Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der arme Karl
Der Mann mit der Fliege in „Bunte“? Das hätte der Normalbürger noch vor einem Jahr für unmöglich gehalten. Allein die Tatsache, dass Karl Lauterbach dem legendären Promi-Magazin nun ein großes Interview geben durfte, ist der letzte Beweis dafür, dass die Welt völlig aus den Fugen geraten ist. Karl, der Virusversteher! Nicht Heiner, der Schauspieler! Deutschlands populärster Epidemiologe hat es geschafft, er ist klatschtauglich.
Und hier ist sie, die zentrale Botschaft des Interviews: „Zum kompletten Glück fehlt mir eine liebevolle Frau.“Er, der sich vor mehr als zehn Jahren von seiner langjährigen Frau hat scheiden lassen, wolle nicht den Rest seines Lebens Single bleiben. Wie immer ist seine Problemanalyse einwandfrei und bitter. „Im Moment“, erklärt der 58-Jährige, „fehlt mir dafür die Zeit.“Erweitert wird das Problem durch die Tatsache, dass der arme Karl zwar täglich eingeladen wird – aber immer nur von Markus Lanz, Anne Will, Sandra Maischberger oder Frank Plasberg. Sorgen müsse man sich um ihn jedoch nicht machen. „Ich bin nicht der Nerd, für den mich manche halten. Ich bin lebenslustig, mache viel Sport, spiele Tischtennis.“
Herrjemine! Solche Formulierungen kennen wir – aus den Kleinanzeigen unter der Rubrik „Bekanntschaften“. Immerhin ahnen wir jetzt, warum er sich nicht nur von seiner Frau, sondern in der Folge auch von seinem Markenzeichen getrennt hat, der Fliege. Er selbst sagt, dies erhöhe während der Pandemie die Akzeptanz seiner Einschätzungen bei Jüngeren. Da lachen ja die Hühner! Wir erkennen da eine Koinzidenz. (jos)