Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Solarpark bei Niederwangen geplant
Anlage könnte 1200 Haushalte mit Strom versorgen – Zu Plänen, Zielen und Stimmungen
NIEDERWANGEN - Im Raum Wangen könnte es in den kommenden Jahren einen großflächigen Einstieg in die Energiegewinnung durch die Kraft der Sonne geben. Eine auf dieses Thema spezialisierte EnBW-Tochter und die Bürgerenergiegenossenschaft Wangen planen rechts und links der Autobahn bei Niederwangen einen zehn Hektar großen Solarpark. Rechnerisch könnten dann mit den Kollektoren 1200 Vier-PersonenHaushalte mit Strom versorgt werden. Im Ortschaftsrat Niederwangen wurde das Thema jetzt erstmals öffentlich vorgestellt: Ein Überblick.
Wo ist der Solarpark genau geplant?
Nördlich der beiden kleinen Autobahnraststätten Ettensweiler und Humbrechts verbindet eine Brücke diese beiden Weiler. Wiederum nördlich an diese anschließend gibt es beidseitig der A 96 zwei Wiesenflächen, die für den Solarpark vorgesehen sind. Schon länger im Blick hatten die EnbW Solar GmbH und die Bürgerenergiegenosschaft (BEG) das Grundstück Richtung Humbrechts. Dort waren Pacht-Verhandlungen mit dem Eigentümer schon vor längerer Zeit erfolgreich gewesen. Zuletzt kam die Fläche auf der westlichen Seite hinzu. Auch mit dem dortigen Eigentümer ist man sich einig, wie BEG-Vorstand Wolfgang Friedrich erklärt.
Wie groß könnte der Park werden?
Insgesamt stehen dafür zehn Hektar zur Verfügung. Allerdings sollen nur sechs bis sieben davon für die Photovoltaik-Module genutzt werden – aus mehreren Gründen. Die westliche Fläche liegt teilweise an einem Hang und nahe am Wald, weswegen sie laut Lea Müller, Projektleiterin von EnBW Solar, nur eingeschränkt und in Richtung Autobahn nutzbar sei. Östlich der Autobahn könnte die Anlage größer werden, aber auch dort müssen die Planer auf bauliche Gegebenheiten achten, etwa unter der Erde verlegte Rohre.
Wie sehen die wirtschaftlichen Eckpunkte aus?
Bleibt es bei den bisherigen Vorstellungen beider Unternehmen könnte der Solarpark 1200 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen – also rechnerisch 4800 Menschen. „Das reicht für Niederwangen“, erklärte Ortsvorsteher Roland Hasel. Und zwar locker: In der Ortschaft leben rund 1600 Leute.
Die bei dem Projekt federführende EnBW Solar rechnet mit Investitionskosten von drei bis dreieinhalb Millionen Euro – „abhängig von der tatsächlichen Belegung“mit Modulen, wie Projektleiterin Lea Müller erläutert. Gehen die Pläne durch, soll eine Projektträgergesellschaft gegründet werden. „Ein sehr gängiges Model“, ergänzt sie.
In diese Gesellschaft kann die BEG mit einem Anteil von bis zu 49 Prozent einsteigen. Für BEG-Vorstand Christoph Müller ist das attraktiv, weil risikolos. Zudem schaffe dies Anreize, Genossenschaftsanteile zu zeichnen.
Wirtschaftlich rentabel ist das Projekt laut Wolfgang Friedrich aber nur, wenn es langfristig angelegt ist. Beide Partner streben deshalb eine Laufzeit des Solarparks mindestens 20 Jahren an, besser noch 30 Jahre.
Unabhängig von Zahlen betonen sie aber, einen Beitrag vor Ort zur Energiewende leisten zu wollen.
Welche rechtlichen Hürden gibt es?
Zunächst muss der Solarpark ein Bebauungsplanverfahren mit mehreren Stufen durchlaufen. Parallel dazu will die Stadt Wangen den Flächennutzungsplan ändern, denn bislang sind beide Grundstücke als landoder forstwirtschaftliche Flächen ausgeschrieben. Eigentlich stünde der Regionalplan der Anlage entgegen. Denn das Gelände befindet sich in einem Grünzug – und darin sind Photovoltaik-Anlagen eigentlich nicht zulässig. Der neue Regionalplan soll diese Hürde nicht mehr beinhalten. Im Vorfeld hatte die Stadt den Regionalverband zudem gebeten, die Fläche nicht als Grünzug auszuweisen. Das heißt aber dennoch: „Auf die Schnelle“wird angesichts des sicher länger andauernden Verfahrens bei Niederwangen sicher kein Strom erzeugt werden - wenngleich die Verantwortlichen von einer Bauzeit von lediglich zwei bis drei Monaten ausgehen.
Welche Auswirkungen könnte es für Natur und Umwelt geben?
Zunächst führen EnBW Solar und BEG den Beitrag zum Klimaschutz an. Laut Wolfgang Friedrich könnte der Park für eine Kohlendioxid-Einsparung in Höhe von 3500 Tonnen pro Jahr sorgen. Weil Blühstreifen und Imker dort möglich beziehungsweise bereits angefragt sind, könnte in dem Bereich auch die Artenvielfalt gesteigert werden. Da nicht auf der gesamten Fläche PV-Module aufgestellt werden sollen, seien Ausgleichsflächen dafür direkt auf dem Gelände möglich.
Nach einer Anlaufphase will die EnBW Solar übrigens weidende Tiere einsetzen, um das Gras im Zaum zu halten. Aus landwirtschaftlichen Aspekten schätzen Experten das Areal als nicht sonderlich wertvoll ein. Der Untergrund soll großenteils aus aufgeschüttetem Material im Zuge des Autobahnbaus bestehen.
Ferner soll kaum Boden versiegelt werden, da die Module auf Ständern stehen sollen. Denn entstehenden Autoverkehr beziffert die EnBW Solar
auf ein bis zwei Fahrzeuge pro Jahr wegen der Wartungsarbeiten.
Welche Vorbilder gibt es für den Park?
Diverse im Land, wie Lea Müller für die EnBW betont. Dazu zählt sie besonders den vor rund neun Jahren eröffneten Leutkircher Solarpark im „Eck“zwischen A 96 und Bundesstraße 465. Damals auf rund zehn Hektar ausgelegt und als Vorbild gepriesen, ist die Anlage in der Nachbarstadt inzwischen mehrfach erweitert worden. Auch in Wangen bestehen bereits nahe der A 96 PV-Module - seit vergangenem Jahr, in deutlich kleinerer Form als bei Niederwangen geplant, privat betrieben und versteckt bei Karbach gelegen.