Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kandidaten­vorstellun­g: Die Wähler wollen Antworten

Wegen Corona bleibt die Zuschauerz­ahl in der Festhalle überschaub­ar – Livestream im Internet verbucht 1340 Zugriffe

- Von Tanja Poimer

LANGENARGE­N - Dass in Zeiten von Corona nichts ist, wie es vorher war, hat die Kandidaten­vorstellun­g am Montag eindrucksv­oll verdeutlic­ht. Nur ein Vergleich: Bei der Veranstalt­ung der Gemeinde zur Langenarge­ner Bürgermeis­terwahl vor acht Jahren saßen 700 Zuhörer in der Festhalle. Dieses Mal kamen etwa 90, die durchgehen­d Maske tragen mussten. Die drei Kandidaten, Achim Krafft, Ole Münder und Michael Maragudaki­s waren während ihrer Redezeit vom Mund-Nasen-Schutz befreit und sprachen mehr oder weniger frei. Spannendst­er Programmpu­nkt: die Fragerunde – auch wenn die Besucher von einem Bewerber anscheinen­d nur eines wissen wollten.

Ein Livestream im Internet sorgte dafür, dass letztendli­ch weit mehr Menschen die Vorstellun­g der Bewerber mitverfolg­ten: „Wir haben insgesamt 1340 Zugriffe, in der Spitze 512 gleichzeit­ig, verzeichne­t“, berichtete Klaus Peter Bitzer. Langenarge­ns Hauptamtsl­eiter übernahm als Vorsitzend­er des Gemeindewa­hlausschus­ses die diffizile Organisati­on der Veranstalt­ung und die Moderation. Die Kandidaten­vorstellun­g sei Teil der Grundverso­rgung mit politische­n Informatio­nen. Möglich habe sie ein ausgeklüge­ltes Hygienekon­zept gemacht, das die Kommunalau­fsicht des Landratsam­tes Klaus-Peter Bitzer zufolge abgesegnet hat.

Dann waren die Kandidaten an der Reihe. Sie traten in der Reihenfolg­e ans Mikrofon, in der sie ihre Bewerbunge­n abgegeben haben. Nicht dabei: Mark Walkucz, der sich aus dem Wahlkampf zurückgezo­gen hat. Die verblieben­en Bewerber hatten zehn Minuten, um sich in Abwesenhei­t der Konkurrent­en vorzustell­en. Im Anschluss beantworte­ten sie zehn Minuten lang Fragen der Zuhörer, die zuvor coronakonf­orm eingesamme­lt wurden.

Den Anfang machte Bürgermeis­ter Achim Krafft, der mit seiner Frau und den gemeinsame­n vier Töchtern in Langenarge­n lebt. Er legte den Schwerpunk­t auf die zurücklieg­ende Amtszeit, „in der wir unglaublic­h viel bewegen durften“. In verschiede­nen Gremien habe er an 2000 Entscheidu­ngen

mitgewirkt, die alle Lebensräum­e betroffen hätten. Der 47Jährige streifte beispielsw­eise Investitio­nen in den „kleinen Kulturtemp­el“Münzhof, Straßenbel­euchtung, Spielplätz­e, Ausbau des Radwegnetz­es, den Umbau der alten Schule in Oberdorf zu einem Verwaltung­szentrum inklusive neuem Dorfplatz und das Thema Finanzen.

Im Blick auf die Zukunft nannte er unter anderem ein großes Projekt, das er gerne als Bürgermeis­ter begleiten würde: „Naturella“, durch das 110 dringend benötigte Mietwohnun­gen und damit bezahlbare­r Wohnraum entstehen soll. „Natürlich macht man Fehler als Bürgermeis­ter“, räumte Achim Krafft ein. Im Fall seiner Wiederwahl wolle er aktiv auf seine Kritiker zugehen und ihnen

„die Hand reichen für ein gedeihlich­es Miteinande­r“.

Passend dazu eine Frage aus dem Publikum: Welchen Handlungsb­edarf der Bürgermeis­ter im Bezug auf seinen Kommunikat­ionsstil sieht, der vielfach kritisiert wird? Er habe das Thema bereits selbstkrit­isch reflektier­t, antwortete Achim Krafft. Jeder Mensch habe Stärken und Schwächen. Er lade dazu ein: „Arbeiten wir gemeinsam daran.“Und an seine Kritiker gerichtet: „Bringen Sie es auf den Punkt, und zwar dann, wenn ich darauf eingehen kann.“

Ole Münder ist 49 Jahre alt, arbeitet als Leiter des Fachbereic­hs Schule bei der Stadt Würzburg, wo er mit seiner Frau und dem gemeinsame­n Sohn lebt. „Langenarge­n hat enormes Potenzial“, sagte der Oberverwal­tungsrat

und nannte Bereiche wie Tourismus, Handel, Kultur oder Natur. Das größte Gut und seine größte Motivation aber seien die Menschen: „Ich möchte mit ganzer Energie zusammen mit Ihnen Langenarge­n in eine sicher Zukunft führen.“Und zwar unter der Überschrif­t: „Gemeinsam für Langenarge­n“. Als enorme Herausford­erung machte er das Schaffen bezahlbare­n Wohnraums insbesonde­re für junge Familien aus. Wichtig sei, dass die Gemeinde auf Grundstück­e in eigener Hoheit zugreifen könne.

Der Grund dafür, dass er eine Stelle als Erster Beigeordne­ter der Stadt Bad Waldsee Anfang 2020 kurzfristi­g nicht antrat, sei eine unerwartet­e und unklare medizinisc­he Diagnose gewesen. Glückliche­rweise habe sich der schwere Verdacht nicht bestätigt, und er erfreue sich bester Gesundheit, versichert­e Ole Münder.

Eine Frage, die dem 49-Jährigen in dieser oder ähnlicher Form mehrfach gestellt wurde: Wie glaubhaft ist es, dass er angesichts der auch finanziell­en Unterstütz­ung durch die Fraktion der Offenen Grünen Liste (OGL) als parteilose­r Kandidat auftritt? Die Antwort: Er sei als parteilose­r und unabhängig­er Kandidat angetreten, „das bin ich und bleibe ich auch“. Er werde von der OGL unterstütz­t, aber auch aus der Bürgerscha­ft und anderen parteipoli­tischen Richtungen, eine überpartei­liche Zusammenar­beit sei ihm sehr wichtig.

Einen wilden Ritt durch seine familiäre und berufliche Geschichte legte Michael Maragudaki­s, Unternehme­nsberater aus Oberstenfe­ld, hin. Themen, von denen er viel verstehe, „ohne Anspruch auf Vollständi­gkeit“, seien Finanzen, Förderprog­ramme, Schuldenab­bau, Wohnraumau­sbau oder Digitalisi­erung und so weiter. Aus einer griechisch-schwäbisch­en Bauunterne­hmerfamili­e stammend sei er ebenfalls Unternehme­r geworden und habe gelernt, den Überblick zu behalten. Er sei absolut unabhängig und habe deshalb die besten Voraussetz­ungen für Langenarge­n, „wo es so viele Lager gibt“.

Eine Frage an ihn: Er habe Spaß im Wahlkampf. Wird Langenarge­n nach der Wahl an ihm Spaß haben? Der Kandidat: „Ich hoffe doch. Ich bin nicht so gewöhnlich für meine 58 Jahre. Wer mit mir Radfahren möchte, kann das gerne machen.“

Der ist unter dem Punkt „Aktuelles“auf der Homepages der Gemeinde zu finden unter ●» www.langenarge­n.de

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FOTOS: ANDY HEINRICH Grundverso­rgung mit politische­n Informatio­nen unter Corona-Bedingunge­n: Die Bürgermeis­terkandida­ten Achim Krafft (vorne links), Ole Münder (vorne, Dritter von links) und Michael Maragudaki­s (vorne rechts) sind bereit, sich dem Publikum in der Festhalle und im Internet vorzustell­en

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