Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mehr Tempo beim Impfen
Hausärzte sollen bald Vakzine verabreichen – Astra-Zeneca auch für Ältere empfohlen
BERLIN - Angesichts des bisher schleppenden Impf-Managements sollen immer mehr Arztpraxen in das Impfen einbezogen werden – bisher gibt es nur Pilotprojekte. BadenWürttemberg startet mit einem solchen ab dem kommenden Montag. Dann soll es in fast jedem Stadt- und Landkreis eine Hausarztpraxis geben, die Corona-Impfungen anbietet.
Das Angebot richtet sich zunächst nur an über 80-Jährige aus der ersten Impfgruppe. Die Termine werden von den Praxen vereinbart, man muss nicht von sich aus nach einem Termin fragen, hieß es aus dem Landesgesundheitsministerium. Zurzeit wird fast ausschließlich in Impfzentren und durch mobile Teams Vakzin verabreicht. Der Probebetrieb bei den Hausärzten in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und den kommunalen Landesverbänden soll zunächst sechs Wochen dauern. Im Bezirk eines Impfzentrums soll es maximal eine Hausarztpraxis geben, die Corona-Impfungen anbietet.
Das Bundesgesundheitsministerium erklärte am Donnerstag, dass „spätestens im April deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehen wird, als die Bundesländer verimpfen können“. Die Abstimmung mit Großhandel, Apotheken, Kassenärzten und Ländern für die Umstellung auf die Praxen stehe kurz vor dem Abschluss. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) meint denn auch, das Virus sei nur in den Griff zu bekommen, wenn man die Praxen der Haus- und Fachärzte schnell einbinde, so KBV-Vorstandschef Andreas Gassen: „Das hat die Politik im Grundsatz auch erkannt.“
Die KBV rechnet bereits für Mitte April mit drei Millionen Impfdosen pro Woche. Ab Anfang Mai seien sogar fünf Millionen Impfdosen wöchentlich zu erwarten. Das sei nur mithilfe der 50 000 dafür infrage kommenden Haus- und Facharztpraxen zu bewältigen, schließlich verimpfe man seit Jahrzehnten etwa Grippe-Vakzine. Aufwendige Einladungsverfahren müsse es, ausreichende Impfstoffmengen vorausgesetzt, dann nicht mehr geben, es gehe dann immer der Reihe nach. Das Impfen in vertragsärztlichen Praxen sei, sagt KBV-Vize Stephan Hofmeister, „tägliche ärztliche Routine und vor allem dann schnell, wenn die Rahmenbedingungen unbürokratisch sind und man die Praxen machen lässt“. Aber natürlich könnten „nicht alle am Montag um acht Uhr drankommen, da muss man auch schon mal bis Freitag warten“.
Damit würden dann die bisher üblichen Wege über Telefon-Hotlines, Einladungsschreiben und Onlineportale, je nach Bundesland verschieden, hinfällig. Sollte der Start der Impfungen in den Praxen klappen, geht die KBV davon aus, dass bis August jeder Deutsche, der das will, geimpft sein kann.
Eine gute Nachricht gab es am Donnerstag von der Ständigen Impfkommission (Stiko). Das Gremium teilte mit, dass der Impfstoff des Herstellers Astra-Zeneca nun auch ab 65 Jahren empfohlen werde. Sie hatte das Mittel bisher nur zwischen 18 und 64 empfohlen, weil Studiendaten für Ältere gefehlt hatten. Diese liegen nun vor und belegen nach Ansicht der Stiko die Wirksamkeit.
Eine wachsende Zahl großer deutscher Unternehmen will unterdessen den Schutz der Mitarbeiter vor dem Coronavirus in die eigenen Hände nehmen. Dax-Konzerne wie die Allianz und die Deutsche Telekom sind ebenso bereit, die eigenen Belegschaften durch Betriebsärztinnen und -ärzte impfen zu lassen wie die chemische Industrie, der Mischkonzern Baywa oder die den Sparkassen verbundene Versicherungskammer. „Wir stehen zu unserem Angebot, die Impfstrategie durch einen koordinierten Einsatz von Betriebsärzten zu unterstützen“, erklärte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger am Donnerstag.