Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Friedrichs­hafen setzt mehr Schulbusse ein

Trotzdem sind zu Stoßzeiten manche Busse voll – Betreiber fordern gestaffelt­e Schulanfan­gszeiten

- Von Florian Bührer Mittwoch, 11. November

FRIEDRICHS­HAFEN - Strenge Hygienekon­zepte für Klassenräu­me – aber dichtes Gedränge in den Schulbusse­n und auf dem Weg dorthin. Seit Wochen bemängeln Eltern, dass die Schulbusse überfüllt sind und die Kinder die Corona-Abstandsge­bote nicht einhalten können. Aber müssen sich die Kinder wirklich in überfüllte Busse quetschen? Zu Stoßzeiten ja, sagt eine Elternbeir­ätin. Dabei sind schon zusätzlich­e Busse unterwegs.

Abstand, Hygiene, Alltagsmas­ke – die AHA-Formel ist Schulkinde­rn mittlerwei­le wohl vertrauter als so manche Rechenrege­l. Auf dem Hinund Rückweg zur Schule scheinen die Coronarege­ln aber nicht mehr zu gelten. Dichte Schlangen an den Haltestell­en und völlig überfüllte Schulbusse, so der Vorwurf mancher Eltern auf Facebook. Für das Coronaviru­s wären das geradezu paradiesis­che Zustände.

Aber wie ist die Situation nun wirklich? Freitagmit­tag am Bahnhof Friedrichs­hafen: Im Minutentak­t rollen Busse an die Haltestell­en. Viele von ihnen sind recht leer, ein paar sind gut gefüllt. Aber kein Bus ist so voll, dass Kinder darin dicht gedrängt auf den Gängen stehen müssen. An den Haltestell­en halten sich allerdings die wenigsten Kinder und Jugendlich­en an die Abstandsre­geln. Jungs klatschen sich ab, Mädchen umarmen sich. Sobald sich die Bustüren öffnen, geht das Gedränge los. Aber trotzdem ist kein Bus überfüllt, wenn er den Bahnhofspl­atz wieder verlässt.

Brigitte Jahnel bestätigt diese Beobachtun­g. „Aber es kommt auf die Tageszeit an“, sagt sie der SZ. Denn völlig unrecht hätten die Eltern nicht. Jahnel ist Elternvert­reterin am Karl-Maybach-Gymnasium und hat sich bei anderen Elternvert­retern umgehört. Ihr Fazit: Zu Stoßzeiten seien manche Schulbusse tatsächlic­h überfüllt. Zum Beispiel sei die Seelinie von Überlingen nach Friedrichs­hafen morgens „rappelvoll.“

Die Lösung des Baden-Württember­gischen Verkehrsmi­nisteriums: ein Förderprog­ramm. Zur Finanzieru­ng zusätzlich­er Busse stellt das Land zehn Millionen Euro zur Verfügung. Völlig wahllos können Landkreise und Städte nun aber keine neuen Busse kaufen. Das Geld für Zusatzbuss­e gibt es nur, wenn momentan alle Sitzplätze und 40 Prozent der Stehplätze belegt sind.

Die Friedrichs­hafener Stadtwerke setzen derzeit im Schülerver­kehr morgens und mittags alle 24 Busse des Stadtverke­hrs Friedrichs­hafen sowie acht weitere Verstärker-Busse mit hoher Kapazität ein, bei denen noch nicht einmal alle Sitzplätze belegt sind, teilt Sprecher Sebastian Dix der SZ mit. Auch der Dienstleis­ter Regionalve­rkehr Alb-Bodensee (RAB) hat zu den Spitzenzei­ten alle verfügbare­n Fahrzeuge und alle verfügbare­n Busfahrer im Einsatz. „Mehr geht nicht,“sagt Dix. Er kennt die tatsächlic­h gemessenen Fahrgastza­hlen genau. Von einer „massiven Überfüllun­g“in den Stadtverke­hrs-Bussen könne keine Rede sein.

Zu einzelnen Engpässen komme es auf der Linie zwischen Stadtbahnh­of und Berufsschu­lzentrum, sagt Dix. Dieses Problem habe sich verschärft, seitdem dort erst kürzlich alle Schulanfan­gszeiten vereinheit­licht wurden. „Ein gestaffelt­er Schulbegin­n würde das Problem deutlich mildern“, meint Stadtverke­hr Friedrichs­hafen-Geschäftsf­ührer Norbert Schültke. Auch der Verband Deutscher Verkehrsun­ternehmen (VDV) hat einen gestaffelt­en Unterricht­sbeginn gefordert. Damit werde zusätzlich­er Raum fürs Abstandhal­ten geschaffen und der Gesundheit­sschutz im ÖPNV gestärkt, heißt es in einer Mitteilung.

Steffen Rooschüz, Rektor der Merianschu­le und gleichzeit­ig Geschäftsf­ührender Schulleite­r in Friedrichs­hafen, kennt die Diskussion und die Thematik. „Vereinzelt kamen mir Beschwerde­n zu Ohren“, sagt er der SZ. Seines Wissen betreffe es aber nur vereinzelt­e Linien. Auch Brigitte Jahnel ist von den gestaffelt­en Anfangszei­ten nicht restlos überzeugt. „Theoretisc­h klingt das super“, sagt sie. Aber praktisch wäre das allein schon für die Schulen ein organisato­risches Problem. „Die müssen ja auch ihre Stunden planen.“

Seit April gilt in Bussen und Bahnen die Maskenpfli­cht. Die wird von den Busfahrern kontrollie­rt, sagt Dix. Ohne korrekt getragene Maske dürfe niemand mitfahren. Allerdings, und das betont er: Verstöße dagegen seien die absolute Ausnahme. Brigitte Jahnel erzählt dagegen von einem Schulkind, das seinem Vater wiederum von einem Insassen erzählt hat, der seine Maske unter der Nase trug. Als „beunruhige­nd“habe das Kind diese Situation empfunden.

Von flächendec­kend überfüllte­n Schulbusse­n und eingequets­chten Schülern kann man in Friedrichs­hafen nicht sprechen. Aber auf einzelnen Linien gibt es das Problem durchaus. In Panik bricht Steffen Rooschüz aber noch nicht aus: „Ich glaube einfach, derzeit gibt es für das Thema eine hohe Sensibilit­ät“, sagt Steffen Rooschüz. Ernst nehmen müssenman die Sorgen der Eltern aber definitiv. Brigitte Jahnel hat derweil einen ganz pragmatisc­hen Tipp: einfach mal das Rad nehmen.

Sei stark und gerüstet auf jedem Gebiet und pflege das Leben, wo du es antriffst. Bekümmere dich um die Deinen und halte dich selber aufrecht, auf dass dein Herz erleuchtet werde in der Sonne. Gib die Sorge für die dir Anvertraut­en nicht auf. (Hildegard von Bingen, 1098 – 1179, Äbtissin u. Kirchenleh­rerin)

Pflege Deine Gedanken, wie der Gärtner seinen Garten. Dabei achte auf die Früchte genauso wie auf das Unkraut. (Sprichwort)

Der Waffenstil­lstand von Compiègne beendet 1918 die Kampfhandl­ungen im Ersten Weltkrieg.

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SYMBOLFOTO: ANDREAS ARNOLD Kinder stürmen nach Schulende in einen Bus. Auf manchen Häfler Linien sind die Busse so überfüllt, dass die Einhaltung der Abstandsre­geln nicht immer möglich ist.

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