Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Stärkere Maßnahmen sind besser“
Virologe Thomas Mertens über die Wirkungen von Kontaktbeschränkungen
RAVENSBURG - Seit Montag gelten verschärfte Corona-Regeln in Deutschland. Um die Sieben-TageInzidenz zu senken, müssten alle Deutschen ihre sozialen Kontakte im November verringern. Darüber hat Sebastian Heilemann mit dem Ulmer Virologen Thomas Mertens gesprochen.
Herr Mertens, Bundeskanzlerin Angela Merkel hat davon gesprochen, dass alle Bürger ihre Kontakte auf ein Viertel reduzieren sollen, um die Sieben-Tage-Inzidenz auf ein verträgliches Maß zu senken. Woher stammt dieser Wert und kann der Plan auf diese Weise gelingen?
Bereits während der „ersten Welle“der Ausbreitung von Sars-CoV-2 wurden von verschiedenen Forschergruppen mathematische Modellierungen durchgeführt, mit dem Ziel zu berechnen, welchen Effekt man mit verschiedenen prozentualen Reduktionen
von Kontakten erreichen kann. Ziemlich übereinstimmend kommen verschiedene Modellierungen dazu, dass man mit einer
Kontaktreduktion um etwa 30 Prozent einen deutlich sichtbaren Effekt erzielen kann. Die Angabe von 25 Prozent Reduktion kenne ich von einer Studie, die an der Universität Wien durchgeführt wurde und die primär auf die Vermeidung einer Überlastung der verfügbaren Intensivbetten ausgerichtet war. Diese kam zu dem Schluss, dass 25 Prozent Kontaktreduktion eine ausreichende Wirkung haben könnte. Grundsätzlich muss die Reduktion infektionsträchtiger Kontakte einen Effekt haben, da für dieses Virus die Übertragung von Mensch zu Mensch „lebenswichtig“ist. Die genaue mengenmäßige Berechnung solcher Effekte ist schwierig und hängt auch von den jeweils verwendeten Modellen ab. Eines ist klar: je größer die Reduktion, desto größer der Effekt und damit sind auch stärkere Maßnahmen zur Kontaktreduktion effektiver als schwächere Maßnahmen.