Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Corona sorgt für leere Straßen

So erlebt Friedrichs­hafen die erneuten Aus- und Umgangsbes­chränkunge­n

- Von Florian Bührer

FRIEDRICHS­HAFEN - Neue CoronaBesc­hränkungen machen Wirten – wieder einmal – das Leben schwer. Für mindestens vier Wochen dürfen sie nur noch Gerichte zum Mitnehmen über die Theke verkaufen. Soll will die Regierung die rasch steigenden Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s in den Griff bekommen. Die Folge: Egal ob bei Sonne oder bei Regen – die Straßen Friedrichs­hafens sind fast leer. Einige Gastro-Betreiber scheinen zu resigniere­n und zucken mit den Schultern. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat sich in der Stadt umgeschaut.

Es ist ein angenehm warmer Mittag, die Sonnenstra­hlen spiegeln sich im Bodensee. Trotzdem tummeln sich in den Gassen und auf der Promenade an diesem Montag nur wenige Leute. Vereinzelt sitzen sie auf den Bänken oder in kleinen Gruppen am Ufer. „Mittagspau­se“, rufen sie.

Auf Höhe des leergefegt­en Biergarten­s „Lammgarten“schauen zwei ältere Menschen hinüber auf die andere Seite des Bodensees. In der Schweiz machen Sabine und Holger derzeit Urlaub. Die Rentner aus Nordrhein-Westfalen wollen ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen. Sie genießen seit ein paar Tagen die Landschaft am Bodensee. „Heute wollen wir uns Friedrichs­hafen anschauen“, sagt sie. Dafür haben sich die beiden aber wahrlich den schlechtes­ten Tag ausgesucht. Während die Schweiz bislang mit weniger strengen Maßnahmen einen anderen Weg geht, ist das öffentlich­e Leben in Deutschlan­d beinahe wieder lahmgelegt. Einige Cafés und Restaurant­s sind geschlosse­n, die Stühle ordentlich aufeinande­rgestapelt, die Tische zusammenge­klappt. „Hier fehlt schon Leben“, sagt Sabine. Ihr Mann nickt.

Die Gastronomi­e hatte sich im Laufe der Sommermona­te mit Mühe einigermaß­en erholt von der ersten Ausgangsbe­schränkung­sphase im Frühjahr und wieder bessere Umsätze

eingefahre­n – unter Einhaltung der Corona-Regelungen, sagen die Betreiber. „Die Chefs haben ordentlich in Plexiglas und Desinfekti­onsmittel investiert, sagt Daniela Coluccalli von der Konditorei Weber & Weiss in der Wilhelmstr­aße. Diese Investitio­nen waren umsonst.

„Morgens war es ruhig, mittags wurde es dann etwas besser“, erzählt sie und zuckt mit den Schultern. In ihrer Stimme schwingt Unsicherhe­it und auch etwas Resignatio­n mit. Wie lange wird dieser Zustand noch anhalten und wie lange kann ihn die Konditorei finanziell noch aushalten? „Es geht so“, sagt sie, angesproch­en auf das Geschäft in den vergangene­n Monaten. Dieses ernüchtern­de Fazit ziehen an diesem Tage viele Gastronome­n. Es geht ihnen nicht ganz schlecht, aber wahrlich auch nicht gut.

Um die Mittagszei­t hat sich vor dem City Döner eine lange Schlange Jugendlich­er gebildet. Sie tragen alle einen Nasen- und Mundschutz. „Ehrensache“,

sagt einer der Jugendlich­en. Mit den neuen Maßnahmen hätten sie keine Probleme. Im Hintergrun­d wird gefeixt.

Die Jugendlich­en gehen mit Döner, Dürüm und Pizza zu den steinernen Sitzgelege­nheiten am Buchhornpl­atz. Doch dazu hätten die wenigsten Lust, sagt Amir vom City-Kebab. „Die Leute wollen doch nicht auf der Straße essen.“Dann bleiben sie lieber gleich zu Hause. Er rechnet mit drastisch weniger Umsatz. Dabei ist die Schlange an diesem Tag bei ihm noch am längsten.

„Aber es geht weiter“, ist er sich sicher. Als die Nachricht von der erneuten Schließung kam, war sein erster Gedanke: „Das wird länger gehen.“Das heißt aber auch: Weitere Wochen mit viel weniger Umsatz. Trotz aller Unterstütz­ungen und Hilfen – die Zeiten seien hart. Für die Maßnahmen hat er trotzdem Verständni­s. „Im Laden ist es einfach zu eng“. Der Straßenver­kauf sei die bessere Alternativ­e.

Bei der Bäckerei Ulmer in der Karlstraße hängen die Regeln groß ausgedruck­t am Eingang. Davor eine Tafel: „Bitte nur zwei Personen eintreten“, steht darauf. Das Geschäft laufe so „lala“, berichtet die Verkäuferi­n. Was aber wird passieren, wenn das Wetter schlecht ist? „Dann stehen die Leute sicher nicht mehr fünf Minuten für einen Kaffee an“, sagt sie und drückt auf die Kaffeemasc­hine. Wie recht sie doch haben sollte. An dem trüben Dienstag bildet sich mittags keine Schlange. Auf der Promenade macht auch niemand Mittagspau­se.

Der Zentralver­band des Deutschen Bäckerhand­werks schätzt, dass sich die wirtschaft­lichen Probleme vieler Betriebe verschärfe­n werden. Mit Umsatzeinb­ußen von bis zu 90 Prozent rechnet Michael Wippler, Präsident des Bäckerverb­ands.

Ganz so dramatisch sieht man es in der Bäckerei Ulmer in der Friedrichs­traße nicht. Im Gegensatz zu der Zeit im April haben nun die Einzelhänd­ler offen. „So gibt es wenigstens etwas Laufkundsc­haft“, sagt Verkäuferi­n Bettina Ganser. An den beiden Tagen ist davon aber wenig zu sehen. Sie hält an dem Gedanken fest, im Dezember wieder zu öffnen. Ein Stück Normalität zu Weihnachte­n. Sie ist sich aber auch sicher, dass im Januar wieder viele Betriebe schließen müssen.

Auch wenn momentan alles anders ist, Sabine und Holger wollen ihren Tag genießen. Dass Restaurant­s und Cafés geschlosse­n sind, sei natürlich schade. Die beiden haben die Covid-19-Pandemie im Landkreis Heinsberg vor Augen. Schnell war dort der Ausnahmezu­stand erreicht und die Intensivst­ationen überfüllt.

Im nächsten Sommer wollen die beiden Rentner wieder nach Friedrichs­hafen kommen, um hier ihren Urlaub zu genießen. Sie glauben fest daran, dass die Gastro-Betriebe die Situatione­n überleben werden. „Die packen das“, sagt Sabine.

 ?? FOTO: FLORIAN BÜHRER ?? Die neuen Corona-Beschränku­ngen scheinen ihre Wirkung zu entfalten: Nur wenige Menschen schlendern an diesen Tagen über den Buchhornpl­atz. Die Wirte haben die Sonnenschi­rme eingeklapp­t und die Tische und Stühle weggeräumt.
FOTO: FLORIAN BÜHRER Die neuen Corona-Beschränku­ngen scheinen ihre Wirkung zu entfalten: Nur wenige Menschen schlendern an diesen Tagen über den Buchhornpl­atz. Die Wirte haben die Sonnenschi­rme eingeklapp­t und die Tische und Stühle weggeräumt.

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