Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Hoffnungsschimmer, mehr nicht
Die Lockerung im Sport wird sich sehr langsam vollziehen
HAMBURG (SID/dpa) - DOSB-Präsident Alfons Hörmann sieht einen „ersten Hoffnungsschimmer“, Fußball-Boss Fritz Keller hätte sich „mutigere Öffnungsschritte“gewünscht: Der Amateur- und Breitensport darf nach dem monatelangen Corona-Stillstand langsam wieder hochfahren, doch die beschlossenen Lockerungen lösten an der Basis keine Jubelstürme aus.
„Ein erster Schritt ist gemacht. Der organisierte Sport kann bei aller weiterhin gebotenen Vorsicht allmählich wieder in Bewegung kommen und damit aktiv dazu beitragen, dass wir gemeinsam durch diese schwere Zeit kommen“, sagte DFB-Präsident Keller. In Bezug auf die 24 500 Fußballclubs hätte er sich aber mehr Mut von der Politik gewünscht. „Klare, umsetzbare Regelungen“seien nun nötig, um dem gesamten Amateurfußball „wieder flächendeckend eine Perspektive aufzuzeigen“.
Auch Hörmann sah in der Bewertung der Beschlüsse des Corona-Gipfels keinen Grund zur Euphorie. „Jetzt kommt es entscheidend darauf an, dass die Länder und die jeweiligen Kommunen die gebotenen Freiheitsgrade auch im Sinne des Sports nutzen“, so der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).
Es sind tatsächlich nur zarte Perspektiven, die von dem am Mittwoch festgezurrten Stufenplan ausgehen. So dürfen ab Montag bei einer regional stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Menschen wieder bis zu zehn Personen in kleinen Gruppen unter freiem Himmel kontaklosen Sport treiben. Der Besuch von Fitnessstudios und Hallensport sind beispielsweise aber erst später möglich. Dies gilt frühestens ab dem 22. März. Indoorsport mit Kontakt ist im März gar nicht erlaubt – bei höheren Inzidenzen braucht es dafür auch später einen tagesaktuellen negativen Schnell- oder Selbsttest.
Die Beschlüsse wurden von den Sportverbänden ganz unterschiedlich aufgenommen. „Der Stufenplan ist ein gutes Signal für den Tennissport und ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Dietloff von Arnim, Präsident des Deutschen Tennis-Bunds. „Für das langfristige Überleben der Vereine ist eine zeitnahe und unbürokratische Rückkehr auch zum IndoorSport zwingend notwendig“, heißt es hingegen in einer Stellungnahme des Deutschen Turner-Bundes (DTB), hinter dem DFB der mitgliederstärkste deutsche Sportverband.
„Die ersten Schritte hin zum ordentlichen Trainingsbetrieb für alle werden für die Zuversicht und Aufbruchsstimmung sorgen, die wir dringend benötigen“, sagte DFB-Präsident Keller. Noch müssen sich Clubs und Verbände, vor allem aber die vielen Sportlerinnen und Sportler jedoch gedulden. Länder und Kommunen müssen die Beschlüsse erst noch umsetzen und grünes Licht geben . Und auch dann gilt, dass die vielen Sportvereine aufgrund der Abhängigkeit von den Inzidenzien in den nächsten Wochen und Monaten sehr flexibel sein müssen.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht gar davon aus, dass die Beschlüsse „fast gar nicht zum Tragen“kommen werden, weil die „Inzidenz steigen wird und dann ab
Anfang April spätestens über 100 liegen wird“. Er sieht in den neuen Öffnungsschritten eine große Gefahr und warnt eindringlich vor einer dritten Welle.
Der Sport drängt seit Wochen auf Lockerungen seitens der Politik. Noch kurz vor den entscheidenden Beratungen hatte der DOSB in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten „eine Perspektive“für den „vereinsbasierten Sport“gefordert, dafür sei es „höchste Zeit“. Schließlich habe der Breitensport „mit hoher Solidarität die verschiedenen Maßnahmen und Einschränkungen in der gesamten Pandemiephase vollumfänglich mitgetragen“.
Vor allem beim Amateur- und Breitensport hat die lange Phase des Lockdowns Spuren hinterlassen. Vereine und Landessportbünde berichteten über deutliche Mitgliederverluste, die Zahl der ehrenamtlich Engagierten nehme ab.
Seit Mittwochabend gibt es wieder einen „Hoffnungsschimmer“. Mehr nicht.