Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schulen suchen nach großen Unterrichtsräumen
Schulamt Lindau sieht Grund- und Mittelschulen gut auf den Wechsel zwischen Schule und Lernen daheim vorbereitet
LINDAU - Eltern hoffen auf einen Erfolg der Klage zweier Mütter gegen den Wechsel zwischen Schulunterricht und Lernen daheim. Das Schulamt erwartet einen besseren Lernerfolg der Kinder als im Frühjahr.
Die Klage von zwei Müttern aus dem Landkreis Lindau geht seinen Rechtsweg. Richard Wiedemann, Pressesprecher des Verwaltungsgerichts Augsburg, bestätigt auf Anfrage der SZ, dass der Antrag auf Eilentscheidung eingegangen ist. Nun bekommen Landratsamt Lindau und Freistaat Bayern Zeit für eine Stellungnahme, danach werde das Gericht entscheiden. Wie lange das dauern wird, konnte Wiedemann am Donnerstag nicht sagen. Er sagte lediglich zu, es werde eine Entscheidung „so schnell wie möglich“geben, das Gericht brauche aber auch Zeit für die „gebotene Sorgfalt“. Deshalb werde es schon ein paar Tage dauern. Währenddessen spüren die Mütter, die weiter nicht namentlich genannt werden wollen, Unterstützung. Sie halten auf jeden Fall daran fest, bekräftigten sie im Gespräch mit der SZ. Je mehr sie sich mit den Regeln für die rote Corona-Ampel in Lindau befassen, desto mehr müssten sie den Kopf schütteln. So sei es nicht richtig, dass sich in einer schlecht gelüfteten Gaststätte fünf Menschen aus verschiedenen Haushalten ohne Maske und ohne Mindestabstand an einen Tisch setzen dürften, während Kinder sich aber nicht in voller Klassenstärke in einem Klassenzimmer aufhalten dürfen, wo der Mindestabstand zwar nicht eingehalten würde, wo aber gut gelüftet werden könne und die Kinder ein Maske trügen.
Die Mütter verweisen außerdem auf das Betreuungsproblem vieler Eltern, von denen viele allen Urlaub verbraucht haben. Weil sie keine andere Möglichkeit sehen und ihre Grundschulkinder nicht stundenlang allein lassen können, täten sich Eltern nun zusammen, um die Kinder in Gruppen wechselweise daheim zu betreuen. Da seien die Abstände sicher noch viel weniger eingehalten. Deshalb wäre es besser, wenn die Mädchen und Jungen weiter in die Schulen gehen.
Verständnis hätten die Frauen aus dem Landkreis Lindau für solche Maßnahmen noch, wenn die Schule sich in einem Corona-Hotspot befinden würde. Dass dies aber im ganzen Landkreis gelte, weil das Landratsamt keine Zahlen über die Fälle in einzelnen Gemeinden veröffentliche, finden die Frauen nicht in Ordnung.
Schulrätin Simone Wenzel bemüht sich währenddessen, auf Anfrage der SZ, die Sorge vieler Eltern vor dem erneuten Lernen daheim zu nehmen. Grundsätzlich sei es natürlich richtig, dass der Unterricht in der Schule das Beste für die Kinder ist. Deshalb ist sie froh, dass einzelne Schulen im Landkreis tatsächlich so viel Platz haben, dass sie den Unterricht weiter in den Schulhäusern geben können, wo man die Tische einfach weiter auseinanderstellen konnte.
Das sei aber leider nicht die Regel, denn die meisten Klassenzimmer seien zu eng. Deshalb erfolge der Unterricht in diesen Schulen im Wechsel. Bei den Erstklässlern laufe es in den meisten Schulen so, dass die eine Hälfte der Klasse von 8 bis 10 Uhr in die Schule kommt, die andere Hälfte von 10 bis 12 Uhr. Für die anderen Jahrgänge gibt es einen Wechsel, also die eine Hälfte jeder Klasse kommt Montag und Mittwoch in die Schule, die andere Hälfte Dienstag und Donnerstag. Alle Grundschüler bekommen für die Zeit daheim eine Liste mit Hausaufgaben, die dort zu erledigen sind.
Das habe schon vor den Sommerferien gut geklappt, sagt Wenzel. Und das werde jetzt noch besser klappen, weil die Lehrer aus den Erfahrungen gelernt und sich gut darauf vorbereitet hätten. Hinzu komme die jetzt sehr viel bessere Ausstattung der Schulen mit Laptops und Internetanschlüssen, wo man um Meilen weiter sei als im Frühjahr. Wenzel räumt aber ein, dass die Lage nicht ideal ist: „Wir alle wünschen uns so viel Präsenzunterricht wie möglich.“Deshalb seien die Schulleiterinnen auch überall im Landkreis dabei, die verfügbaren Räume zu prüfen. Denn in Turnhallen, der Aula oder Fachräumen lasse sich Abstand oft besser einhalten. Mancherorts gebe es zudem Räume außerhalb der Schulhäuser, beispielsweise in Dorfgemeinschaftshäusern oder Pfarrzentren. Das sei allerdings nicht einfach, gibt Wenzel zu bedenken, denn dort fehle es meist an geeigneten Möbeln und anderer Ausstattung. In Zusammenarbeit mit den Gemeinden sei nach entsprechender Vorbereitung in solchen Räumen aber möglicherweise wieder Unterricht kompletter Klassen denkbar, schreibt Wenzel, „auch wenn wir hierbei weit weg sind von der vertrauten Lernatmosphäre, in denen die Kinder in unseren Grund- und Mittelschulen lernen“.
Wenzel berichtet von entsprechenden Gesprächen verschiedener Schulleitungen mit den Bürgermeistern.
Denn auch der Schulrätin ist klar, dass derzeit niemand weiß, wie lange der Landkreis Lindau mit den hohen Corona-Zahlen leben muss, auch wenn sie auf ein absehbares Ende hofft: „Wir alle hoffen, dass die im Moment ergriffenen Maßnahmen nicht dauerhaft angewandt werden müssen und der Regelbetrieb in unseren Grund- und Mittelschulen wieder aufgenommen werden kann.“
Doch danach sieht es vorerst nicht aus. Am Donnerstag meldete das Landesamt für Gesundheit acht neue Infektionen im Landkreis Lindau, sodass die Sieben-Tage-Quote auf 59,7 gestiegen ist.
Weil das Menschen umfasst, die zu Beginn der Woche zum Test gegangen sind und deren Ansteckung am Ende der vergangenen Woche oder am Wochenende lag, können die verschärften Regeln, die erst seit Montag gelten, noch keine Wirkung entfalten. Das Beispiel anderer Landkreise zeigt auch, dass die Ansteckungszahlen nur langsam sinken – wenn sie überhaupt sinken.