Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Rekorde für die Ewigkeit
DDR-Fußballer Joachim Streich wird 70 – Er gilt als der „Gerd Müller des Ostens“
BERLIN (SID) - Die Wende hat Joachim Streich glatt verpennt. Als die Mauer 1989 fiel, hospitierte der Rekordtorschütze der DDR bei Huub Stevens in Eindhoven. „Auf dem Hotel hatte ich keinen Fernseher, und die Bilder der jubelnden Menschen an der Mauer sah ich erst am nächsten Morgen“, sagte er einmal. Dem damals jungen Trainer kam das gerade recht. „55 Tore, 102 Spiele. Das ist das Gute an der Wende: Meine Rekorde können nicht mehr eingestellt werden“, kommentiert Streich seine ewigen DDR-Bestmarken.
Am Dienstag wird der „Gerd Müller des Ostens“70 Jahre alt. In Corona-Zeiten dürfte es ein besonderer Geburtstag werden. Die ganz große Sause fällt natürlich aus. War er zu seinem Sechzigsten vor zehn Jahren noch mit seiner Frau Marita verreist, zwingt die Pandemie den früheren Weltklassestürmer zur beschaulichen Party im kleinstmöglichen Kreis. Es ist aber auch die perfekte Gelegenheit, ganz in Ruhe auf eine beeindruckende Karriere zurückzublicken. Streich fliegt oft unter dem
Radar, wenn es um die besten Fußballer der deutschen Geschichte geht.
Dabei schossen nur Miroslav Klose und eben Gerd Müller mehr Tore für eine deutsche Mannschaft. „Gerd habe ich immer sehr bewundert“, sagte Streich dem Magazin 11Freunde: „Seine Tore, seinen Willen – er war unglaublich. Ich bin aber sehr zufrieden mit meiner Karriere. Trotzdem: In der Bundesliga hätte ich gerne mal gespielt.“Dafür kam sein Karriereende als Aktiver 1985 zu früh, seinem fußballerischem Erbe schadet das aber keinesfalls.
141 Spiele und 58 Tore für Hansa Rostock, 273 Einsätze und 171 Treffer für den 1. FC Magdeburg. Es sind Rekorde für die Ewigkeit. „Ich war ein Junge von der Küste und Hansa mein großer Traum“, sagte Streich. „Als ich es im Jahr 1969 endlich zu den Männern geschafft hatte, war ich glücklich. Ich dachte nie, dass ich noch mehr Erfolge feiern werde.“Er sollte in der DDR-Oberliga viermal die Torjäger-Kanone holen, dreimal Pokalsieger und zweimal Fußballer des Jahres werden. Dazu kam Bronze bei Olympia 1972.
Nach dem Karriereende versuchte sich Streich als Coach. 1985 wurde er zum Cheftrainer des 1. FC Magdeburg ernannt – gegen seinen Willen. Die großen Erfolge blieben allerdings aus. Später trainierte er den damaligen Zweitligisten Eintracht Braunschweig. Und nach einem kurzen Intermezzo beim FSV Zwickau, den er 1997 vor dem Abstieg aus der 2. Bundesliga gerettet hatte, zog er sich aus dem Fußballgeschäft zurück.