Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wie Tettnang einen Prinzen erhielt
Napoleons Bruder Jérôme interessierte sich allerdings nie für Tettnang
TETTNANG (sz) - Auch nach dem Ende des Grafengeschlechts von Montfort gab es noch einmal einen „Grafen von Montfort“in Tettnang. Ins Leben rief ihn kein Geringerer als Napoleon Bonaparte: Der verheiratete seinen Bruder Jérôme mit der württembergischen Prinzessin Katharina – und ebnete damit dessen Weg zum „Prinzen von Montfort“, wie die Staatlichen Schlösser und Gärten in einer Pressemitteilung zum Tod Napoleons am 5. Mai 1821 im Exil auf St. Helena erinnern.
Nach Auseinandersetzungen Napoleons mit Österreich und Württemberg wurde im Frieden von Lunéville 1801 festgelegt, dass die linksrheinischen Gebiete dauerhaft zu Frankreich gehören sollten. Die Markgrafschaft Baden und das Herzogtum Württemberg erhielten Entschädigungen für ihre Verluste – Napoleon wollte sie als Bündnispartner gewinnen. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 wurden Klöster und Reichsabteien säkularisiert – der Besitz fiel den weltlichen Fürsten zu.
Mit einem Überraschungsbesuch in Ludwigsburg konnte Napoleon den württembergischen Kurfürsten Friedrich 1805 zu einem Bündnis mit Frankreich bewegen. Württemberg trat dem Rheinbund bei und wurde im Gegenzug ein Jahr später zum Königreich erhoben. Um seine Macht zu festigen, betrieb Napoleon zudem gezielte Heiratspolitik: Es gelang ihm, seinen jüngeren Bruder Jérôme mit Katharina, der Tochter König Friedrichs I., am 22. August 1807 zu verheiraten.
1812 begann der Abstieg Napoleons: Sein Russlandfeldzug endete, ohne Kämpfe, verheerend: Wind,
Wetter und wenig Nahrung in der unwirtlichen Weite des Zarenreichs führten zu großen Verlusten. Württemberg, das familiär enge Beziehungen mit dem Zarenhaus pflegte, kündigte Frankreich die Treue auf. Nach der Schlacht von Waterloo im Juni 1815, bei der auch Jérôme französische Truppen anführte, war das Ende Napoleons besiegelt. Er sollte fortan im Exil auf der britischen Insel St. Helena leben, wo er am 5. Mai 1821 starb. Jérôme fand zunächst Asyl im württembergischen Schloss Ellwangen. 1816 sprach ihm sein Schwiegervater, König Friedrich I., den Titel „Graf von Montfort“zu.
Ein ungewöhnlicher Schritt mit formalen Gründen: So konnte Friedrich I. von Württemberg seine Tochter
und ihren Mann finanziell unterstützen. Das Ehepaar lebte zu dieser Zeit bereits im Schweizer Exil. Ein echtes Interesse an Tettnang und der derzeit geschlossenen Barockresidenz bestand jedoch nie.
Das Adelsgeschlecht der Montforts war bereits 1787 erloschen. 1779 musste Graf Franz Xaver von Montfort abdanken – er hatte sich für den Wiederaufbau seiner Residenz, des Neuen Schlosses Tettnang, überschuldet, sein Besitz wurde verpfändet; die Grafschaft ging an Österreich über.
Mehr Informationen zum Neuen Schloss gibt es im Internet unter www.schloss-tettnang.de