Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Töpfermeister feiert seinen 80. Geburtstag
Hermann Luedecke betreibt seine Töpferei in Meckenbeuren seit mehr als 30 Jahren
MECKENBEUREN - Noch nicht ganz so alt wie sein Traditionsberuf, aber immerhin 80 Jahre wird Töpfermeister Hermann Luedecke am heutigen Montag. Seit über 30 Jahren betreibt der Jubilar seine Töpferei in der Meckenbeurer Bahnhofsstraße und zieht seine Kundschaft aus der gesamten Region in die Schussengemeinde.
Geboren wurde Hermann Luedecke am 9. November 1940 in Posen als zweites von drei Kindern. „Der 9. November als Geburtstag ist für mich ein bedeutendes, weil auch geschichtsträchtiges Datum“, sagt der Jubilar im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die Kapitulation nach dem Ersten Weltkrieg, die Reichspogromnacht 1938 sowie der Mauerfall 1989 decken sich mit dem Datum seines Geburtstags. Sein Interesse an der Geschichte bricht auch dann immer wieder durch, wenn er von seiner Kindheit und der zeitlich damit verbundenen Flucht aus Posen über Frankfurt/Oder und Nauen bis in seine damals neue Heimat Lindau erzählt.
In schauriger Erinnerung ist ihm dabei die Zeit im brandenburgischen Nauen geblieben, wo er als Kind die letzten Kriegstage und deren Schrecken erlebt hatte. „Nauen war damals die Rundfunkzentrale Deutschlands und man hat auf alles geschossen, was sich bewegt hat“, erinnert sich Luedecke. Seine Schul- und Jugendzeit verbrachte er in der Lugeckstraße in Lindau, wo – wie der Zufall so spielt – nach vielen Jahrzehnten seine heutige Partnerin wohnt. Nicht geradlinig verlief denn auch der berufliche Werdegang des begnadeten Töpfermeisters. Sollte er nach dem Wunsch seines Vaters Apotheker werden, so war Hermann Luedecke über zwei Jahrzehnte in der Industrie sowie über gut zehn Jahre im Bereich der Porzellanproduktion in leitender Position tätig.
Doch letztlich hat es ihn wieder zurück an den Bodensee gezogen. Auf Wohnungssuche hatte er mit seinem Bruder Eberhard in Meckenbeuren das wenn auch leicht baufällige Haus König entdeckt. In dem etwa 200 Jahre alten Gebäude in der Bahnhofstraße befand sich über viele Jahre der Kolonialwarenladen Josef
Reichert, ehe es leer stand und zu verfallen drohte. Mit viel Herzblut, Mühe und Kreativität hat Hermann Luedecke ein Schmuckstück daraus gemacht und konnte sich das Mietrecht auf Lebenszeit sichern. Zunächst hatte der Jubilar in seiner nun eigenen Werkstatt Töpferkurse angeboten, doch es kamen dabei mehr und mehr Aufträge von außen hinzu.
Die Entscheidung zum kommerziellen Betrieb der Töpferei war die logische Folge. Dabei stand für den passionierten Töpfermeister nie die
Produktion von Markt- oder gar Massenware zur Diskussion. Es war vielmehr die Vereinigung von Beruf, Berufung, Hobby und Kunst, was zum nachhaltigen Erfolg führte. „Es war mir immer wichtig, die Kunden zu mir zu holen“, sagt der Jubilar im Rückblick. Trotz seiner nunmehr 80 Jahre befindet sich Hermann Luedecke nach wie vor im „Unruhestand“. Dreimal die Woche sei der Laden in der Bahnhofstraße offen und die Aufträge kämen nach wie vor von selbst. Vormittags gelte es, den Haushalt zu machen und natürlich die Zeitung zu lesen, während nachmittags das Töpfern oder Gartenarbeit anstehe.
„Ich kann mir meine Zeit richtig ,hofele’ einteilen und arbeite ohne feste Termine“, bemerkt er zufrieden. Und so bleibt denn auch genügend Zeit, seine liebevoll gestaltete Wohnung zu genießen und seinen Hobbys wie dem MundharmonikaSpiel und dem Bemalen von Miniaturfiguren nachzugehen. Gefragt nach den Wünschen für die Zukunft hat Luedecke eine spontane wie lapidare Antwort parat: „Ich möchte einmal gesund sterben und dies möglichst erst nach dem Hundertsten.“