Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Aufräumarbeit beginnt im Kopf
Nach der desolaten 1:7-Niederlage gegen Landsberg müssen die Lindau Islanders gleich wieder ran
LINDAU - Wenn man so will, war es das Bild des Tages. Nicht die leeren Ränge in der Lindauer Eissportarena, die aufgrund des coronabedingten Zuschauerverbots vollkommen trostlos wirkten. Nicht der hängende Kopf von Islanders-Torhüter Nikita Quapp, dem in seinem ersten Pflichtspiel überhaupt im Profibereich zwei gravierende Fehler unterliefen, woraufhin er vom Eis musste. Nicht der ratlos dreinblickende Neu-Trainer Gerhard Puschnik, der nach seinem ersten Heimspiel als Coach der Islanders nach einer Erklärung für den desolaten Auftritt seiner Mannschaft suchte. Und auch nicht das schmerzverzerrte Gesicht von Neuzugang Daniel Schwamberger, der nach einer Verletzung am Knie (die sich am Montag als nicht ganz so schlimm herausstellte) das Eis nur gestützt verlassen konnte.
Nein, es war ein Scherbenhaufen, der an diesem rabenschwarzen Abend besondere Symbolkraft entwickelte. 54 Sekunden vor Ertönen der Schlusssirene machte es rums. Nach einem harten Check der Verteidigung der HC Landbergs Riverkings gegen einen Angreifer der Lindau Islanders ging mit einem lauten Knall eine Plexiglascheibe zu Bruch. Während die Bank des Aufsteigers vom Lech über die Aktion ihres Mitspielers jubelten, war die Moral der Lindauer endgültig gebrochen. Wenig später war Schluss. Weil die Scheibe nicht so schnell ausgetauscht werden konnte, beendeten die Schiedsrichter nach Absprache mit den Mannschaften die Partie vorzeitig. Kein Problem: Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt beim Stand von 1:7 sowieso schon entschieden.
Noch Minuten später waren die Jubelschreie der Landsberger nach ihrem ersten Sieg nach dem Aufstieg in die Oberliga aus der Kabine zu hören – was sie hinterließen war ein Scherbenhaufen, den die Islanders nun möglichst schnell aufkehren müssen. Schon am Dienstag (19.30 Uhr, Sprade-TV) kommt Oberliga-Mitfavorit Deggendorf zum Duell in den Eichwald. Normalerweise ein deutlich größeres Kaliber als die Riverkings aus Landsberg. Der DEL2-Absteiger der Saison 2018/2019 ist gespickt mit Ausnahmespielern. „Wir müssen lernen, die einfachen Fehler abzuschalten und schauen, dass wir aus der Misere rauskommen“, sagte Gerhard Puschnik nach dem desolaten Auftritt seiner Mannschaft.
Allzu viel Kritik wollte der Österreicher an seinem Team nicht üben.
„Auf einen Hund einzuprügeln, der schon auf dem Boden liegt, wäre falsch.“Allzu viel Ahnung, weshalb das erste Heimspiel so in die Hosen ging, hatte er allerdings auch nicht. „Wenn wir das wüssten, wären wir alle gescheiter.“Einen Punkt machte der im Pech aus. So habe man zum falschen Zeitpunkt die Gegentore kassiert. Insbesondere der Doppelschlag der Landsberger zum 3:1 und 4:1, nur eine Minute nachdem Dominik Ochmann die Lindauer gerade wieder herangeschossen hatte, schmerze. „Aber wir haben uns das Glück an diesem Abend auch nicht verdient“, sagte Puschnik, der auch die nötige Mentalität bei seinen Spielern vermisste. Während die Landsberger jede gelungene Aktion ihrer Mitspieler wie ein
Tor bejubelten, blieb die Bank der Lindauer über weite Strecken ruhig. „Wir haben uns zu wenig selbst gepuscht.“Da Zuschauer zumindest im November weiter nicht zugelassen sein werden, muss die Mannschaft einen Weg finden, selbst die Emotionen ins Spiel zu bringen.
Vor allem gilt es aber, das nötige Selbstbewusstsein zu finden. „In den Köpfen war Angst vor Fehlern und vor dem Verlieren“, analysierte der Islanders-Trainer. „Das müssen wir abstellen und Spaß am Eishockey haben.“Wie das gelingen soll? „Wir werden die Jungs ins Positive reinreden.“Auch hierfür kann das zerbrochene Plexiglas als passende Metapher herangezogen werden: Scherben bringen schließlich Glück.