Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Corona geht am Ravensburger Gefängnis nicht spurlos vorbei
Relativ wenige Fälle trotz Überbelegung – So sehen die Herausforderungen aus
RAVENSBURG (bua) - Das Ravensburger Gefängnis hat die CoronaZeit bisher ganz gut überstanden. Größere Ausbrüche an Erkrankungen gab es nicht – obwohl dort Menschen eng aufeinander sitzen. Denn die Justizvollzugsanstalt ist chronisch überbelegt. Und wegen ihrer begonnenen Erweiterung fallen derzeit zudem weitere Haftplätze weg.
Im April haben die baulichen Vorarbeiten für die Erweiterung des Ravensburger Gefängnisses begonnen. Bis dahin hatte die JVA 493 Haftplätze, davon 385 im geschlossenen Vollzug. Da das Gebäude E aufgestockt werden soll, musste es geräumt werden. Nach Angaben von Thomas Mönig, dem Leiter der Anstalt, stehen daher derzeit nur 381 Haftplätze, davon 312 im geschlossenen Vollzug, zur Verfügung. Damit gilt der Knast erneut als überbelegt. 266 Frauen und Männer, teilweise in Teilzeit, arbeiten in der Einrichtung.
93 weitere Haftplätze sollen durch die Aufstockung des Gebäudes E geschaffen werden. Das Land Baden-Württemberg investiert dafür rund 9,7 Millionen Euro. Die Arbeiten sollen bis Ende 2023 abgeschlossen sein. In einem weiteren Schritt werden im Anschluss in drei badenwürttembergischen Gefängnissen, darunter in Ravensburg, weitere Gebäude zur Unterbringung von Häftlingen entstehen. Für Thomas Mönig, seine Mitarbeiter, aber auch die
Insassen heißt das: „Wir haben gerade zwei Großthemen, die uns sehr beschäftigen“, sagt der Anstaltsleiter, „die Erweiterung bei laufendem Vollzug und Corona.“
Aufgrund der Unterbringungssituation sei Corona im Gefängnis natürlich ein größeres Risiko als draußen, sagt Mönig. Auf der anderen Seite habe der Staat die Verantwortung, die Inhaftierten zu schützen – schließlich zwinge er sie, sich dort aufzuhalten. Der Ravensburger JVALeiter ist daher froh, dass ein „größeres Ausbruchgeschehen“bisher verhindert werden konnte. Man hatte bislang „Corona-Fälle im zweistelligen Bereich, sowohl bei Gefangenen als auch bei Mitarbeitern.“
Wenn heute ein neuer Gefangener in die JVA kommt, muss er einen PCR-Test machen. Für Mitarbeiter stehen Schnelltests zur Verfügung. Auch für Besucher der Gefangenen hat es Veränderungen gegeben. Zunächst waren persönliche Besuche komplett gestrichen, inzwischen darf ein Häftling einmal im Monat für eine Stunde Besuch erhalten, und zwar von einem Erwachsenen und maximal drei minderjährigen Kindern. Diese Regelung gilt landesweit. Das ist alles für die Insassen nicht einfach. Thomas Mönig lobt daher die „respektable Disziplin“der meisten Gefangenen,
Thomas Mönig leitet das Ravensburger Gefängnis an seinem Standort
Hinzistobel seit fast neun Jahren. Eine Sache blieb immer gleich: die Tatsache der zu geringen Zahl an Haftplätzen. Ansonsten sei die JVA ein Spiegelbild der Gesellschaft. „Die Flüchtlingswelle ist auch im Vollzug angekommen“, sagt er, „aber das Gegenteil wäre auch überraschend gewesen“. In den meisten Fällen funktioniere der Umgang mit dieser Gruppe aber sehr gut.
Generell hat die JVA Hinzistobel zwei Standbeine. Ein Schwerpunkt ist der Heranwachsendenvollzug, in dem jungen Männern auch eine schulische oder berufliche Perspektive für die Zeit nach der Haft gegeben werden soll. Der zweite Bereich ist die regionale Zuständigkeit für den Landgerichtsbezirk Ravensburg. Hier gibt es Untersuchungshäftlinge und Strafhäftlinge jeden Alters. Was es in Ravensburg nicht gibt, ist Sicherheitsverwahrung.
Um das Gefängnis zu sichern, benötigt Thomas Mönig durch die Erweiterung zusätzliche Mitarbeiter im uniformierten Dienst.
Die Justizvollzugsanstalt Ravensburg liegt im Osten der Stadt im Ortsteil Hinzistobel. Wer sich für einen Job im Gefängnis interessiert, kann sich online informieren unter: www.karriere-jvaravensburg.de