Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Auf Ersatz ist Verlass
Der US-Amerikaner Joe Worsley hat sich am Bodensee zu einem guten Bundesligaspieler entwickelt
FRIEDRICHSHAFEN - Die Rollen auf der Zuspielerposition sind beim VfB Friedrichshafen klar verteilt. Dejan Vincic ist die Nummer eins und Joe Worsley die Nummer zwei, das haben die Verantwortlichen des Volleyball-Bundesligisten den beiden Spielern vor der Saison auch transparent mitgeteilt. Aufgrund der Klasse und Erfahrung des aus Polen gekommenen Vincic sei das nur die logische Rangfolge, berichtet VfB-Trainer Michael Warm. Ohne dabei seinen zweiten Zuspieler zu verärgern. „Meine Rolle ist mir bewusst“, sagt Worsley, der dennoch gerne beim VfB ist. „Ich genieße es, in diesem Team zu spielen und zu lernen.“
Seine Lust ist ihm bei seinen Einsätzen auch immer anzumerken. Der 23-jährige US-Amerikaner agiert mit Freude und versucht, der Mannschaft mit seiner Spielstärke zu helfen. Wie auch am vergangenen Samstag, als er für seine starke Leistung beim 3:1-Sieg in Lüneburg die Auszeichnung zum wertvollsten Spieler des Spiels erhielt. „Das war sehr schön“, meint Worsley. Seinen besten Auftritt in dieser bisherigen Runde hatte er allerdings Ende Januar gegen eine der besten Mannschaften Deutschlands. Statt dem 34-jährigen Vincic stand nämlich Worsley in der Topbegegnung bei den Berlin Recycling Volleys auf dem Feld – er überraschte positiv und überzeugte beim 3:1-Erfolg der Häfler auf ganzer Linie.
In seiner noch jungen Karriere war dies ein Meilenstein. Worsley bewies damit, großen Spielen seinen Stempel aufdrücken zu können.
Alles andere als eine Selbstverständlichkeit, gerade auch wegen des kurzfristigen Zustandekommens. Denn erst zwei Tage vor dem Spiel in Berlin war klar, dass Vincic wegen einer Verletzung passen muss. Nicht irgendwer, sondern der Kapitän der Mannschaft und eine der prägenden Figuren im Spiel des deutschen Rekordmeisters. Das warf durchaus die Frage auf, ob die Friedrichshafener in Berlin ohne ihn erfolgreich sein können. Außer bei Warm. Der sieht Worsley jeden Tag im Training und traute ihm die Aufgabe auf jeden Fall zu. „Ich wusste, dass Joe immer bereit war. Er ist verlässlich, hat sich spielerisch stabilisiert und immer gut gespielt, wenn man ihn gebraucht hat“, sagt der VfB-Coach. Mit seiner Trainingsumstellung unmittelbar vor dem Spiel, die Worsley in den Fokus rückte, hatte Warm keinen unwesentlichen Anteil an seiner Leistung. Den 23-jährigen US-Amerikaner trieb jetzt aber auch nicht die Angst um, möglicherweise zu versagen und der Herausforderung nicht gewachsen zu sein. „Ich habe mich vorbereitet gefühlt, war voller Vorfreude und hatte Vertrauen in meine Fähigkeiten.“Mittlerweile ist er eben mehr als ein Ersatz. „Joe hat sich prächtig entwickelt und ist ein guter Bundesligaspieler“, betont Warm.
Worsley ist es somit in nur zwei Jahren gelungen, sich in der ersten Liga Deutschlands einen Namen zu machen. Seit seinem Wechsel von einer Universitätsmannschaft im USBundesstaat Hawaii zum VfB (2019) sind seine Verbesserungen offensichtlich, unter anderem im Block habe er laut Warm einen großen Schritt gemacht. Das macht ihn noch kompletter, neben seiner Spielstärke besitzt er zudem im Aufschlag eine hohe Qualität. Beim US-Amerikaner, der ein bisschen Deutsch spricht, erhöhen sich dadurch die persönlichen Ziele. Er will weiter wachsen, sich dauerhaft auf höchstem Niveau beweisen und mehr Einsatzzeiten bekommen. Völlig richtig, meint Warm. „Er muss jetzt den Anspruch haben, Stammspieler zu sein. Ob hier in Friedrichshafen oder woanders.“
Für Worsley und den VfB Friedrichshafen steht am Mittwoch die Partie beim neuen Pokalsieger United Volleys Frankfurt auf dem Programm. Anpfiff in ihrem letzten Auswärtsspiel in der regulären Saison der Volleyball-Bundesliga ist um 19.30 Uhr. Die Häfler fahren wahrscheinlich mit dem gesamten Team nach Hessen – anders als noch am Samstag, als sie mit einem Rumpfteam in Lüneburg den ersten Platz fixierten.