Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Unwissenheit schützt vor Bußgeld nicht
Amtsrichter urteilt über Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz
TETTNANG (sig) - Über mehrere Bußgeldeinsprüche wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz und der Allgemeinverfügung der Stadt Friedrichshafen im März und April hat das Amtsgericht Tettnang am Freitag entschieden. Über Wochen hatte die Stadt für Uferabschnitte den Aufenthalt untersagt.
Die alleinerziehende Mutter von drei Kindern versteht nicht, was ihr da zwischen dem Ruderclub-Gelände und der Brücke Richtung Ried widerfahren ist. Weil ihr Nachwuchs nicht auf dem Weg blieb, sondern zum See lief, folgte die Mutter den Kindern und machte ein paar Fotos. Dass sie sich dort nicht aufhalten durfte, habe sie nicht gewusst, sagt sie Richter Oliver Kovatschewitsch. Sie habe zwar die Absperrbänder um die Bänke gesehen und sich nicht hingesetzt, aber kein Verbotsschild für den Uferbereich.
Zwei Beamte verhängten ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro – gegen das die Frau widersprach. Vor Gericht widersprach die Polizeibeamtin der Einlassung der Mutter, es seien keine Verbotsschilder aufgestellt gewesen, die den Aufenthalt auf öffentlichen Spiel- und Bolzplätzen und Freizeitgeländen untersagten. Das sah der Richter nicht so eindeutig. Er stellte das Verfahren ein und gab der Stadtverwaltung mit auf den Weg, ihre künftige Allgemeinverfügung auf eine andere Rechtsgrundlage zu stellen. Der Frau gab er den Rat, künftig zu schauen was erlaubt sei.
In einem weiteren Fall wehrten sich eine Frau und deren Freund gegen einen Bußgeldbescheid. Die beiden Ortsfremden hatten auf der Durchfahrt auf dem Fischbacher Fildenplatz Halt gemacht, waren dort spazieren gegangen, ehe sie wieder den Rückweg antraten. Sie, die eine Herzoperation hinter und eine weitere vor sich hat, hatte sich zum Ausruhen auf einen der großen Steine gesetzt, als eine Corona-Streife auf sie zukam, um mitzuteilen, dass der Aufenthalt eine Ordnungswidrigkeit ist. „Warum haben Sie ihr nichts von Ihrer Krankheit gesagt?“In diesem Fall hätte die Beamtin sicher Verständnis gehabt, und es hätte kein Bußgeld gesetzt, bedeutete ihr der Richter. Die Einlassung des Paares, es sei von den Polizisten bestraft worden, die am Ufer auf Decken liegenden Personen auf dem Gelände jedoch unbehelligt geblieben, konnte die Polizistin nicht nachvollziehen. Der Richter sah erneut Probleme mit der städtischen Allgemeinverfügung. Das Gericht entschied auch hier auf Einstellung des Verfahrens – das Bußgeld (100 Euro) müssen sie jedoch bezahlen.