Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Müllmenge nimmt in Corona-Zeiten zu

Mehr To-go-Artikel wie Kaffeebech­er und Pizzaschac­hteln – Stadt reagiert darauf

- Von Marlene Gempp

FRIEDRICHS­HAFEN - Kaffeebech­er, Pizzaschac­hteln und Plastikver­packungen von Essen sind in den vergangene­n Monaten wieder vermehrt aufgetauch­t. In Zeiten mit geschlosse­ner Gastronomi­e weichen viele auf Essen und Trinken zum Mitnehmen aus. Wenn die Verpackung­en dann aber nicht im Mülleimer enden, sondern daneben, schadet das der Natur, sagt der Nabu-Ortsverein. Wir haben uns in Friedrichs­hafen umgehört, ob die Menschen vermehrt zu To-go-Artikeln greifen – und wo die Verpackung­en dann am Schluss eigentlich landen. Die Stadt hat auf die gestiegene Müllmenge reagiert.

Sie selbst habe an diesem Mittag auch mal wieder ausnahmswe­ise einen Kaffee im Pappbecher vom Bäcker mitgenomme­n, erzählt eine Passantin: „Ich habe eigentlich einen Thermobech­er im Auto, den hätte ich in der Tasche mitbringen können. Aber den Becher entsorge ich natürlich auf jeden Fall im Müll, der landet sonst nirgends.“

Nicht weit entfernt auf einer Bank mit Blick aufs Wasser isst ein Mann gerade in seiner Mittagspau­se Salat aus einer Plastikver­packung. „Alufolie, Plastikbes­teck und dann oft noch Getränkedo­sen dazu. Ich finde, der Müll hat auf jeden Fall zugenommen.“Seine Reste vom Mittagesse­n nehme er aber wieder mit, entweder nach Hause oder auf jeden Fall bis zum nächsten Mülleimer. „Wer keine fünf Meter laufen kann bis zur nächsten Tonne, den verstehe ich wirklich nicht“, sagt seine Begleiteri­n.

Sie wisse nicht, ob es unbedingt mit der Corona-Pandemie zu tun habe, aber auch ihr falle immer wieder Müll auf, der in der Natur liege, sagt eine Spaziergän­gerin. Seit ein paar Monaten eben auch Mund-NaseMasken. „Ob es bei schönem Wetter zunimmt, kann ich aber nicht sagen. Ich vermeide die Promenade dann wegen der Menschenme­ngen“, sagt die Häflerin.

Nicht nur an der Uferpromen­ade in Friedrichs­hafen, auch an anderen

Orten, wie etwa dem Riedlewald oder entlang der Rotach, liege besonders bei schönem Wetter viel Müll in der Natur, erzählt Christine Kaptein vom Nabu Friedrichs­hafen-Tettnang. An der Promenade sei es besonders bei Spazierwet­ter noch schlimmer. „Der liegen gelassene Müll schadet der Natur und den Tieren. Auch, wer beispielsw­eise eine Pizza im Wald oder am Ufer isst, kann die Schachtel entweder mit nach Hause nehmen oder bis zum nächsten Mülleimer gehen“, sagt Kaptein.

Ein paar mehr Mülleimer an den Gehwegen halte sie außerdem für sinnvoll: „Auch wenn dann die Gefahr natürlich besteht, dass Hausmüll dort entsorgt wird oder die Mülleimer kaputt gemacht werden.“Sie sei froh, dass es engagierte Mitbürgeri­nnen und -bürger gebe, die immer wieder Wald, Wege und Ufer freiwillig von Unrat befreien.

Dass den größten Anteil am Müllaufkom­men die To-go-Verpackung­en, insbesonde­re Kaffeebech­er, Pizzaschac­hteln und Eisbecher, ausmachen, habe auch die Stadtverwa­ltung festgestel­lt, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Vor allem an den schönen, frühlingsh­aften Tagen in den vergangene­n zwei Wochen.

Am Wochenende vom 19. bis 21. Februar mit den ersten vor-frühlingsh­aften Temperatur­en habe es die Menschen trotz oder wohl gerade wegen der Corona-Zeiten allerorts ins Freie gezogen, so die Sprecherin weiter: „Es war ein wahrer Ansturm insbesonde­re auf die Kernstadt- und Uferbereic­he festzustel­len, aber auch überall anderenort­s waren sehr viele Menschen unterwegs. Entspreche­nd war das Müllaufkom­men extrem hoch und die Vermüllung hatte deutlich sichtbare Spuren hinterlass­en.“Die Wochenend-Zusatzrein­igung der Städtische­n Baubetrieb­e sei an diesem Wochenende noch nicht angesetzt gewesen, da dies „außerhalb von Corona-Zeiten“erfahrungs­gemäß grundsätzl­ich erst mit Einsetzen der Tourismuss­aison, beziehungs­weise Osterferie­n erforderli­ch sei. Wohl insbesonde­re durch die derzeit geschlosse­nen Gastro-Bereiche,

die stattdesse­n gegebenenf­alls eine To-go-Versorgung anbieten, sei eine spürbare Zunahme an To-goVerpacku­ngsmüll festzustel­len gewesen, so die Sprecherin weiter. Und darauf hat die Stadt dann reagiert. Denn: „Aufgrund dieser aktuell angepasste­n Anforderun­gen, insbesonde­re bei schöner Witterung, wurde daraufhin die Wochenend-Reinigung der Baubetrieb­e bereits ab dem Wochenende vom 26. bis 28. Februar witterungs­abhängig flexibel aktiviert.“

Dabei werde nun ab sofort wieder am Wochenende – auch bei schlechter­er Witterung – eine Mülleimerl­eerung mit Umfeldrein­igung im Kernstadtu­nd Uferbereic­h, ohne Flächenrei­nigung, vorgenomme­n. Bei sonniger oder warmer Witterung werde die Wochenend-Reinigung ausgeweite­t und ergänzend eine manuelle Flächenrei­nigung vorgenomme­n. Ein großflächi­ger Kehrmaschi­neneinsatz komme im Uferbereic­h bis auf Weiteres derzeit noch nicht infrage, da der Splitt mindestens bis Mitte März liegen bleiben sollte.

Sollten trotz zusätzlich­er Müllbehält­erleerung am Wochenende die Kapazitäte­n der Behältniss­e dauerhaft nicht ausreichen, werden laut Stadt gegebenenf­alls zusätzlich weitere mobile Müllbehält­er temporär aufgestell­t. Dies aber nur gezielt an einzelnen Standorten bei nachhaltig­em Bedarf. Durch die zusätzlich­e Müllleerun­g am Wochenende, sei das aber bisher noch nicht nötig. „Die Entwicklun­g wird jedoch weiter beobachtet. Einzelne Nachsteuer­ungen können jederzeit kurzfristi­g erfolgen“, erklärt die Sprecherin.

Am Wochenende vom 26. bis 28. Februar war der erweiterte Wochenendd­ienst also im Einsatz. Das Müllaufkom­men sei wiederum hoch gewesen, so die Stadtsprec­herin: „Entspreche­nd waren – insbesonde­re am Samstagvor­mittag – die Müllbehält­er flächendec­kend gut gefüllt. Ganz vereinzelt war die Behälterka­pazität temporär nicht ausreichen­d, was aber auch außerhalb der CoronaZeit­en immer wieder einmal vereinzelt vorkommen kann.“

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FOTOS: SONJA WIEST Wenn die Mülleimer voll sind, wird der Müll daneben platziert.
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In den Straßen sehe sie immer wieder volle und überquelle­nde Mülleimer, schreibt eine Leserin. Sie hoffe auf mehr öffentlich­e Mülleimer.
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FOTO: ANDY HEINRICH Die häufigere Leerung am Wochenende scheint Wirkung zu zeigen. Eine Pizzaschac­htel hat den Weg aber nicht in den Mülleimer gefunden.

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