Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tettnanger ärgert sich über Terminvergabe
80-Jähriger soll zum Impfen spätabends nach Ulm fahren – Alle Termine in FN belegt
TETTNANG - Endlich gibt es einen Impfstoff gegen das Coronavirus – doch einen Termin für den begehrten Piks zu bekommen, ist im Bodenseekreis gar nicht so einfach. Viele Menschen beschweren sich beim Landratsamt und fragen sich, warum vielen Senioren ein Termin in Tübingen oder Ulm statt in Friedrichshafen angeboten wird.
Auch Jürgen Reddig ärgert sich über die Impfterminvergabe. Mehr als zwei Monate lang bemühte sich der Tettnanger Senior eigenen Aussagen zufolge um einen Impftermin für sich selbst und für seine Frau – ohne Erfolg. In Friedrichshafen seien alle Termine bereits weit im Voraus ausgebucht, berichtet er. Schlussendlich habe er nun für sich und seine Frau Impftermine im Zentralen Impfzentrum (ZIZ) in Ulm bekommen. Ende März ist es soweit: Am frühen Abend des 20. März steht für die beiden jeweils der Termin für die erste Impfdosis an. Doch dass sie zum Impfen nicht ins nahegelegene Friedrichshafen können, sondern die Fahrt von mehr als einer Stunde auf sich nehmen müssen, ist für die beiden Tettnanger ein Problem.
Jürgen Reddig und seine Frau sind beide fast 81 Jahre alt. Die Strecke nach Ulm ist für das Ehepaar eine echte Herausforderung: Jürgen Reddig hat zwar einen Führerschein, doch lange Strecken fährt er nicht mehr gerne – erst recht nicht im Dunkeln. Deshalb ist für ihn vor allem der Termin für die zweite Impfdosis problematisch: Denn der soll am 14. April um 20.30 Uhr abends stattfinden. „Der Termin dauert dann etwa eine Stunde – dann müsste ich also spätabends noch nach Hause fahren“, sagt der
Jürgen Reddig
Rentner besorgt.
Hinzu komme, dass seine Frau gehbehindert sei und zusätzlich an einer chronischen Krankheit leide, weshalb längere Autofahrten für sie eigentlich nicht zumutbar seien. „Ich verstehe nicht, warum man das Medikament für uns nicht einfach nach Friedrichshafen schicken kann, sodass wir dort geimpft werden können“, sagt Reddig.
Diese Frage stellen sich derzeit viele Impfberechtigte. Das Kreisimpfzentrum in Friedrichshafen (KIZ) wird vom Landkreis nach den Vorgaben des baden-württembergischen Sozialministeriums betrieben. Auch die Terminvergaben sowie alle weiteren Abläufe richten sich laut Landratsamt nach diesen landesweiten Vorgaben. Und in Baden-Württemberg finde die Terminvergabe über die Rufnummer 116 117 oder über die Internetseite: www.impfterminservice.de statt.
Dass im ZIZ in Ulm im Vergleich zum KIZ mehr Termine angeboten werden können, liegt daran, dass die Zentralen Impfzentren größer und daher auch auf mehr Impfungen pro Tag ausgelegt seien als die Kreisimpfzentren. Sie bekommen auch mehr Impfdosen bereitgestellt. Grundsätzlich sind alle impfberechtigten Bürger frei in der Entscheidung, wo sie sich impfen lassen. Alle Kreisimpfzentren bekommen jedoch aktuell die gleiche Menge an Impfstoff.
Jürgen Reddig hofft, dass sich vielleicht noch eine bessere Lösung findet, die für alle einen zeitnahen Impftermin jeweils im nächstgelegenen Impfzentrum ermöglicht.
„Ich bin durchaus sehr dankbar, dass wir einen Termin bekommen haben, wir haben sehr lange darauf gewartet“, sagt er. Notfalls müsse er sich um eine andere Lösung bemühen, um nach Ulm zu kommen. „Vielleicht kann mein Sohn uns zu dem Termin fahren“, meint er. Er selbst wolle jedenfalls kein unnötiges Risiko eingehen, indem er sich bei Dunkelheit spätabends hinters Steuer setze.
„Ich bin durchaus sehr dankbar, dass wir einen Termin bekommen haben, wir haben sehr lange darauf gewartet.“