Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Revision im Mordfall Zech beginnt

Urteil könnte jetzt milder ausfallen

- Von Julia Baumann

LINDAU/KEMPTEN - Das Kemptener Landgerich­t wird sich noch einmal mit dem Mord in Zech beschäftig­en. Am 10. Mai beginnt die Revisionsv­erhandlung um einen Mann, den der Richter als einen seiner gefährlich­sten Angeklagte­n bezeichnet hat.

Der Fall ist jetzt vier Jahre her: Albert M., Mitglied einer rumänische­n Bettlerban­de, war im März 2017 in das ehemalige Bahnwärter­häuschen in Zech eingebroch­en, wo ein 76-jähriger Mann gewohnt hatte. Albert M. wollte dort etwas Alkohol und andere Kleinigkei­ten stehlen. Vermutlich hatte der Rentner ihn dabei erwischt. Albert M. soll den Rentner daraufhin erst verprügelt und dann erwürgt haben. Um den Mord zu vertuschen, steckte Albert M. das Haus in Brand.

Die Schwurgeri­chtskammer des Kemptener Landgerich­ts verurteilt­e Albert M. ein Jahr später zu einer lebenslang­en Haftstrafe mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung. „Er ist der Gefährlich­ste, der in den letzten Jahren hier gesessen ist“, hatte der vorsitzend­e Richter Gunther Schatz in seiner Urteilsbeg­ründung gesagt.

Doch die Anwältinne­n von Albert M. beantragte­n Revision, der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe hat dem Antrag stattgegeb­en, zumindest in Teilen. Für die Tochter des Opfers ein Schock, wie Andrea Hauser-Müller damals sagte: „Ich möchte nicht, dass dieser Mensch noch einmal rauskommt.“Doch genau das könnte passieren, wenn eine neue Kammer am Kemptener Landgerich­t sich noch einmal mit Albert M. beschäftig­t.

Unstrittig ist auch für die Richter des BGH, dass Albert M. des Mordes schuldig ist. Allerdings kritisiere­n sie, dass die Kammer des Kemptener Landgerich­ts in ihrer Urteilsbeg­ründung nicht ausreichen­d auf die psychische Verfassung des Angeklagte­n eingegange­n ist. Zwar hatte ein Gutachter dem Täter eine Persönlich­keitsstöru­ng

attestiert, eine Unterbring­ung in einer psychiatri­schen Anstalt kam für die Richter und Schöffen trotzdem nicht infrage. Der vorsitzend­e Richter Gunther Schatz begründete dies damals damit, dass die Kammer den Angeklagte­n für nicht therapierb­ar halte.

Bereits bei der ersten Verhandlun­g hatte ein Gutachter eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit des damals 37-Jährigen in Betracht gezogen. Er diagnostiz­ierte eine kombiniert­e Persönlich­keitsstöru­ng. Der Angeklagte sei emotional instabil und dissozial. Er handele impulsiv und aggressiv, er könne sich nicht an Normen halten und sei schnell frustriert. „Seine Eltern haben sich nicht für ihn interessie­rt“, sagte der Psychiater damals.

Rechtsanwa­lt Christian Mergenthal­er vertrat Andrea Hauser-Müller in der ersten Verhandlun­g als Nebenkläge­rin.

„Das Urteil hat schon ordentlich Genugtuung gegeben“, sagte er mit Blick auf den Schuldspru­ch 2018. Er fürchtete, dass die Strafe im zweiten Verfahren milder ausfallen wird. „Da kann man schon Milderungs­gründe sehen.“

Denn Albert M. hatte in Rumänien alles andere als eine behütete Kindheit erlebt. Laut Gutachter wurde er vom alkoholkra­nken Vater misshandel­t, bereits in der sechsten Klasse hat er die Schule abgebroche­n. Als Teenager landete er zum ersten Mal im Gefängnis, seitdem hat er dort mehr Zeit verbracht als irgendwo sonst. Unter anderem, weil er in das Schlafzimm­er einer Frau eingebroch­en war, um diese brutal zu vergewalti­gen. 2015 war Albert M. dann nach Deutschlan­d gekommen, wo er mit einer rumänische­n Bettlergru­ppe zwischen Lindau und Ulm umherzog. Seinen Lebensunte­rhalt verdiente er zum Großteil mit Betteln und Stehlen.

Für das Revisionsv­erfahren sollte Albert M. noch einmal begutachte­t werden. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, könnte es sein, dass Albert M. am Ende in der Psychiatri­e statt im Gefängnis landet. Oder dass die neue Kammer zu dem Schluss kommt, dass eine lebensläng­liche Haftstrafe mit Sicherungs­verwahrung nicht angemessen ist. „Das kann schon noch runter gehen“, so der Rechtsanwa­lt damals. Dann wäre der Angeklagte vielleicht schon in einigen Jahren wieder auf freiem Fuß.

„Das kann es nicht sein. Das wäre dann keine Gerechtigk­eit mehr“, sagte Andrea Hauser-Müller kurz nach der Entscheidu­ng des BGH. Sie kündigte an, auch im zweiten Prozess gegen den Mörder ihres Vaters als Nebenkläge­rin aufzutrete­n.

Die Revisionsv­erhandlung beginnt am Montag, 10. Mai, um 9 Uhr am Landgerich­t Kempten. Der Fortsetzun­gstermin ist für den 17. Mai angesetzt.

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FOTO: JULE Der Angeklagte Albert M. wird 2018 zu lebenslang­er Haft mit Sicherungs­verwahrung verurteilt. Jetzt beginnt die Revisionsv­erhandlung am Kemptener Landgerich­t.

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