Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Maske ist kein Thema, Lieferengpass schon
Stichprobe bei Geschäften in der Hauptstraße: Wie entwickelt sich der Einzelhandel zu Corona-Zeiten?
MECKENBEUREN - Die Corona-Krise hat Deutschland fest im Griff auch wirtschaftlich. Acht Monate nach Bekanntwerden der Pandemie hat sich für die Arbeitnehmer vieler Branchen die Situation verändert: Neue Bedingungen, Maßnahmen, Arbeitszeitmodelle - und nun wieder „Lockdown light“. Wie sieht es in Meckenbeuren aus?
„Wir arbeiten mit Maske, desinfizieren abends den Laden. Aber sonst...“, Simone Restle, Inhaberin des gleichnamigen Fachgeschäfts an der Hauptstraße, spricht nicht von einer Mehrbelastung. Sie wirkt optimistisch. Nach den mehrwöchigen Ladenschließungen im März und April erlebte der Einzelhandel deutschlandweit ein deutliches Umsatzplus. Für die Einzelhändler ging es mit den Corona-Lockerungen wieder aufwärts: „Nach dem Lockdown sind die Kundenzahlen natürlich erstmal hochgegangen“, erinnert sich Restle. Und, auch die Umsatzzahlen stiegen. Im Oktober, rund sechs Monate später, haben sich die Zahlen normalisiert und seien wieder auf dem Level des Vorjahres.
Auch für die Mitarbeiter hat sich die Situation wieder normalisiert: Nur während der Schließzeit war Kurzarbeit ein Thema. „Jetzt läuft es wieder normal weiter.“
Während wenige Meter weiter das Beleuchtungshaus vorübergehend geschlossen hatte, veränderte sich im Elektrofachbereich von Elektro Veeser auch zu Beginn der Corona-Pandemie kaum etwas. Inzwischen hat sich auch die Situation im Beleuchtungshaus normalisiert, erklärt Inhaberin Sabine Stibi Anfang
Oktober: „Was weniger geworden ist, ist die Laufkundschaft“, so Stibi. Die Straßen seien nicht mehr so voll, das Verhalten der Kunden habe sich vielleicht auch dahingehend verändert, dass man nicht wegen Kleinigkeiten losgeht.
Auch Detlef Schulz vom BrillenTreff berichtet, dass „nach Einschränkungen der Öffnungszeiten in Verbindung mit Kurzarbeit im März und April“, fast alles wieder wie normal laufe – unter allen Auflagen und Hygienemaßnahmen. „Da bei uns Hygiene immer schon ein Thema war und ist, hat sich in den Arbeitsabläufen nicht viel geändert bis auf den Mund-Nasen-Schutz und das Desinfizieren aller Fassungen nach der Anprobe sowie aller Oberflächen nach dem Kundenbesuch.“Geräte und Arbeitsmittel wurden schon immer gereinigt und desinfiziert. „Für die Zukunft glaube ich, dass wir uns alle an die geänderten Verhaltensregel gewöhnen werden. Das Leben geht weiter“, sagt Schulz.
Auch in der Friseurbranche sind Hygienemaßnahmen nichts Neues. Und doch haben die Corona-Pandemie,
ihre Folgen, die Maßnahmen und Auflagen das Friseurhandwerk verändert. „Wir merken schon einen Mehraufwand - eben auch vom Zeitmanagement her“, sagt Sabine Kirchmaier, Inhaberin des Haarstudios Sabine. Sitzplätze mussten entfernt werden, weniger Kunden dürfen bedient werden, Abstandsregeln müssen eingehalten, ein Mund-NasenSchutz getragen werden.
Nach Wochen haben sich Arbeitsabläufe zwar eingespielt, von Normalität spricht Sabine Kirchmaier aber nicht. Auch, weil das Kundenverhalten noch schwierig zu kalkulieren sei. „Es schwankt“, so Kirchmaier. „Es gibt Monate, in denen man denkt, es ist alles wieder gut. Dann spürt man aber, dass die Menschen schon wieder verhalten sind.“
Klar ist: Weniger Kunden bedeuten auch weniger Umsatz. „Was ausgefallen ist, können wir nicht mehr reinholen“, sagt Kirchmaier. Hinzu kommen die Kosten für die Umsetzung des Hygieneprogramms. Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe, Masken werden von den Friseuren selbst finanziert. Und, Sabine
Kirchmaier hat zudem bereits im Sommer in einen Luftreiniger und damit auch in die Sicherheit ihrer Kunden investiert. „Es gibt überall schwarze Schafe, aber wir Friseure müssen ein striktes Hygienekonzept einhalten, wie kaum eine andere Branche. Ich glaube, da können sich auch Kunden sicher fühlen.“
Drei Phasen kennzeichnet Gabi Deutelmoser von Werners Hofladen: Während des ersten Lockdowns „hatten wir viel zu tun“, sagt sie, das habe mit der Zeit etwas nachgelassen, doch jetzt sei Hauptsaison – Apfelzeit eben. Auch in der Vorwoche (der ersten „Lockdown light“Woche) sei es im Hofladen in der Hauptstraße nicht ruhiger geworden.
Maximal fünf Leute dürfen sich dort gleichzeitig aufhalten. Gabi Deutelmoser bemerkt großes Verständnis fürs Hygienekonzept und auch dafür, dass es keine Selbstbedienung mehr gibt. „Die Leute halten sich dran“, freut sie sich – auch darüber, dass es noch nie eine Diskussion ums Maskentragen gegeben habe.
Andere Branche, andere Bedürfnisse: „Jetzt schon an Weihnachten denken“, das rät Ursula Sulger von Spiel- und Schreibwaren Gresser. „Aufgrund Corona wird es leider zu Lieferengpässen kommen. Wir reservieren Ihnen gerne Ihre Geschenke frühzeitig bis zum Fest“, hatte sie in einer Anzeige mitgeteilt. Hinter dem Tipp steckt das Wissen um die „Schwierigkeit“, bestimmte Ware zu bekommen – was vor allem Lego, Playmobil und Puzzle meint.
Am Beispiel des letzteren sagt Ursula Sulger: „Wir haben im Frühjahr und Sommer so viele Puzzles verkauft wie noch nie“– eine RiesenNachfrage, die auch von den Herstellern erst einmal zu bewältigen war.
Derzeit wendet sie viel Zeit auf, um Ware zu ordern und zu prüfen, was gerade lieferbar ist, denn das könne sich jeden Tag ändern.
Was die jetzige Phase (“Lockdown light“) angeht, bemerkt sie: „Es ist ruhiger geworden.“Die Leute kämen gezielt, und so manche klären am Telefon schon vorab ihre Wünsche ab.
In eine ähnliche Richtung zielt Apotheker Rudi Wenzler, wenn er über das Kundenverhalten sagt: „Man holt sich, was man wirklich braucht – das ist die neue Realität.“Für eine Apotheke im ländlichen Raum („Rezeptapotheke“) dürfte das – im Gegensatz zur Großstadt, wo es um Kundenfrequenz geht – eher einzuordnen sein.
Derzeit laufe es „mehr oder weniger“normal – eben wie beim ersten Lockdown im Frühjahr. Allerdings spricht Wenzler von einem vermehrten Botendienst, der etwa um ein Drittel zugenommen habe. Mit ihm werden nicht nur, aber auch jene Personen versorgt, die sich in häuslicher Quarantäne befinden.