offenlage
FRIEDRICHSHAFEN - Meilenstein für den Regionalverband BodenseeOberschwaben: Die Vollversammlung hat am Freitag in der LudwigRoos-Halle in Ettenkirch mehrheitlich die zweite Offenlage des neuen Regionalplans beschlossen. Die Diskussionen drehten sich vor allem um Wohnbau, Gewerbeflächen und die Frage, ob genug für den Klimaschutz getan wird.
Der Regionalverband legt für die 87 Kommunen der Landkreise Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen unter anderem fest, in welchen Bereichen in den nächsten 15 bis 20 Jahren Flächen für Siedlungen und Gewerbe entwickelt werden sollen, wo Rohstoffe abgebaut und wo Trassen für die Infrastruktur geplant werden. Ebenso werden Flächen eingeplant, die als Lebensräume von Tieren und Pflanzen schützenswert sind.
Wie Verbandsdirektor Wilfried Franke erläuterte, waren bei der ersten Offenlage des neuen Regionalplans vor eineinhalb Jahren knapp 5000 Stellungnahmen eingegangen. Diese mussten aufgearbeitet, abgewägt und gegebenenfalls in den Regionalplan aufgenommen werden. Allein die Stellungnahmen der beiden wichtigsten Behörden seien sehr umfangreich, sagte Franke. Die des Regierungspräsidiums Tübingen umfasse 76 Seiten, die des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums, das gleichzeitig die Genehmigungsbehörde des Regionalplans ist, sei 45 Seiten lang.
Den Regionalplan aufzustellen, sei eine große Herausforderung, denn es gebe „sehr viele heftige Zielkonflikte“, wie Franke sagte. Eine wichtige Grundlage des Werks ist die Prognose der Bevölkerungsentwicklung. „Wir haben eine sehr moderate Entwicklung zugrunde gelegt“, sagte er. Der Regionalverband gehe davon aus, dass bis 2035 32 000 Menschen zuziehen – 22 000 davon seien laut Einwohnermeldestatistik real schon in der Region angekommen.
Neu am Regionalplan ist, dass erstmals verbindliche Vorgaben für verdichtetes Bauen festgelegt werden. Das bedeutet, dass die Städte und Gemeinden je nach ihrer Einstufung als Ober-, Mittel-, Unter- oder Kleinzentrum zwingende Vorgaben bekommen, wie stark neuer Wohnraum verdichtet werden muss. In den großen, zentralen Orten seien die Dichtewerte höher angesetzt als in den schwächer besiedelten Orten, sagte Franke. Neu ist auch, dass Gewerbegebiete vorzugsweise interkommunal ausgewiesen werden sollen. Der geplante Rohstoffabbau ist von elf Millionen Tonnen Kies und Sand auf neun Millionen Tonnen reduziert worden.
Ein strittiges Thema in der Sitzung war der Klimaschutz. „Es ist kaum zu glauben, aber uns fehlt ein Instrumentarium, um klimaschützende Maßnahmen festzulegen“, sagte Franke. Diese seien deshalb in den regionalen Grünzügen „versteckt“worden. Genauso habe der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben als erster in Baden-Württemberg das neue Gesetz zur Stärkung der Biodiversität in die Vorranggebiete für Natur- und Landschaftsschutz
sowie für besondere Waldfunktionen rechtsverbindlich eingearbeitet, indem es Schutzgebiete entlang von Fließgewässern miteinander vernetzt.
Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/ÖDP ging das nicht weit genug. Die Klimaziele könnten niemals erreicht werden, wenn weiter gebaut werde. Die Ansätze im Regionalplan seien nicht zeitgemäß, sagte Anna Pröbstle aus Scheer. Die Fraktion brachte einen Antrag ein, sieben Standorte für Industrie und Gewerbe abzulehnen sowie bei vier weiteren einen vertiefte artenschutzrechtliche Prüfung zu beschließen. Er wurde abgelehnt.
Der Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp bezog für die CDU-Fraktion Stellung. Es sei gelungen, den qualifizierten Erhalt freier Flächen mit Wachstum ausgewogen zu verbinden, sagte er. „Der Klimaschutz zieht sich wie ein roter Faden durch das Planwerk“, sagte SPDFraktionsvorsitzender Norbert Zeller. Seine Fraktion unterstütze den Wohnungsbau, denn schon heute sei der Druck auf dem Wohnungsmarkt enorm.
Rainer Beuerle, der in der Verwaltung des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben für regionale Siedlungsstruktur zuständig ist, erläuterte dass Entwicklungsachsen am Bodenseeufer (Friedrichshafen – Meersburg – Überlingen sowie Kressbronn – Tettnang – Meckenbeuren) gestrichen wurden. Da der Siedlungsdruck am Ufer schon hoch sei, soll es entlastet werden. Siedlungsschwerpunkte werden ins Hinterland, etwa nach Pfullendorf und Bad Saulgau, verlagert.
Außerdem wurden vier Schwerpunkte für Industrie und Gewerbe gestrichen (Kressbronn, UhldingenMühlhofen, Vogt und Hettingen), weitere deutlich reduziert. Die Gesamtfläche für Industrie und Gewerbe beträgt nun circa 800 Hektar. Bisher waren es rund 940 Hektar. Die umstrittene Fläche bei Hirschlatt bleibt Vorranggebiet.
Nachdem die Versammlung den Änderungen am Freitag zugestimmt hat, kommt der Plan in die zweite Offenlage. Parallel werden die Träger öffentlicher Belange angehört. Dafür sind drei Monate vorgesehen. Wann der Plan ganz fertig wird, hängt davon ab, wie viele Eingaben dann eingearbeitet werden müssen. Wenn alles nach Plan läuft, wird die Vollversammlung den Satzungsbeschluss in seiner Sitzung im Juni 2021 fassen.
Wenn dir nicht gefällt, was das Schicksal für dich schreibt, nimm ihm die Feder aus der Hand und vollende es selber. (Pavel Kosorin)
Will ich den Kern, das Innerste, kurz das Herz des Lesers erreichen, hole ich nicht das Florett aus dem Waffenarsenal. Damit verletze ich nur. Die leichteste Feder, die über der Haut einen feinen Lufthauch erzeugt, bewirkt jenes zarte Schaudern auf der Haut, das die Seele so machtvoll streichelt. (B. Kiesherr, *1946, Aphoristiker).
Lege dich nie mit Leuten an, die für ihre Feder von Rechts wegen einen Waffenschein brauchten. (Erwin Koch, *1956, schweiz. Journalist)
Besser a Stückle Brot im Sack wia a Feder auf em Huat. Aus der Bibel: Vieles hätte ich dir noch zu schreiben; ich will aber nicht mit Tinte und Feder schreiben. (3.Joh 1,13)
Samstag Anton, Alois – Sonntag Ludwig, Krispin, Darja
In Island nehmen etwa 90 Prozent der weiblichen Einwohner an einem nationalen Frauenstreik teil und legen das Land lahm.