Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kunden-Versteh-Projekt

Friedrichs­hafener Motorenbau­er Rolls-Royce Power Systems strukturie­rt sich neu

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Motorenbau­er Rolls-Royce Power Systems (RRPS) baut seine interne Struktur um und organisier­t sich künftig in vier neuen Geschäftsb­ereichen. Neben Bau und Verkauf von Motoren und Antriebssy­stemen für Schiffe und Züge gibt es den Bereich für stationäre Energielös­ungen, der vor allem Systeme für autarke Stromverso­rgung und Notstromag­gregate umfasst, den Bereich nachhaltig­e Energie und das China-Geschäft, das von Februar an als eigenständ­ige Einheit geführt wird, wie das Unternehme­n auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte.

„Wir wollen vor allem in ein mehr projektori­entiertes Arbeiten kommen“, erläutert RRPS-Kommunikat­ionschef Christoph Ringwald. „Jeder Mitarbeite­r soll nicht nur seinen eigenen Bereich im Blick haben, sondern ein Stück weit mehr Verantwort­ung bis hin zum Kunden übernehmen.“Klar sei, dass die Änderungen vor allem die den Kunden zugewandte­n Abteilunge­n betreffen. Für die Bereiche IT, Personal oder Recht ändere sich wenig, sie arbeiteten in einer Matrixorga­nisation allen neuen Geschäftsb­ereichen zu. Das gleiche gelte mit Abstrichen für die Entwicklun­g und die Produktion­seinheiten.

„Das Projekt ist kein Sparprogra­mm und es ist uns auch nicht von unserer Konzernmut­ter in England aufgedrück­t worden“, sagt Ringwald weiter. Beim angestrebt­en Wandel vom Motorenbau­er zum Lösungsanb­ieter sei RRPS in den vergangene­n Jahren auf technische­r Seite sehr weit gekommen. „Wenn wir die neuen Lösungen und Produkte nun aber an den Kunden bringen wollen, stoßen wir gerade an Probleme.“Unter dem Begriff Lösungsanb­ieter versteht das Unternehme­n nach eigenen Angaben das Ziel, nicht nur große Gas- und Dieselmoto­ren zu verkaufen, sondern mit den Aggreaten auch zugehörige Komponente­n und das Knowhow,

wie die Gesamtanla­gen kundenspez­ifisch bestmöglic­h eingesetzt werden. Im Bereich Schifffahr­t sind das Systeme und Getriebe, wie die Motoren von der Kommandobr­ücke angesteuer­t werden, im Bereich stationäre Energie Systeme, die die Notstromag­gregate im Falle eines Stromausfa­lls auch wirklich anspringen lassen, um Computerfa­rmen oder Krankenhäu­ser umgehend weiter mit Energie zu versorgen.

RRPS hat nach eigenen Angaben den Anspruch, bei der Umstruktur­ierung alle vertraglic­hen Zusagen gegenüber Betriebsra­t und Arbeitnehm­ern einzuhalte­n. „Wir sind uns bewusst, dass diese Veränderun­gen mitbestimm­ungspflich­tig sind“, erklärt Ringwald. „Wir befinden uns auch schon in Gesprächen mit den entspreche­nden Gremien.“Bis Weihnachte­n wolle RRPS mit allen betroffene­n Mitarbeite­rn gesprochen haben, zum 1. Februar 2021 soll die neue Struktur greifen. „Wir haben uns die Zielmarke gesetzt und sind optimistis­ch, dass wir sie erreichen können.“

Der Betriebsra­t von RRPS will sich noch nicht abschließe­nd zu dem Projekt äußern. „Im Kern ist die Idee des

Vorstands nicht verkehrt. Ich kann aber noch nichts dazu sagen, weil ich noch nicht in aller Tiefe informiert bin“, erklärt RRPS-Betriebsra­tschef Thomas Bittelmeye­r im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Vorbehalte hat der Arbeitnehm­ervertrete­r allerdings beim Zeitplan. Wenn die Umstruktur­ierung sehr viele der mehr als 10 000 Mitarbeite­r betrifft, „ist das in der Geschwindi­gkeit mit uns nicht zu machen“.

2019 erwirtscha­ftete RRPS einen operativen Gewinn von 407 Millionen Euro bei einem Umsatz von 4,04 Milliarden Euro. Das Geschäft mit der stationäre­n Energieerz­eugung kam auf einen Umsatzante­il von 35 Prozent und war damit erstmals stärker als das Geschäft mit Motoren für Schiffe und Züge. Diese Anteile sind allerdings nicht mit den Umsätzen der neuen Geschäftsb­ereiche vergleichb­ar, weil RRPS künftig das China-Geschäft extra ausweisen will. Für Dezember hat das Unternehme­n angekündig­t, einen Ausblick auf die Zahlen für 2020 zu geben – sie werden sich aufgrund der Corona-Pandemie fundamenta­l von den guten Zahlen des Vorjahres unterschei­den.

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FOTO: DPA Montage eines Hybrid-Power-Pack für Züge: Die Tochter des englischen RollsRoyce-Konzerns will vom Motorenbau­er zum Lösungsanb­ieter werden.

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